Der Bundesfreiwilligendienst stellt die Lebenshilfe in Norderstedt vor Probleme: Es gibt zu wenige Bewerbungen

Norderstedt. Gedanklich zählen sie bereits die Tage rückwärts bei der Lebenshilfe in Norderstedt. Noch ist Lukas Westphal fünfmal in der Woche die helfende Hand, der Betreuer, Begleiter, Zuhörer, Verwalter. Der 19-Jährige ist Bufdi, er leistet also seinen Bundesfreiwilligendienst in der Einrichtung am Glashütter Kirchenweg. Dort werden geistig behinderte Menschen in ihrer Freizeitgestaltung unterstützt, sie sind dort niemals allein, immer in Gesellschaft.

Bufdis wie Lukas Westphal sind unverzichtbar für das Gelingen der zahlreichen Aktivitäten. Nur: Für ihn endet der Dienst am 31. Januar 2014. Generell ist niemand Bufdi auf Lebenszeit – maximal 18 Monate dürfen die Verträge laufen. Ein Problem ist dies lediglich, wenn das Interesse an den zwar bezahlten, aber eben nicht gesetzlich vorgeschriebenen Betätigungen nachlässt.

Genau dieser Punkt bereitet der Lebenshilfe zunehmend große Sorgen. Denn ein neuer Bufdi, ein Nachfolger von Lukas Westphal, ist bisher nicht gefunden worden. Dass der Bedarf eigentlich sogar stetig anwächst, verdeutlicht die angespannte Situation nur noch weiter.

„Mit dem Wegfall des Zivildienstes 2011 wurde uns kein Gefallen getan. Wir benötigen die Bufdis, damit wir unsere Arbeit vernünftig machen können.“ Das sagt Wolfgang Sacher, Vorsitzender des Norderstedter Lebenshilfe-Ortsvereins. 140 Mitglieder hat dieser, er versteht sich als Selbsthilfevereinigung. Viele Unterstützer sind persönlich Betroffene, haben etwa in ihren Familien Erfahrungen mit behinderten Verwandten gemacht. Die Lebenshilfe wird einerseits gefördert mit Haushaltsmitteln der Stadt Norderstedt, dazu kommen indes finanzielle Eigenleistungen – Mitgliedsbeiträge, aber insbesondere Spenden von privaten Personen oder aus der Wirtschaft.

Die Bufdi-Zeit hat Lukas Westphal bei seiner Berufssuche weitergeholfen

In Gruppen von maximal sechs Personen betreut die Lebenshilfe derzeit 67 Menschen. Die meisten von ihnen arbeiten bei den Norderstedter Werkstätten. Lukas holt sie mit einem Kleinbus täglich ab – genau deswegen ist ein Führerschein auch Pflicht. Der Arbeitstag eines Bufdis bei der Lebenshilfe beginnt erst mittags um 13.30 Uhr und ist entsprechend erst am frühen Abend zu Ende. Diese beiden Punkte könnten eine Ursache sein, warum manche Interessenten sich gar nicht erst bewerben. „Es ist schwierig, wenn man am Nachmittag oder frühen Abend frei haben möchte“, sagt Sabine Liske. Die Freizeitpädagogin ist die einzige Festangestellte, ansonsten verfügt die Lebenshilfe über zwei Honorarkräfte.

Lukas versucht, die Skepsis bei potenziellen Nachfolgern abzubauen. „Es ist spaßige, lockere Arbeit mit Menschen. Hier lernt man viele verschiedene Charaktere kennen.“ Die Gruppen gehen gemeinsam in Theateraufführungen, in den Zirkus, schauen Kinofilme. „Da habe ich ja auch selbst etwas von“, sagt Lukas, „aber trotzdem trägt man die Verantwortung.“ Dass sein Dienst erst mittags beginnt, kommt ihm übrigens gelegen – schließlich wohnt seine Freundin 100 Kilometer weit entfernt. So aber kann Lukas auch einmal erst nach dem Frühstück zurück nach Norderstedt fahren.

Sein Berufswunsch hat sich im letzten Jahr verfestigt. Lukas wird die Ausbildung zum sozialpädagogischen Assistenten durchlaufen, dann eine Fachschule für Heilerzieher besuchen. Er möchte weiterhin mit Behinderten arbeiten.

Bei der Lebenshilfe muss Sabine Liske die Zeit bis zum Sommer mit den Honorarkräften überbrücken. Dann, nach Ende des Schuljahres, gibt es mehr Bewerbungen, hofft sie. Die akuten Sorgen könnten Spontanbewerber lindern. „Viele entscheiden sich kurzfristig. Auch Freunde sind bei uns willkommen. Man könnte dann ein Jahr mit einem guten Kumpel zusammen bei uns arbeiten“, schlägt Liske vor, und ergänzt: „Ich habe noch nie erlebt, dass ein Bufdi nicht viele positive Eindrücke von seiner Zeit bei uns mitgenommen hat.“

Wer Interesse hat, kann sich bei der Lebenshilfe telefonisch (040/5291589) oder per E-Mail ( lebenshilfe.norderstedt@wtnet.de ) melden.