Gegen den Willen des Stadtparlaments fordert die FDP einen Bürgerentscheid über das Haus der sozialen Dienste

Bad Bramstedt. Den Bramstedter Bürgern steht vermutlich im kommenden Jahr der erste Bürgerentscheid bevor. Die FDP hat angekündigt, die Einwohner über den geplanten Abriss des Hauses der sozialen Dienste an der Altonaer Straße entscheiden zu lassen. Er werde Unterschriften sammeln, um die rechtlichen Voraussetzungen für den Entscheid zu schaffen, sagte der Fraktionsvorsitzende Joachim Behm in der Stadtverordnetenversammlung. 1001 Unterschriften sind dafür erforderlich.

Gescheitert sind die Liberalen mit dem Plan, den Entscheid von der Stadtverordnetenversammlung auf den Weg zu bringen. Damit wäre die Unterschriftensammlung überflüssig gewesen, doch die FDP stieß bei den anderen Fraktionen mit ihrem Plan auf Unverständnis und Widerstand. Selbst FDP-Mitglied und Bürgermeister Hans-Jürgen Kütbach wies seine Parteifreunde in ungewohnt klarer Form auf die finanziellen Risiken hin, wenn das Gebäude erhalten bleibt. Der SPD-Stadtverordnete Manfred Spies sagte: „Ich stelle fest, dass die FDP vernünftigen Argumenten nicht zugänglich ist.“

Darum geht es: Das denkmalgeschützte Haus an der Altonaer Straße ist derart marode, dass die hoch verschuldete Stadt enorme Summen in die Sanierung stecken müsste. Angesichts der Haushaltslage hat die Mehrheit im Stadtparlament bereits im Herbst diesen Plan abgelehnt und beschlossen, das Gebäude abzureißen. Danach soll die freie Fläche für einen Kita- und Krippenneubau genutzt werden, auf den die Stadt dringend angewiesen ist, um den gesetzlichen Anspruch auf einen Betreuungsplatz gewährleisten zu können. Ein Neubau soll Ende 2014 eingeweiht werden.

Dass sich das Gebäude in einem erbärmlichen Zustand befindet, ist ebenfalls auf die leeren Kassen der Stadt zurückzuführen. Das Geld für Investitionen fehlte. Mieten können die Nutzer kaum zahlen. Derzeit sind in dem Haus das Rote Kreuz inklusive der dazugehörigen Kleiderkammer, der Sozialverband und der Kinderschutzbund mit einer Hortgruppe untergebracht. Kütbach betonte, dass die Vereine ausziehen müssten, selbst wenn das Haus erhalten bliebe. Die Arbeit in dem Backsteinbau ist kaum noch zumutbar.

Was mit dem Haus geschehen soll, wenn der Bürgerentscheid im Sinne der FDP verläuft, wusste in der Debatte auch Joachim Behm nicht zu sagen. Er warf den anderen Fraktionen vor, bislang nicht nach Alternativgrundstücken für einen Kita-Neubau gesucht zu haben. „Lassen Sie den Bürger entscheiden!“, rief Behn in die Runde und wies den Vorwurf des Populismus zurück. Die Entscheidung, das Haus abzureißen, müsse von den Bürgern legitimiert werden.

Eine Antwort auf die Frage, warum ausgerechnet der Beschluss des Abrisses mit einem Wählervotum abgesegnet werden müsse, blieb Behn schuldig. Kütbach betonte nochmals die Notwendigkeit, schnell Platz für drei Krippengruppen und eine Kita-Gruppe zu schaffen. Selbst bei einer Sanierung des Hauses würden dort die Kapazitäten für alle Gruppen nicht ausreichen. Auch die Gleichstellungsbeauftragte Gabriele Städing schaltete sich in die Debatte ein und bezeichnete es als „fatal und katastrophal“, wenn es bei den Betreuungskapazitäten zu weiteren Verzögerungen komme. „Die Familien stellen sich darauf ein, dass es in diesem Jahr losgeht“, sagte Städing.

Im äußersten Fall, so Kütbach, werde nach einem Bürgerentscheid das Haus erhalten bleiben, stehe aber leer. Mittel für eine umfassende Sanierung stünden nicht bereit. Allein der Leerstand würde nach seinen Berechnungen mit Kosten von 15.000 Euro für Sicherung und Unterhaltung zu Buche schlagen. Hinzu kämen kaum kalkulierbare Kosten für den Grundstückskauf für Krippe und Kita an anderer Stelle und der Verlust von Zuschüssen in Höhe von mehreren 100.000 Euro, die für einen Neubau auf dem Abrissgelände bereits genehmigt wurden. Außerdem sei unklar, ob das bereits gewährte KfW-Darlehen auch für ein anderes Bauprojekt eingesetzt werden könne. „Die Verwaltung kann ihnen nicht raten, von der bisherigen Beschlussfassung abzurücken“, sagte Kütbach.

„Schade um das alte Haus“, sagte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Fritz Bredfeldt. Doch auch aus seiner Sicht sprächen alle Argumente für einen Abriss. „Es ist einfach, ein Kreuzchen zu machen“, sagte Bredfeldt mit Blick auf einen Bürgerentscheid. „Doch wer soll danach für die Kosten aufkommen?“

Die Abstimmung endete mit einer klaren Niederlage für die FDP: Die beiden liberalen Stadtvertreter stimmten für den Entscheid, die anderen Fraktionen sprachen sich einhellig dagegen aus.