Gemeinschaftsschule will Schüler bis zum Abitur führen. Gymnasium fürchtet Einschränkungen beim Profil

Kaltenkirchen. Die Gemeinschaftsschule am Marschweg in Kaltenkirchen soll eine Oberstufe bekommen. Zumindest wenn es nach den Wünschen von SPD-Stadtvertreter Karl Stanek und den Mitunterzeichnern des Antrags an den Schulverband Kaltenkirchen geht. „Wir wollen ein zusätzliches Angebot“, sagt er und sieht keine Konkurrenz zum Gymnasium. „Die Gemeinschaftsschule hat ein völlig anderes pädagogisches Konzept.“

Auch die Schule selbst ist dafür und will zum Schuljahr 2015/2016 eine Oberstufe einrichten. Als die Realschule in eine Gemeinschaftsschule umgewandelt wurde, sei seine erste Frage gewesen: „Mit oder ohne Oberstufe?“, erinnert sich Schulleiter Klaus Noack. Im Kollegium sei sein Ziel der Einrichtung einer Oberstufe von Anfang an unterstützt worden. Auch Schüler und Eltern sind dafür, kürzlich erneuerte die Schulkonferenz den Wunsch nach der Oberstufe.

Schulleiter Redemund zweifelt die Zahlen seines Kollegen Noack an

„Wir haben die Möglichkeit, durch das gemeinsame Lernen die Schüler mittlerer Begabung nach oben zu ziehen“, fasst Noack den Anspruch seiner Schule zusammen. Das bedeutet, dass auch Schüler mit einer Empfehlung für die Realschule bis zur zehnten Klasse fit gemacht werden sollen für die dann noch drei Jahre zum Abitur. „Deutlich über 40 Prozent unserer Abgänger gehen an eine Oberstufe, meist ans berufliche Gymnasium“, sagt Noack. Deswegen würde diese weitere Möglichkeit, Schüler in Kaltenkirchen zur Hochschulreife zu führen, auch dem benachbarten Gymnasium keine Schüler wegnehmen. Noack rechnet mit etwa 50 Schülern aus seiner sowie anderen Gemeinschaftsschulen der Region, die die Oberstufe an seiner Schule besuchen würden.

Diese Zahl zweifelt Reinhard Redemund, Direktor des Gymnasiums Kaltenkirchen, an. Er ist gegen eine zweite Oberstufe und meint, dass viele Schüler schon jetzt bewusst den Weg an die Berufsbildungszentren gingen. Das werde sich kaum ändern.

Das Gymnasium ist gerade erst für viel Geld ausgebaut worden

Redemund erläutert, dass der Unterschied zwischen Gymnasium und Gemeinschaftsschule nur in der Sekundarstufe II bestehe. Diese dauert am Gymnasium fünf, an der Gemeinschaftsschule jedoch sechs Schuljahre. „Die Oberstufe ist identisch“, erklärt er. Sie beginnt mit einem Jahr Einführungsphase, dem zwei Jahre Qualifikationsphase folgen. „Die Idee, die Oberstufe an der Gemeinschaftsschule anders zu organisieren oder ausprägen zu können, ist nicht machbar“, sagt er. „Es sind dieselben Fächer, auch dieselben Fachanforderungen und dasselbe Zentralabitur.“

Nach Redemunds Aussage sprechen mehrere Argumente gegen eine weitere Oberstufe. Zum ersten die Raumfrage: Das Gymnasium sei gerade erst für viel Geld weiter ausgebaut worden, und wenn die Schülerzahlen in den kommenden Jahren zurückgehen, stehen Räume frei. Platz wäre also vorhanden, während die Gemeinschaftsschule am Marschweg keine Räume frei hat, was auch Klaus Noack einräumt.

Zum zweiten nennt er die Lehrerversorgung: Schon jetzt sei es schwer, Lehrkräfte vor allem in naturwissenschaftlichen Fächern zu bekommen. Zum dritten die Sachausstattung: Im Gymnasium seien genügend Bücher und Fachräume vorhanden, die für eine neue Oberstufe erst noch angeschafft beziehungsweise umgebaut werden müssten. Denn auch bei Verwirklichung der Idee, leer stehende Räume am Lakweg für eine Oberstufe zu nutzen, müsste viel umgebaut werden. „Da gibt es keine Räume für Chemie, Physik oder Biologie“, sagt Redemund. Dabei entstünden Kosten, während am Gymnasium alles vorhanden sei.

Sozialdemokrat Stanek glaubt, dass die Gemeinden sparen können

SPD-Stadtvertreter Stanek hält dagegen, dass die Gemeinden im Schulverband Geld sparen würden, wenn sie für die Schüler kein Schulgeld für den Besuch am Gymnasium mehr zahlen müssten, das sich in Trägerschaft der Stadt befindet. Kaltenkirchens Bürgermeister Hanno Krause (CDU) wiederum ist der Auffassung, dass derzeit noch keine Entscheidung gefällt werden kann. „Ich halte es für richtig, dass wir uns die nötige Zeit nehmen“, sagt er. Als Vorsitzender des Schulverbandes Kaltenkirchen liege ihm die gute Bildung für die Schülerinnen und Schüler am Herzen, aber es sei auch eine wirtschaftliche Entscheidung für den Schulträger. „Die können wir nur fällen, wenn alle Fakten bekannt sind.“ Auch eine Kooperation zwischen Gemeinschaftsschule und Gymnasium müsse geprüft werden.

Dies ist für Klaus Noack keine Lösung. Nach seinen Worten gibt es eine Schwellenangst, weswegen seine Schüler nicht zum Gymnasium wechseln wollen. Dessen Direktor Redemund entgegnet: „Ich bin nicht der Auffassung, dass sie nicht wollen, sondern nichts wissen.“ Er bevorzugt eine engere Kooperation, mit der Schwellenängste abgebaut und beispielsweise bei der zweiten Fremdsprache in der sechsten Klasse gemeinsam unterrichtet werden könnte. Gegen eine weitere Oberstufe am Ort spricht für ihn auch, dass seine Schule möglicherweise Schüler und damit Profile verliert, wie die jeweiligen Schwerpunkte der Klassen heißen. Die Schüler würden dann möglicherweise nach Henstedt-Ulzburg wechseln, wo keine weitere Oberstufe geplant ist. In Kaltenkirchen wird die Diskussion hingegen Anfang Januar weitergehen, wenn im Schulverband über den vorliegenden Antrag beraten wird. Eine Entscheidung könnte dann oder aber auch erst im Februar fallen, sagt Hanno Krause.