Bäckereichefin Iris Schmidt hat ein Kunstwerk gebacken und sammelt Spenden für den Neubau der Einrichtung

Norderstedt. Sie ist Bäckerin aus Leidenschaft und unterstützt mit dem gleichen Engagement die bundesweite Kampagne „Gewalt kommt nicht in die Tüte“: Iris Schmidt hat nicht nur Partybrötchen gebacken, in die Tüten mit dem Anti-Gewalt-Slogan verpackt und am Sonnabend kostenlos an die Kunden abgegeben. In diesem Jahr hat die Bäckermeisterin auch noch eine sechs Kilo schwere Marzipantorte hergestellt. Die Stücke haben sie und ihre Mitarbeiterinnen für einen guten Zweck verkauft: Der Erlös kommt dem Neubau des Frauenhauses in Norderstedt zugute.

Der ist dringend nötig. Das Haus, in dem Frauen mit ihren Kindern vor gewalttätigen Männern flüchten, ist viel zu eng. „Jede Frau hat hier gerade mal vier Quadratmeter zum Leben, viel zu wenig“, sagt Norderstedts Stadtpräsidentin Kathrin Oehme, die die Initiative gegen häusliche Geaalt auch in diesem Jahr unterstützt und die Torte angeschnitten hat. Hinzu kommt, dass die Kinder sich nicht in eigene Räume zurückziehen können. „Das wird spätestens dann zum Problem, wenn die Jungen in die Pubertät kommen“, sagt Norderstedts Gleichstellungsbeauftragte Claudia Meyer, die zusammen mit Anita Brüning, Leiterin des Frauenhauses, ebenfalls in der Bäckerei von Iris Schmidt zum Thema informierte – und dabei auf viele offene Ohren stieß: „Die Kunden sind heute viel interessierter als sonst, wie kommen ins Gespräch, viele nehmen Info-Flyer mit Informationen über den Neubau und das Spendenkonto mit“, sagte Claudia Meyer.

Einer kam sofort zur Sache: Klaus Priebe ging zielstrebig auf die Stadtpräsidentin zu und erklärte, dass er dem Frauenhaus zwei Fernsehgeräte schenken möchte. Kathrin Oehme bedankte sich, organisierte Zettel und Kugelschreiber und notierte Namen und Anschrift des Spenders. „Ein Korb mit den Anti-Gewalt-Brötchen ist schon weg“, sagte Iris Schmidt. Auch sie stellte fest, dass die Kunden diesmal stärker am Thema „dran sind“.

Warum engagiert sie sich? „Eine Mitarbeiterin war selbst von häuslicher Gewalt betroffen, wir haben sie quasi daraus geholt“, sagte die Bäckereichefin, für die seit sechs Jahren Gewalt nicht in die Tüte kommt. Jedes Jahr stellt sie Spendendosen in ihrem Geschäft an der Ulzburger Straße auf. Da diesmal Frauen und Kinder in Not in Norderstedt vom Erlös profitieren, hat die Bäckerin noch mal draufgesattelt und eine Torte gebacken – ein Kunstwerk mit Lübecker Nuss-Sahne-Schnitten auf der einen und Bratapfel-Geschmack auf der anderen Seite, das Gesamtprodukt überzogen mit Marzipan. Obendrauf kleben die Info-Flyer der Aktion, natürlich aus Esspapier, und zeigen sofort, was hinter dem Naschwerk steckt.

Anita Brüning freute sich über das Interesse am Frauenhaus und am Neubau. „Mit dieser Aktion in der Bäckerei gehen wir erstmals so richtig in die Offensive und sammeln Geld für unser neues Haus“, sagte die Leiterin der Einrichtung, die vom Diakonischen Werk Hamburg-West/Südholstein betrieben wird. Gerade habe sich ein Förderkreis gegründet, der für jeden offen stehe. Der Förderkreis und die Mitarbeiterinnen wollen möglichst vielfältig für Spenden werben. „Heute Morgen hat uns in der Bäckerei schon ein Chorleiter angesprochen, der ein Benefizkonzert organisieren will“, sagte die Leiterin des Frauenhauses. Jede Idee, jede Initiative sei willkommen.

Denn noch fehlen 100.000 Euro, um das neue Heim für von Gewalt betroffene Frauen bauen zu können. Das Land hat 700.000 Euro zugesagt, 210.000 Euro kommen aus dem städtischen Haushalt, der Kreis will das Projekt mit maximal 300.000 Euro unterstützen, der Zufluchtsort für Frauen, die zu Hause nicht mehr bleiben können, ist das einzige Frauenhaus im Kreis Segeberg.

„Wir hoffen, dass wir das fehlende Geld möglichst schnell zusammen bekommen“, sagt Anita Brüning. Sie geht davon aus, dass die neue Anlaufstelle im kommenden Jahr gebaut wird und Anfang 2015 bezogen werden kann.

Neben der Bäckerei Schmidt unterstützt auch die Bäckerei Rathjen die Aktion „Gewalt kommt nicht in die Tüte“. In den Filialen werden noch bis Ende der Woche Sammelbüchsen stehen. Wer den Neubau des Frauenhauses finanziell unterstützen will, kann Geld auf das Spendenkonto 41243400 bei der Bank EDG Kiel, BLZ 21060237, Stichwort: Neubau Frauenhaus, einzahlen. Weitere Infos gibt es bei Claudia Meyer, Telefon 040/53595106, und im Frauenhaus unter Telefon 040/5296677.