So kommentieren Politiker und Verbandsvertreter den Baustopp für die Autobahn 20 zwischen Wittenborn und Weede

Kreis Segeberg. Das ist eine Katastrophe fürs Land und für den Kreis Segeberg – so kommentieren die meisten Politiker und Verbandsvertreter den Baustopp für die Autobahn 20. Wie im Hamburger Abendblatt berichtet, hatte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig den Planfeststellungsbeschluss für den rund zehn Kilometer langen Abschnitt der A20 zwischen Wittenborn und Weede gekippt. Die möglichen Folgen für die größte deutsche Fledermauskolonie in den Segeberger Kalkberghöhlen seien nur mangelhaft erkundet. Zudem hätten die Planer mögliche Alternativtrassen nur unzureichend erkundet.

Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) rechnet damit, dass sich der Weiterbau nun um zwei Jahre verzögert. „Das ist eine Katastrophe für den Verkehr und die Wirtschaft im Norden, unter der auch der Kreis Segeberg zu leiden hat“, sagt die Norderstedter CDU-Landtagsabgeordnete Katja Rathje-Hoffmann. Die handwerklichen Fehler bei der Planung seien inakzeptabel. „Wir Politiker müssen uns auf die Fachleute verlassen können“, sagt die Abgeordnete. Sie fordert Verkehrsminister Meyer auf, unverzüglich eine „saubere und gerichtsfeste Lösung“ vorzulegen.

Der Segeberger CDU-Bundestagsabgeordnete und Kreisvorsitzende der CDU, Gero Storjohann, geht davon aus, dass sich das wichtige Bauvorhaben um mindestens vier Jahre verzögert. „So lange wird es dauern, bis die Pläne nachgebessert und durchgeklagt sind“, sagt der Abgeordnete. Ein vierjähriger Baustopp sei unverantwortlich. Daher müsse die A20 so schnell wie möglich westlich der A7 weitergebaut werden. Storjohann rechnet kurzfristig mit einem Planfeststellungsbeschluss für diesen Abschnitt, aber: „In ihren Koalitionsvereinbarungen hat die Landesregierung ausgeschlossen, dass vor 2017 westlich der A7 gebaut wird.“ Deswegen werde er auch die Volksinitiative „Neue Wege für Schleswig-Holstein – A20 endlich fertigstellen“ fortsetzen. Bisher hat der Politiker 352 Unterschriften gesammelt, 20.000 braucht er.

„Außerdem muss die Küstennebelkoalition endlich die Mittel für die Landesplanung aufstocken“, fordert Storjohann. Von den 28 Stellen seien acht unbesetzt, zehn Mitarbeiter seien mit Stromstrassen beschäftigt – und die restlichen mit der Fülle an Planfeststellungsbeschlüssen überfordert.

„Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist Mahnung und Herausforderung zugleich“, sagt der Segeberger SPD-Bundestagsabgeordnete Franz Thönnes. Die Kieler Planer müssten mit mehr Sorgfalt arbeiten als zurzeit der CDU/FDP-Landesregierung. Die Kritik der Naturschutzverbände und der Gemeinde Klein Gladebrügge seien nicht ernst genug genommen worden.

Eine Herausforderung sei das Urteil in mehrfacher Hinsicht. Die Autofahrer müssten sich noch länger auf Staus einstellen, die Bürger von Bad Segeberg hätten wie die Wirtschaft weiterhin erheblich zu leiden. „Das ist eine katastrophenähnliche Situation“, sagt Segebergs Bürgermeister Dieter Schönfeld zum Baustopp. Der werde die Stadtentwicklung auf Jahre erschweren und sei nicht förderlich für die Wirtschaft. Als wichtigen Teilerfolg wertete der Verwaltungschef, dass die Richter die Tunnellösung mit einer Stadtautobahn verworfen hätten.

„Der Bau der wichtigen Verkehrsader muss so schnell wie möglich fortgesetzt werden“, sagt Landrätin Jutta Hartwieg. Der Kreis habe den Autobahn-Bau immer unterstützt. Wenn die feste Fehmarn-Belt-Querung fertig ist, werde der Kreis Segeberg das Drehkreuz von Nord-, Mittel- und Südeuropa sein. Mit der A20 würden sich die Staus in Bad Segeberg auflösen, die schon Gegenstand vieler Differenzen gewesen seien.

„Das Urteil zur A20 dürfte das Image der Region als Wirtschaftsstandort nachhaltig negativ beeinflussen“, sagt Lars Schöning, amtierender Hauptgeschäftsführer der IHK zu Lübeck. Einige Unternehmer würden geplante Investitionen verschieben oder ganz darauf verzichten. Freie Gewerbeflächen seien durch den fehlenden Standortvorteil eines Autobahnkreuzes A 20/A 21 nicht mehr so gut zu veräußern.

„Um Gottes willen“, entfuhr es Segebergs CDU-Fraktionschef Claus-Peter Dieck, der mit einem solchen Urteil nicht gerechnet hatte. SPD-Kollegin Edda Lessing spricht von einer „Katastrophe“, FDP-Kreischef Stephan Holowaty von einem „rabenschwarzen Tag für den Kreis“, Linken-Fraktionschef Heinz-Michael Kittler hatte wegen der Nähe seiner Fraktion zu den Grünen. Die wiederum bejubelten das Urteil: „Das ist der helle Wahnsinn“, sagte Grünen-Fraktionschef Arne Hansen.