Die Line Dance City Stompers in Henstedt-Ulzburg haben 120 Mitglieder. Getanzt wird in Linien neben- und hintereinander

Komm, wir tanzen ein paar Runden“, sagt Dirk Leibing, 51, zu seiner Tochter Christin, 23, und führt sie auf das Parkett. Aus dem Lautsprecher im Saal des Bürgerhauses tönt die Musik des berühmten neuseeländischen Sängers und Songschreibers Keith Urban: „Good Thing“.

In flottem, gleichmäßigen Tempo wirbelt Dirk seine Tochter außen um eine Gruppe tanzfreudiger Damen herum, die sich ohne Partner, aber synchron in Linien neben- und hintereinander bewegen. „Good Thing...“

Dirk Leibing, Vorsitzender des TSV Line Dance City Stompers e.V., hat die Choreografie zum Hits geschrieben. Er hat die Begleitmusik ausgesucht und sich davon inspirieren lassen. Er hat die Schrittfolge erfunden und mit den Vereinsmitgliedern einstudiert.

So beginnt es: „Schritt nach vorn mit rechts, linken Fuß etwas anheben. Gewicht zurück auf den linken Fuß. Schritt nach hinten mit rechts, linken Fuß an den rechten heransetzen und Schritt nach hinten mit rechts. Eine Vierteldrehung links herum und Schritt nach vorn mit links, rechte Fußspitze rechts auftippen.“ Und so weiter. Die Stepsheets müssen noch kräftig geübt werden. Die TSV-Tanzgruppe trainiert im Bürgerhaus am Beckersberg für ihren nächsten öffentlichen Auftritt. Der letzte liegt erst ein paar Wochen zurück. Line Dancer aus mehreren Ländern kamen Anfang Oktober zum internationalen Treff im Bürgerhaus.

Die Henstedt-Ulzburger sind national und international erfolgreich

Als Tänzerin war Christin Leibing nicht mehr dabei. Sie hat vor fünf Jahren, nach dem Abitur, aufgehört. Es hätte nichts damit zu tun gehabt, dass ihr Freund ein „Tanzmuffel“ sei, beteuert sie. Sie habe nicht mehr die Zeit, vier- oder fünfmal in der Woche zu trainieren, wenn bedeutende Turniere anstehen. Dazu kommt: „Je höher man tanzt, desto teurer wird auch das Outfit.“

Seit Beginn ihres Studiums der anglistischen Literatur in Köln hat sie für Line Dance nicht mehr viel Zeit. „Ich brauche die Musik, doch ich tanze nur noch aus Spaß.“ Ganz kann es Christin jedoch nicht lassen. Einmal in der Woche trainiert die deutsche Einzelmeisterin (2003), Team-Weltmeisterin (2007) und Weltmeisterin mit ihrem damaligen Trainer im Paartanz (2008) noch die City Stompers.

Dort hat ihr Vater das Kommando. Der Datenverarbeitungskaufmann aus Henstedt-Ulzburg gehört mit seiner Partnerin Monika Mickein vom HSV zu den bekanntesten und erfolgreichsten Tanzlehrern, Choreografen und Workshopleitern hierzulande.

Es war im Jahre 1999, als Leibing erstmals mit Line Dance in Berührung kam. Er erinnert sich: „Es war an einem Sommertag 1999. Da bin ich mit meiner Familie zu den Karl-May-Festspielen nach Bad Segeberg gefahren. Unterwegs fiel uns ein Plakat ins Auge, eine Ankündigung für das Country Festival in Puls im Landkreis Segeberg.“

Im Januar 2001 sahen sie ein Plakat der Line Dance City Stompers für einen Auftritt in Norderstedt, einen Monat später gingen sie zum Training. Die ganze Familie war begeistert.

Das ist auch Harald Schultz, 53. „Ich habe erst vor vier Jahren mit Line Dance angefangen“, sagt er. Der kaufmännische Angestellte aus Henstedt-Ulzburg ist einer der wenigen tanzenden Männer bei den City Stompers. Aber er kann stolz auf seine Erfolge auf dem Parkett sein: Bei den deutschen Meisterschaften im März dieses Jahres in Berlin hat er den Titel in der Kategorie Newcomer Silber gewonnen, und bei den Danish Line Dance Classic in Kopenhagen wurde er Zweiter.

Erste Plätze hagelte es auch für Konstantin Preitnacher, er wurde Europameister in der Kategorie Novice Silver in Veldhoven, Niederlande, und ebenfalls Sieger bei den Berlin Open.

Der amerikanische Formationstanz ist für sie zur großen Leidenschaft geworden. „Wen das Fieber einmal gepackt hat, den lässt es nicht mehr los“, verrät Dirk Leibing. „Tanzen – darin sind sich alle einig – ist eine große Bereicherung und trägt erheblich zur Gesunderhaltung bei, garantiert ohne Nebenwirkungen.“

Getanzt wird zu unterschiedlicher Musik, von Country bis Hip Hop

Leibing schreibt selber Tänze: „Man braucht keinen Partner. Die Gruppe ist der Partner, man muss sich nur optimal bewegen. So werden mehr soziale Kontakte geschaffen, als wenn man zu zweit tanzt.“

Kaum hatte Leibing vor einigen Wochen das Video und die Schrittfolgen von „Good Thing“ bei You Tube ins Netz gestellt, kamen schon die ersten Reaktionen. „Line Dancer aus Frankreich, Australien, Schweden, Dänemark und Kanada haben sich gemeldet und berichtet, dass sie nach meiner Choreografie tanzen.“ Leibing hat 2013 auch erfolgreich verbreitete Tänze wie „They Dance“, „Gold's Radar“ und „Like This“ choreografiert.

Die City Stompers tanzen zu verschiedenen Musikrichtungen, von Country über Irish Folklore, Rock und Pop bis zum Hip Hop. Der Trend geht seit einiger Zeit hin zur Musik aus den Charts, es häufen sich auch neue Tänze zu aktueller Country Musik. Nur mit dem Western Look wollen die City Stompers nichts zu tun haben. „Wir sind doch keine Cowgirls“, sagt Christin Leibing.

Vater Dirk kann das nur bestätigen. Er hat in den vergangenen Jahren für die Turnierkleidung seiner Tochter viel Geld ausgegeben. „Für ein Outfit mit Strassteilen, angefertigt von einer Designerin in Kopenhagen, habe ich mitunter bis zu 1000 Euro bezahlt“, sagt er. Die große Familie der Line Dancers ist sich einig: Es ist faszinierend zu sehen, wenn auf internationalen Veranstaltungen Menschen ganz unterschiedlichen Alters, von vier bis 90 Jahren, unterschiedliche Sprachen sprechend, mit ganz unterschiedlichen Körpergrößen und Figuren aufeinander treffen – und alle tanzen denselben Tanz. „Man tut etwas für Körper und Geist, lernt viele interessante Menschen kennen und hat einfach Spaß ohne Ende“, sagt Dirk Leibing, dessen Ehefrau Wibke dem Vorstand der City Stompers als Schriftführerin angehört.

Ein paar Schritte noch, dann kennt die Gruppe die Schrittfolge von „Good Thing“ aus dem Effeff: „Linken Fuß hinter den rechten kreuzen – eine Vierteldrehung rechts herum, Schritt nach vorn mit rechts und Schritt nach vorn mit links...“ Die Line Dance City Stompers sind wieder einmal in ihrem Element.

Am kommenden Montag stellen wir den Verein der Hundefreunde aus Norderstedt vor. Alle Folgen unserer Serie finden Sie im Internet. abendblatt.de/themen/meinvereinnorderstedt