Bahnhofstest – Fazit von ADAC und Hamburger Abendblatt: Den Pendlern aus der Region wird es nicht leicht gemacht, auf die Bahn umzusteigen

Kreis Segeberg. Mehrere Tage auf Schienen und 30 Bahnhöfe, Hunderte von Fotos und seitenweise Testberichte – dieses Pensum liegt hinter den Testern von ADAC und Hamburger Abendblatt. Gemeinsam haben sie sämtliche Bahnhöfe im Kreis Segeberg unter die Lupe genommen, P+R-Parkplätze getestet und Fahrradparkplätze inspiziert. Sie haben sich jeden Winkel angesehen und sind auch vor den öffentlichen Toiletten nicht zurück geschreckt. Jetzt ziehen die ADAC-Spezialisten Carsten Willms und Christian Schäfer eine zwiespältige Bilanz.

Die positive Nachricht: „Die Bahnhöfe sind überraschend gut“, sagt Carsten Willms, der aus anderen Regionen Deutschlands einen deutlichen schlechteren Standard auf Bahnsteigen erlebt hat. Die schlechte Nachricht: „Bei den Parkplätze kann und muss man mehr machen.“ Auch das Angebot für die Radfahrer reiche an den Bahnhöfen bei weitem nicht aus. Fazit: Den Pendlern aus der Region wird es nicht leicht gemacht, auf die Bahn umzusteigen.

Die meisten Bahnhöfe im Kreis Segeberg gehören zur AKN, die auch bei den jährlichen Tests der Landesverkehrsservicegesellschaft stets mit guten Noten abschneiden. Willms, verkehrspolitischer Sprecher des ADAC Hansa, und Schäfer, Leiter der Abteilung Technik und Verkehr, lobten Sauberkeit, Sicherheit und die guten Informationen für die Fahrgäste. Doch sie entdeckten auch Schwächen: Auf den AKN-Stationen an der Linie A1 nördlich von Kaltenkirchen fehlen an den Ausgängen Gitter zwischen Bahnsteig und Gleisen.

Weitgehend zufrieden zeigte sich der ADAC auch mit den U-Bahn-Stationen, die zur Hamburger Hochbahn gehören. Norderstedt-Mitte, Richtweg und Garstedt bekamen Bestnoten. Schlechter schnitt dagegen der Hamburger Bahnhof Ochsenzoll ab, der von vielen Pendlern aus dem Kreis Segeberg genutzt wird. Ochsenzoll erhielt Minuspunkte, weil Fahrstühle fehlen. Erst 2015 soll der Bahnhof barrierefrei ausgebaut werden. Außerdem vermissen die Tester an der Bahnsteigkante die im Boden eingelassenen geriffelten Platten, die Blinden und Sehbehinderten als Orientierung dienen und auf allen Bahnhöfen zum Standard gehören.

Deutlich schlechter fällt die Bilanz im Umfeld der Bahnhöfe aus. Als „mangelhaft bis knapp ausreichend“ bezeichnet Willms das Angebot auf den P+R-Plätzen im Kreis Segeberg. Schlimmster Ausreißer ist der kostenlose P+R-Platz in Garstedt. Weit als 100 Parkhäuser habe er schon für den ADAC gestestet. „Garstedt gehört zu den schlechtesten bundesweit“, sagt der ADAC-Fachmann. Tauben verdrecken Autos und Wände, die Markierungen sind komplett unübersichtlich, Fußgänger leben auf den dunklen Wegen gefährlich.

Zu den Verlierern gehört auch der Parkplatz am Segeberger Bahnhof. Die unbefestigte Fläche ist stets überfüllt, miserabel beschildert und entspricht in keiner Hinsicht modernen Ansprüchen. Nicht einmal Behindertenparkplätze konnten die Tester entdecken.

Noch schlechter als bei den Parkplätzen sieht es bei den Fahrrädern aus: Nahezu alle Anlagen waren hoffnungslos überlastet. „Das ist absolut nicht adäquat“, sagt Willms.

Baut eine Kommune eine neue P+R-Anlage, kann sie Zuschüsse bis zu 75 Prozent beantragen. Doch Instandhaltung und Sanierung müssen Städte und Gemeinden selbst tragen. „Dabei dürfen wir die Kommunen nicht allein lassen“, sagt Willms, der für die Metropolregion die Gründung einer Gesellschaft fordert, die umlagefinanziert für den Erhalt der P+R-Anlage verantwortlich ist.

Abgesehen von Kaltenkirchen, das derzeit Millionen in seine P+R-Parkplätze investiert, zeigen die Kommunen am Hamburger Rand wenig Interesse, mehr Parkplätze zu schaffen. Die letzten Förderungen im Kreis Segeberg lägen leider schon knapp zehn Jahre zurück, sagt Marion Köhler von der Metropolregion Hamburg. „Weitere Anträge gab es nicht.“ Aktuell werden Gespräche mit der Stadt Norderstedt über die Förderung eines Fahrradhauses in Norderstedt-Mitte geführt, sagt Köhler.

Dass Hamburg Gebühren für die P+R-Parkplätze einführen will, lehnt der ADAC ab. Viele Autofahrer werden auf die ohnehin schon überlasteten Parkplätze auf der schleswig-holsteinischen Seite des Stadtrands ausweichen, fürchtet Willms. „Wir müssen in Verkehrsachsen denken, nicht in Stadtgrenzen und benötigen ein Gesamtkonzept für die Metropolregion“, sagt er.

Die ausführlichen Testergebnisse und eine Fotodokumentation finden Sie unter www.abendblatt.de/norderstedt

Die Redaktion hat die Leser des Hamburger Abendblatts aufgerufen, über Ihre Erfahrungen in den Bahnhöfen zu berichten. Diese Zuschriften leiten wir an die Experten mit der Bitte um eine Stellungnahme weiter. In der kommenden Wochen lesen Sie, was Leser und Fachleute zu sagen haben.