Das Abendblatt hat gemeinsam mit dem ADAC alle Bahnhöfe im Kreis Segeberg getestet. Heute die Ergebnisse für die Nordbahn in der Region Bad Segeberg

Kreis Segeberg. Als ADAC-Fachmann hat Christian Schäfer schon viele Parkplätze gesehen. Am Bahnhof von Bad Segeberg war er noch nie, bevor er mit Abendblatt zum Test eintraf. Jetzt wird die Station auf Dauer in seinem Gedächtnis bleiben und Maßstäbe für künftige Tests setzen – im negativen Sinne. Eine derart ungepflegte P+R-Anlage wie in Bad Segeberg ist im Hamburger Umland einzigartig. Ohne alle Ergebnisse der Abendblatt-Untersuchung zu kennen, steht für ihn bereits auf dem ersten Blick fest: Bad Segeberg gehört zu den Verlierern.

Die Liste der Mängel ist lang. Schäfer hält jedes Manko mit einer Digitalkamera fest und freut sich, eine großen Speicherchip eingesetzt zu haben. Kurz gesagt: Der völlig überfüllte Parkplatz am Bahnhof gleicht bei gutem Wetter einem staubigen Acker und dürfte sich bei Regen in eine Pfützenlandschaft verwandeln. Kein Schild weist den Autofahrer auf die Existenz dieses Parkplatzes hin. Dafür hat die Stadt an der Einfahrt vorsichtshalber das Dreieck mit dem Hinweis „Vorsicht Straßenschäden“ aufgestellt.

Im Dunkeln bleibt es hier weitgehend dunkel. Lichtmasten fehlen. Blasse, kaum erkennbare Schilder weisen auf Frauenparkplätze hin. Ausgeschilderte Behindertenstellplätze kann Schäfer gar nicht finden. Als er auf dem Areal unterwegs ist, kommt eine alte Dame auf ihn zu. Sie hat einen Behindertenausweis für ihr Auto, findet jedoch keinen Stellplatz. Schäfer bedauert: Auf diesem Parkplatz weiß auch der ADAC nicht weiter.

In der Not, einen Stellplatz zu finden, haben die Autofahrer auch die kleinste Ecke zugeparkt. Mancher wird am Abend Mühe haben wieder auszuparken, wenn er ein längeres Auto besitzt: Die Fahrbahn zwischen den Stellplätzen ist gerade mal fünf Meter breit. Viel Platz zum Rangieren bleibt da nicht mehr.

Eine Mülltonne und zerschundene, kniehohe Betonkübel begrenzen den Parkplatz an der Nordseite. Wer die bunten Blumen in den Kübeln gießt, bleibt rätselhaft. Die Szenerie wirkt ebenso so surreal wie der laienhaft mit Karl-May-Motiven bemalte Container mit den vergitterten Fenstern zwischen Parkplatz und Bahnsteig. Erst auf dem zweiten Blick erkennt der Besucher, dass er vor einem seltsamen Bahnhofsgebäude steht, das vor Jahren – als Provisorium geplant – aufgestellt wurde.

Wer mit der Bahn ankommt und sich in Bad Segeberg nicht auskennt, dürfte mit schweren Orientierungsschwierigkeiten zu kämpfen haben, weil die Hinweisschilder zu den Attraktionen der Stadt kaum zu finden sind. Die Tafeln mit den Wegweisungen zu den Kliniken, dem Kalkberg-Theater und Noctalis stehen abgewandt vom Bahnhof am Fußgängerweg. Sie sind gut zu erkennen, wenn man zum Bahnhof geht – und nicht, wenn man von dort kommt.

Erfreulichere Ergebnisse notiert Schäfer für den Bahnhof, der ebenso wie die anderen Stationen und die Strecke Bad Oldesloe-Bad Segeberg–Neumünster zum DB-Konzern gehört. Die Nordbahn setzt hier ihre Züge im Auftrag des Landes Schleswig-Holstein ein und befährt die DB-Anlagen. Die Uhren funktionieren, auf dem Bahnsteig stehen genügend Schaukästen und Fahrkartenautomaten. Sitzplätze sind allerdings Mangelware.

Begonnen hat Schäfer seine Nordbahn-Tour auf dem kleinen Bahnhof Wakendorf südlich von Bad Segeberg und dort ein modernes und gepflegtes Areal gefunden. Nicht alle Parkplätze sind an dem schönen Spätsommertag belegt. Auch im vorbildlich überdachten Fahrradhaus ist noch Platz. Die einzigen Mängel: Das Bodenpiktogramm des Behindertenparkplatzes ist im Dunkeln kaum zu sehen, ein Schild fehlt. Einen Busanschluss sucht der Tester vergeblich: Hier fahren keine Busse im Linienverkehr, sondern nur als Ersatz, wenn die Bahn ausfällt.

Wer den Bahnhof des Nachbardorfs Altengörs nicht kennt, findet ihn nur mit Mühe. Die Bahnanlage wirkt wie alle kleinen Stationen an der Nordbahnstrecke gepflegt und modern, Autofahrer müssen mit einem unbefestigten Parkplatz vorlieb nehmen. Ein unscheinbarer Aschenbecher am Einsatz dient als letzter Hinweis für Besucher, dass auf dem Bahnhof nicht geraucht werden darf. Nicht gedacht haben die Planer an eine Uhr, genügend Licht und einen Behindertenparkplatz.

Fahrenkrug nördlich von Bad Segeberg gehört zu den wenigen Stationen mit eigener Gastronomie. Um 17 Uhr öffnet die Bahnhofsgaststätte und damit auch das Bahnhofsklo. Gegenüber steht ein Imbisswagen. Auch in diesem Bahnhof wundert sich ADAC-Tester Schäfer über die Hinweise, dass die Anlage im Winter nicht geräumt wird und fragt sich warum. Auch nach überdachten Sitzen hat Schäfer vergeblich Ausschau gehalten. Positiv: Am Bahnhof stehen überdachte Mietboxen für Fahrräder.

Wahlstedt hat ebenfalls nur einen unbefestigten Parkplatz zu bieten, der nahezu ausgelastet ist. Markierungen fehlen ebenso wie Behindertenparkplätze. Positiv vermerkt Schäfer die großen überdachten Warteräume. „Es dürften aber mehr Sitzgelegenheiten vorhanden sein“, sagt der Tester. Viele Fahrradständer sind frei. Die Bahn hat den Bahnhof barrierefrei konzipiert.

In Rickling entdeckt Schäfer das erste P+R-Schild auf dieser Tour. Hier wird deutlich, was der ADAC-Tester auch in anderen Orten für selbstverständlich hält: Die Parkplätze am Bahnhof sind für Pendler gedacht, die in die Bahn umsteigen. Schäfer bezeichnet die kleine P+R-Anlage als vorbildlich und dokumentiert die Sonderparkplätze für Behinderte, Frauen und Kurzparker. Ebenfalls positiv: Der Bus hält direkt am Bahnhof. Negativ: Einige Bodenplatten am Fahrradstand sind überwuchert und bilden eine Stolperfalle. Auch der Ricklinger Warteraum müsste gereinigt werden.

Größtes Manko fast aller Nordbahn-Stationen: Notrufmelder und eine Kameraüberwachung fehlen.

Die ausführlichen Testergebnisse und eine Fotodokumentation finden Sie unter www.abendblatt.de/norderstedt .

Am Mittwoch, 9. Oktober, lesen Sie die Bilanz des großen Bahnhofstests von Abendblatt und ADAC.

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