Parteien kritisieren Alleingang der stellvertretenden Bürgermeisterin in Henstedt-Ulzburg

Henstedt-Ulzburg. Eine Büste, die bisher noch kaum jemand gesehen hat, sorgt für Diskussionen in der Gemeinde: Die Bürgerstiftung will Alt-Bürgermeister Heinz Glück mit dem Kunstwerk, gefertigt von einer Künstlerin aus Worpswede, auf besondere Weise ehren – es soll einen Ehrenplatz im Rathaus bekommen und als Dauerleihgabe der Gemeinde übergeben werden. Aber die Meinungen gehen heftig auseinander: Die Mehrheit der Ratsfraktionen fühlt sich überfahren, weil die stellvertretende Bürgermeisterin eigenmächtig entschieden hat, dass die Büste aufgestellt wird. Noch steht sie im Haus des Alt-Bürgermeisters. Ob sie tatsächlich im Rathaus aufgestellt wird, steht noch nicht fest.

Die anwesenden Politiker waren vorher nicht eingeweiht

Die Büste eines verdienten Bürgermeisters – Heinz Glück war von 1962 bis 1970 Bürgermeister von Ulzburg, anschließend bis 1988 Bürgermeister der neu gegründeten Gemeinde Henstedt-Ulzburg – soll im Rathaus stehen. Diese Entscheidung ist ein Alleingang der amtierenden Bürgermeisterin Elisabeth von Bressensdorf, die während einer Sitzung des Hauptausschusses in der vergangenen Woche darüber berichtete. Die anwesenden Politiker fielen aus allen Wolken, denn sie waren vorher nicht eingeweiht.

Der Protest von SPD; WHU, BfB und FDP beeindruckte die stellvertretende Bürgermeisterin wenig: Sie ließ sich von der Kommunalaufsicht bestätigen, dass sie als Hausherrin entscheiden kann, was im Rathaus aufgestellt wird. „Das fällt ausschließlich in meinen Entscheidungsbereich“, sagte sie am Mittwoch. „Die politischen Gremien haben keine Befugnisse in dieser Hinsicht.“ Ihrer Ansicht nach könnte die Büste überall im Rathaus stehen. Noch sei aber kein Stellplatz festgelegt. Von den Diskussionen um dieses Projekt fühlt sich Elisabeth von Bressensdorf überrascht. „Ich hätte nie gedacht, dass es derartige Wellen schlagen würde.“ Sie sei „betrübt“, dass sich die Politiker an dieser Sache so „hoch hangelten“.

Die Ansichten über Heinz Glück gehen in Henstedt-Ulzburg auseinander. Seine Verdienste als Bürgermeister stehen außer Frage, wenngleich ihm immer wieder eine zu große Nähe zum damaligen CDU-Vorsitzenden, -Fraktionsvorsitzenden und Kreispräsidenten Günter Heinz Baum und dem Bauunternehmen Manke unterstellt wurde. Vor allem die SPD hatte diese Verbindungen immer wieder öffentlich thematisiert und kritisiert. Schwerwiegender ist für die meisten Politiker aber, dass Heinz Glück einst aktives Mitglied der Waffen-SS war. Seit 1989 ist der 89 Jahre Heinz Glück Ehrenbürger der Gemeinde Henstedt-Ulzburg. Er lebt heute, gesundheitlich angeschlagen, zurückgezogen mit seiner 92 Jahre alten Frau in seinem Haus an der Beckersbergstraße.

Es handelt sich um um eine individuelle Spende eines einzelnen Geldgebers

Was die Bürgerstiftung bewogen hat, eine Heinz-Glück-Büste in Auftrag zu geben, ist nicht bekannt. Stiftungsvorsitzender Volker Dornquast, Nachfolger von Heinz Glück auf dem Posten des Bürgermeisters, bestätigt, dass es sich um eine individuelle Spende eines einzelnen Geldgebers handelt. Er bestätigt jedoch nicht das Gerücht, dass dieser Spender Volker Manke sei. Vor dem Beschluss des Vorstandes der Bürgerstiftung sei mit Heinz Glück gesprochen und die Genehmigung von ihm dafür eingeholt worden.

Am vergangenen Dienstag, während der Feierlichkeiten anlässlich des Stiftungstages im Ratssaal, hatte die Büste im Rathaus vor den Augen von Landtagspräsident Klaus Schlie vorgestellt und eingeweiht werden sollen. Dazu kam es nicht: Die Bürgerstiftung machte einen Rückzieher und verzichtete zunächst auf den feierlichen Akt. „Angesichts der heftigen politischen Diskussionen wollten wir die Stiftungsveranstaltung nicht beschädigen“, sagte Volker Dornquast. Wie es weiter geht, solle in der kommenden Woche während einer Vorstandssitzung der Bürgerstiftung besprochen werden. Dornquast lässt allerdings unerwähnt, dass das Büsten-Projekt auch im Stiftungsvorstand umstritten ist. Nicht alle Vorstandsmitglieder stehen dahinter.

Die CDU nimmt die stellvertretende Bürgermeisterin in Schutz, Ortsvorsitzender Michael Meschede empfindet aber auch, dass hier alles „unglücklich“ gelaufen sei. „Bei besserer Vorbereitung wäre die ganze Sache vielleicht anders aufgefasst worden“, sagt er. Er befürworte das Aufstellen der Büste, zumal Heinz Glück Ehrenbürger der Gemeinde sei. „Es hätte aber alles auf eine breitere Basis gestellt werden müssen.“

„Die Angelegenheit hätte in den Gremien besprochen werden müssen“

Alle anderen Ratsfraktionen haben kein Verständnis für den einsamen Beschluss der amtierenden Bürgermeisterin. „Wegen der Vergangenheit von Heinz Glück bin ich nicht dafür, dass er auf diese Weise geehrt wird“, sagt Heidi Colmorgen, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, die das Vorgehen von Elisabeth von Bressensdorf hart kritisiert: „Sie hat sicher gewusst, dass Heinz Glück nicht von allen geliebt wird.“ Ihrer Ansicht nach hätte die ganze Angelegenheit in den politischen Gremien besprochen werden müssen. Als „unerfreulichen Akt“ bezeichnet WHU-Fraktionsvorsitzende Karin Honerlah die Angelegenheit. „Hier soll eine Persönlichkeit in einer Art geehrt werden, die über das normale Maß hinausgeht.“ Einen Beschluss der Gemeindevertretung hätte BfB-Fraktionsvorsitzender Tile Abel für angemessen gehalten. „Was nützt eine Ehrung auf diese Weise, wenn die politische Mehrheit nicht dahinter steht?“ Für Klaus-Peter Eberhard, FDP, hat sich wieder gezeigt, „dass die stellvertretende Bürgermeisterin jede Sensibilität vermissen lässt.“ Es sei nicht gut, die Büste eines ehemaligen Mitgliedes der Waffen-SS im Rathaus aufzustellen.