Das fordern die Grünen. Zudem sollen die Politiker digital arbeiten, um Papierberge abzubauen und Kosten zu senken

Norderstedt. Die Stadt soll auf Recyclingpapier umstellen. Das haben die Grünen in der Stadtvertretung gefordert. „Nachhaltigkeit spielt eine große Rolle in Norderstedt. Die Verwaltung hat ein eigenständiges Amt Nachhaltiges Norderstedt eingerichtet, es gibt das Agenda-Büro, und da sollten wir als Politiker gemeinsam mit der Verwaltung einen weiteren Beitrag leisten“, sagte Grünen-Fraktionschef Detlev Grube. Schließlich seien erhebliche Mengen an Papier im Umlauf. Grube wies der Stadt aus seiner Sicht ein umweltpolitisches Eigentor nach.

Der Fraktionschef hatte sich im Kopierraum eine Papierverpackung besorgt, auf der ein Prüfsiegel Auskunft über die Klassifikation des Papiers gibt. Nur ein paar Schritte weiter fand er im Info-Ständer die passende Broschüre: „Papier – Wald und Klima schützen“ heißt das kleine Heft, das auch die Bedeutung der Gütezeichen erklärt. PEFC stand auf der Hülle für das Stadt-Papier. „Es gibt etliche Kritikpunkte an diesem System der Papierproduktion“, heißt es in dem Heft. So werde das Zertifikat an Waldbesitzer oft nur auf der Basis von schriftlichen Unterlagen vergeben, die Waldstücke würden nicht kontrolliert. Fazit: „Insgesamt ist das PEFC-Siegel für Papier- wie Holzprodukte deutlich zu schwach.“

Die Produktion von Recyclingpapier komme mit 60 Prozent weniger Energie und 70 Prozent weniger Wasser aus als die von herkömmlichem Papier. Zudem sei Altpapier deutlich billiger, und die Herstellung schaffe Arbeitsplätze. Somit erfülle Recycling-Papier zwei weitere Aspekte von Nachhaltigkeit: Sozialverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit. „Wir sollten hier mal angreifen“, forderte Grube.

Das forderte den Widerspruch der CDU heraus: „Das war ein interessanter und fundierter Vortrag, aber Recycling-Papier hat durchaus auch seine Schattenseiten“, sagte CDU-Stadtvertreter Volker Schenppe. So müsse Altpapier vom Druck befreit werden, was den Einsatz von Säuren bedeute und die Umwelt belaste. Zudem sei Recycling-Papier nicht billiger, sondern um 80 Prozent teurer. Normales Papier werde zunehmend aus Abfallholz gewonnen, das für den Bau nicht verwendet werden könne. Schließlich sei mehr Farbe nötig, um Recyclingpapier zu bedrucken. „Der städtische Haushalt mit 1000 Seiten kostet 148 Euro pro Stadtvertreter. Da stellt sich doch die Frage, von welchen Kosten wir überhaupt sprechen, und ob die nicht angesichts eines Millionen schweren Haushaltes zu vernachlässigen sind“, sagte Schenppe.

„Ich dachte, wir hätten schon Recycling-Papier“, sagte Miro Berbig, Fraktionschef von Die Linke. Er schloss sich wie auch die WIN dem Antrag der FDP an, das Thema zur weiteren Diskussion in den Hauptausschuss zu verweisen. Da soll die Verwaltung Stellung beziehen, Zahlen und Fakten zum kommunalen Papiergebrauch auf den Tisch legen. Auch SPD und Grüne konnten sich damit anfreunden, im Ausschuss das Thema ausführlich zu beleuchten.

Da sollen auch zwei weitere Aspekte des Grünen-Antrags behandelt werden: Die Unterlagen für die Politiker werden grundsätzlich digital und nur auf Wunsch in Papierform verschickt. Und: Die Stadt schafft über das schon vorhandene Ratsinformationssystem hinaus eine digitale Plattform, über die die Politiker Zugriff auf alle Informationen haben. „Es ist weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll, im Zeitalter der neuen Medien Berge von Papier zu verschicken“, sagte Grube. Spitzenreiter ist der Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr. Allein die Bebauungspläne mit den Stellungnahmen fressen Seite um Seite. So müssen sich die Ausschussmitglieder durch mehr als 300 Seiten arbeiten, wenn sie sich für die Sitzung am Donnerstag, 19. September, vorbereiten. „Die Vorlagen verteilen wir an 14 Mitglieder und die gleiche Anzahl an Vertretern“, sagt Borchardt. Allein für diese Sitzung fallen mehr als 4100 doppelt bedruckte Seiten an.

Und diese Fülle an Informationen ausschließlich am Bildschirm zu lesen sei nicht jedermanns Sache. „Wie soll ich da meine Fragezechen und Kommentare an den Rand schreiben?“, fragt CDU-Stadtvertreter Joachim Brunkhorst. Borchardt nennt zwei weitere Probleme: Die Stadt müsse 160 Notebooks für die Stadtvertreter und die bürgerlichen Ausschussmitglieder anschaffen. Das sei nicht nur eine Kostenfrage, sondern könne auch die heißeste Diskussion abrupt stoppen. So hätten die Stadtvertreter bei ihrer konstituierenden Sitzung in Göttingen nicht weitermachen können, weil der drahtlose Empfang zusammengebrochen war.