Die Mitglieder von Bürger-Aktiv in Henstedt-Ulzburg engagieren sich in vielen Bereichen der Großgemeinde, und das bereits seit 65 Jahren.

Kein Klingeln an der Eingangstür, und auch das Handy bleibt stumm. Birgit Mohr-Ehrhardt, 65, schaut auf die Uhr: Es ist 18.30 Uhr. „Ob heute jemand kommt?“, fragt Sabine Fritzen, 42. Ganz allein sitzen die beiden Frauen im großen Versammlungssaal der Kulturkate Beckersberg, doch sie werden nicht nervös. Endlich öffnet sich die Tür, Monika B. tritt ein. Sie sucht Rat: Ihr Mann leidet an Demenz, sie pflegt ihn, ihre Kraft ist bald am Ende.

Birgit Mohr-Ehrhardt und Sabine Fritzen leiten beim Verein Bürger-Aktiv Henstedt-Ulzburg den Gesprächskreis Demenz. Jeden letzten Montag im Monat können sich Angehörige oder Pflegepersonal von Demenzkranken mit ihnen in der Kulturkate austauschen.

Das soziale Engagement steht bei Bürger-Aktiv an erster Stelle

„Angehörige müssen die zunehmende Hilflosigkeit akzeptieren, die persönliche Würde des Dementen wahren, noch vorhandene Fähigkeiten fördern und sich selber dabei nicht vergessen, nur aufgeklärte Angehörige können sich dieser enormen Belastung stellen“, sagt Birgit Mohr-Ehrhardt. Sie weiß, wovon sie spricht: Ihr Vater, im Januar verstorben, war dement; ihre Mutter, ebenfalls dement, hat sie drei Jahre gepflegt. Jetzt lebt die alte Dame in einem Pflegeheim.

Auch Sabine Fritzen, seit 25 Jahren mit der Altenpflege vertraut, kennt sich bestens aus. Zuletzt hat sie sich mehrere Jahre um ein altes Ehepaar gekümmert. „Praktisch rund um die Uhr“, erzählt sie.

Die Frauen haben sich im März 2010 bei einem Volkshochschulkursus zum Thema Demenz kennengelernt, sie sprachen danach mit Birgit Sommer, 63, der 1. Vorsitzenden von Bürger-Aktiv, und gründeten den Gesprächskreis. „Jeder Teilnehmer hat eine andere Sicht auf die Krankheit“, erzählen sie. „Das Austauschen untereinander stärkt die Akzeptanz, damit zu leben und immer neue Lösungen für die täglichen Probleme zu finden.“

„Es geht uns in erster Linie um das soziale Engagement in Henstedt-Ulzburg“, sagt Birgit Sommer. „In Zeiten des demografischen Wandels, in denen die Menschen auch in unserer Gemeinde immer länger leben, sollte jeder Bürger bereit sein, ein Ehrenamt auszuüben.“ Ehemann Frank, 66, sitzt am Wohnzimmertisch, streichelt den Hund und nickt. Er ist Löschmeister bei der Freiwilligen Feuerwehr.

Vereinschefin Birgit Sommer ist Antreiberin und Ideengeberin

Das Ehrenamt ist Birgit Sommer seit vielen Jahren ans Herz gewachsen. Seit 1997 ist sie als Vereinschefin „Antreiberin“ und Ideengeberin zugleich, und immer noch bereite ihr der Job großen Spaß. „Wir alle tragen das Helfer-Syndrom in uns.“

Ihre Devise heißt: „Was kann ich bewegen?“ Die gelernte Schifffahrtskauffrau führt die Gespräche mit der Bürgermeisterin, wenn es Probleme gibt. Sie begleitet den Bürgervorsteher, wenn ältere Vereinsmitglieder ihren runden Geburtstag feiern, und sie bereitet Vorstandssitzungen, Jubiläen und andere Feierlichkeiten vor.

Das kann auch, wie vor einigen Tagen, auch einmal eine zünftige Grillparty sein. Draußen briet einer der wenigen Männer Thüringer Würstchen, drinnen in der Kulturkate schmiedeten die Gruppenleiterinnen bei Kaffee, Kuchen und selbst gemachten Salaten Zukunftspläne.

Drei Männer sind anwesend: Kurt Glodschey, 71, Leader der Rentnerband Jungbrunnen. „Wir treten bei Veranstaltungen von Bürger-Aktiv auf, aber auch in Pflege- und Altenheimen, bei Vereinen und bei Privatfeiern“, sagt der pensionierte Marinetaucher, der heute noch als freischaffender Bildhauer arbeitet. Vier Sängerinnen, Akkordeon, Keyboard und Gitarre gehören zum Jungbrunnen. Wanderlieder, Schlager, Jazz, Tanzmusik – das ganze Musik-Repertoire steht auf dem Programm.

Jens Saggau, 68, ist vorgefahren. Der frühere Verbandsligafußballer aus Kaltenkirchen organisiert die Einkaufsfahrten der Senioren in den Gewerbepark zu Aldi, Tchibo, Real oder Rossmann. „Wir wollen den Menschen, die nicht mehr mobil sind, zu unseren Veranstaltungen bringen. Das tue ich gerne“, sagt Saggau. „Es bleibt immer Zeit für eine Tasse Kaffee.“

In der Regel bestimmen bei Bürger-Aktiv die Frauen das Tempo

Dritter im Bunde ist der pensionierte Postbeamte Klaus-Peter Fritzen, 69, der mit Ehefrau Inge, 63, die Fahrradgruppe Heiße Speiche ins Leben rief. Werbung braucht er nicht, sagt er. Er radelt schon mit 40 erfahrenen Pedaleuren durch die Metropolregion Hamburg. Mehr geht nicht.

In der Regel bestimmen bei Bürger-Aktiv die Frauen das Tempo. Annemarie Wenck, 59, zum Beispiel: Sie bietet seit neun Jahren Gedächtnistraining an. Möglichst viele Bereiche des Gehirns sollten aktiviert werden“, sagt sie. „Dazu gehören Konzentration, Wahrnehmung, Merkfähigkeit, assoziatives Denken, Wortfindung, logisches Denken, Fantasie, Kreativität und mehr. Um das Arbeitsgedächtnis fit zu halten, muss es gefordert werden.“ Annemarie Wenck gibt mit zwei Kolleginnen im April und Oktober in einer Stückzahl von 2500 Exemplaren das informative Vereinsheft „Zeitlupe“ heraus.

Monika Grawitter, 72, ist dabei, die den Altenheim-Besuchsdienst organisiert. Am 7. November fährt sie mit ihrer Gruppe zum Elmshorner Hospiz. Was sie sich noch wünscht, sind ehrenamtliche Gesprächspartner für alte Menschen, die alleine leben.

Die Pflegedienstleitung der DRK-Sozialstation, die wie die Feuerwehr eng mit Bürger-Aktiv zusammenarbeitet, gehört dazu. Und Edda Lang, 72, deren Erlebnistouren, unter anderem im vergangenen Jahr auf die Mittelmeerinsel Malta, richtig „berühmt“ wurden.

Am 16. Oktober, anlässlich des 65-jährigen Vereinsbestehens, lädt Bürger-Aktiv zum Erzählcafé in die Kulturkate ein. Der Verein sucht Menschen, die die Nachkriegsjahre hier erlebt haben und davon erzählen möchten.

Am kommenden Montag stellen wir Ihnen den Bowlingverein Harksheide vor. Alle bisherigen Folgen finden Sie im Internet.

Online: abendblatt.de/themen/meinvereinnorderstedt/