Henriette Schüppler ist Behindertenbeauftragte in Norderstedt – die einzige hauptamtliche in Schleswig-Holstein

Norderstedt. Sie ist die einzige hauptamtliche Behindertenbeauftragte in einer schleswig-holsteinischen Stadt oder Gemeinde. Henriette Schüppler hat die Nachfolge der langjährigen Vorkämpferin für behinderte Menschen, Inge Gravenkamp, angetreten, die in den Ruhestand gegangen ist. „Die Stadt ist größer als ich dachte, und das Aufgabenfeld enorm komplex.“

So beschreibt die Nachfolgerin ihre ersten Eindrücke im Amt, das sie seit April innehat. Ihre Arbeit zieht sich quer durch die Fachbereiche im Norderstedter Rathaus und die Fachausschüsse der Politiker. Die Behindertenbeauftragte ist beteiligt, wenn es um Barrierefreiheit in der Stadt geht, darum, dass Bordsteine abgesenkt oder Orientierungsstreifen für Sehbehinderte aufgebracht werden.

Die 38-Jährige, die eine Vollzeitstelle ausfüllt, kooperiert mit den Beratungsstellen wie dem Pflegestützpunkt, mit der Servicestelle für Rehabilitations- und Rentenfragen, mit der Flüchtlings- und Migrationsberatung, den Vereinen und Verbänden. Sie spricht mit Wohnungsbaugesellschaften und spinnt das Netz zu Kolleginnen in benachbarten Städten und Gemeinden und Kreisen.

„Zentrales Ziel für uns ist, die gesellschaftliche Teilhabe für Menschen mit Handicaps zu verbessern“, sagte Sozialdezernentin Anette Reinders, als sie die neue Behindertenbeauftragte vorstellte. Reinders, zu deren Dezernat Henriette Schüppler gehört, verwies darauf, dass Inklusion nicht mit dem Schulabschluss endet, obwohl die Diskussion um das grenzenlose Miteinander von behinderten und nicht behinderten Menschen bisher hauptsächlich auf das Lernen beschränkt blieb. Wenn die Akzeptanz noch nicht so ausgeprägt ist, wie das wünschenswert sei, liege das oft an fehlendem Wissen und am nicht vorhandenen Bewusstsein über Fähigkeiten und Defizite behinderter Menschen, so Reinders.

Eine große Schnittmenge sieht Henriette Schüppler mit dem Norderstedter Seniorenbeirat, wo das Thema Barrierefreiheit ebenfalls eine zentrale Rolle spielt, und mit den Norderstedter Werkstätten. In den Räumen an der Stormarnstraße, aber auch an anderen Standorten in und um die Stadt herum, arbeiten 360 Erwachsene mit unterschiedlichen Handicaps. „Eine wichtige Aufgabe der Behindertenbeauftragten wird sein, Konzepte zu erarbeiten, wie Menschen mit geistigen oder körperlichen Behinderungen der Zugang zu Bildung erleichtert werden kann“, sagte die Dezernentin.

„Die neue Aufgabe fügt sich nahtlos in meine bisherigen beruflichen Erfahrungen ein“, sagt Henriette Schüppler. Die gebürtige Coburgerin hat Industriekauffrau gelernt und ihr Diplom als Sozialpädagogin und Sozialarbeiterin gemacht. Sie hat beim Sozialdienst in einem Krankenhaus gearbeitet und sich um Reha-Maßnahmen für die Patienten gekümmert. Anschließend arbeitete sie in der Jugend- und Erwachsenenbildung, kümmerte sich, schon bei einem Träger in Norderstedt, um die berufliche Rehabilitation. Wieder hatte die neue Mitarbeiterin der Stadt Lust auf Neues, aber keinen festen Plan. Da entdeckte sie die Stellenanzeige der Stadtverwaltung, bewarb sich und wurde genommen. „Die neue Tätigkeit ist für mich die konsequente Fortsetzung meines bisherigen beruflichen Werdegangs“, sagt sie

Vor allem sieht sich Henriette Schüppler aber als erste Anlaufstelle für Menschen mit Handicaps. „Ich sehe mich als Wegweiser und vermittle den Ratsuchenden die richtigen Ansprechpartner für ihre Fragen oder Probleme und bespreche mit ihnen, wie sie am besten vorgehen“, sagt die 38-Jährige. Und da hat sie alle Hände voll zu tun: Im August hatte sie 60 Bürgeranfragen auf dem Schreibtisch, Tendenz steigend. Da gehe es um Rentenfragen und Reha-Maßnahmen, um die Anerkennung von Schwerbehinderung oder Fördermittel für den Abbau von Barrieren in Häusern und Wohnungen. Genaue Zahlen gebe es nur für den Kreis Segeberg, aber Henriette Schüppler schätzt den Anteil behinderter Menschen in Norderstedt auf rund zehn Prozent, also rund 7500 Männer, Frauen und Kinder.

Langfristig will Henriette Schüppler Norderstedt behindertenfreundlicher gestalten und sieht dafür gute Chancen: „Die Bereitschaft der Stadt, die Belange Behinderter zu berücksichtigen, ist sehr groß.“ Wer sich bei der Behindertenbeauftragten Rat holen will, muss sich vorher einen Termin geben lassen. Henriette Schüppler ist unter Telefon 040/53595535 im Rathaus zu erreichen.