Die Mitglieder von Fortuna U51 Henstedt-Ulzburg und Umgebung opfern viel Zeit für ihr Hobby. Doch eine Seuche bereitet den Kaninchenzüchtern große Sorgen

Henstedt-Ulzburg. Konrad liegt auf dem Rücken und rührt sich nicht vom Fleck. Er gibt keinen Ton von sich. Diese Pose drückt absolutes Sicherheitsgefühl aus. Der wildfarbene Klein-Widder, ein Prachtstück von Kaninchen, wartet auf ein Zeichen seines Herrn. Nach einer Minute tippt Horst Rohwetter leise auf den Tisch. Konrad wälzt sich auf die Seite, springt auf und ist wieder mopsfidel. „Das grenzt an Zauberei“, sagt ein Besucher.

Horst Rohwetter, seit elf Jahren Vorsitzender des Kaninchenzuchtvereins Fortuna U51 Henstedt-Ulzburg und Umgebung, klärt auf: „Konrad ist ein Supertalent, ein bildhübscher Rammler. Das habe ich schon erkannt, als er vier Monate alt war. Enger Behang, oben alles eine Linie, keine Angst vor fremden Leuten. Das bringt bestimmt viele Punkte bei den Preisrichtern. Nur um die Krallen muss ich mich noch etwas kümmern.“ Bei der ersten Ausstellung seines Lebens hat der Youngster tatsächlich schon tüchtig abgesahnt.

Konrad ist der Herrscher aller Reußen im Stall des Züchters Rohwetter. Alle 74 Rassekaninchen haben ihr eigenes Zuhause, reichlich Heu liegt in jedem Käfig. Jedes Tier hat eine vierstellige Nummer im Ohr eintätowiert. Dadurch kann der Züchter jedes Tier sofort erkennen.

„Reich werden wir Kaninchenzüchter nicht“, sagt Andreas Larsen aus Norderstedt, 2. Vorsitzender des Vereins. „Im Gegenteil: Das ist ein teures Hobby.“ Ausreichend Heu, Grünzeug, Stroh, alle drei Tage eine Wurzel und ein Stück Kohl, dazu täglich ein Becher mit 75 Gramm Pellets müssen es schon sein.

Bei Fortuna U51 werden viele Rassen gezüchtet: Blaue und Schwarze Wiener, Weißgrannen, Mecklenburger Schecken, Thüringer, Alaska, Havanna Rex, Deutsche Widder wildhasengrau und mehr. Die elfjährige Michelle, jüngste Züchterin im Verein, hat sich schon als kleines Kind in die Rasse Zwergwidder wildfarben verliebt. Alles, was sie dazu wissen musste, hat Großvater Horst Rohwetter ihr beigebracht. Vor und nach der Schule schaut sie bei ihren Zwergwiddern vorbei.

Horst Rohwetter verdiente früher sein Geld als Preisboxer

Die Rohwetters haben ihr Herz an die Kaninchen vergeben. Senior Horst, der 1964 für zwei Jahre nach Australien ging und dort als Preisboxer sein Geld verdiente, kaufte sich nach seiner Rückkehr auf dem Hamburger Fischmarkt für acht Mark sein erstes Kaninchen – einen Deutschen Widder. „Oma hat ihn gleich geschlachtet, das hat mich erschreckt“, erzählt Rohwetter, der bis zu seiner Rente 35 Jahre als Lackierer bei derselben Firma gearbeitet hat. „In Langenhorn gab es damals einen Kaninchenzuchtverein, da bin ich gleich eingetreten.“

Ehefrau Inge, mit ihm seit 51 Jahren verheiratet, gründete bei Fortuna U51 eine Frauengruppe und ist heute noch Kassenwartin. Sohn Ingo, ebenfalls Kaninchenzüchter, soll einmal den Vereinsvorsitz übernehmen.

Oft reden die Mitglieder, wie zuletzt während des Sommerfestes im Garten von Horst Rohwetter in Kisdorf, von früheren Zeiten. Lothar Fickler, seit 1967 Züchter, seit 1971 als Preisrichter bei Kaninchenschauen im Einsatz, gerät ins Schwärmen: Im Jahr 1985 gewann ein weißes Hotot-Kaninchen aus seiner Zucht in Herning (Dänemark) die Europameisterschaft.

Bernd Lücke züchtete mit einem Kleinchinchilla einen Bundesmeister, Horst Zukowski, Horst Lücke, Horst Rohwetter, Oskar Ernst und Gerhard Klug brachten Bundessieger heraus. Dazu kamen zahlreiche Klassensieger und Landesmeister.

Die Besucherzahlen bei Ausstellungen gehen seit Jahren zurück. Das zeigte auch das Ergebnis der 46. Alster-Nord-Schau Mitte August im Schützenhaus der Beckersberg-Gilde in Henstedt-Ulzburg, bei der Züchter aus dem Kreis Segeberg etwa hundert Kaninchen ausgestellt hatten.

Ein weiteres Problem macht den Züchtern in Deutschland und den benachbarten Ländern seit einiger Zeit zu schaffen. Wie früher die Pest breitet sich seit fünf Jahren eine fast immer tödlich endende, aus Italien eingeführte Darmerkrankung in den Kaninchenställen aus: die Enterocolitis. Es gibt keine Bekämpfungsmittel gegen diese Seuche. Auch Lothar Fickler hat es erwischt: „Zwölf Kaninchen sind in diesem Jahr in meinem Stall an dieser Krankheit gestorben“, klagt er.

Der Kaninchenzuchtverband ist ratlos. 200.000 Euro hat er bei den deutschen Züchtern eingesammelt. Mit diesem Geld soll nach einem Impfstoff gegen die Krankheit geforscht werden. Ein Ergebnis gibt es noch nicht.

Horst Rohwetter, der Vorsitzende von Fortuna U51, hat Glück gehabt. „Meine Kaninchen sind gesund“, sagt er. „Man muss ihnen nur das richtige Futter geben.“ Wann er den Vereinsvorsitz einmal an seinen Sohn Ingo abgeben wird, das verrät er nicht: „Vorerst macht mir die Vorstandsarbeit noch viel Spaß“, beteuert er.

Die Mitglieder bei Fortuna U51 opfern viel Zeit für ihr größtes Hobby, aber manchmal nehmen sie auch das Gewehr in die Hand. Nicht, um ihre Kaninchen abzuschießen, sondern weil sie beim alljährlichen Schützenfest der Gilde Beckersberg Ehre für ihren Club einlegen wollen. Dieses Mal wurde der Vereinspokal zu einem Triumph für Fortuna U51: Inge Rohwetter war im Kleinkaliberschießen (fünf Schüsse) mit 48,7 Ringen die beste Schützin, Schwiegertochter Tanja (44,4), Sohn Ingo (43,2) und Ehemann Horst (42,9) rangierten hinter ihr. Der Siegerpokal erhält neben den vielen Pokalen aus der Kaninchenzucht einen Ehrenplatz.

Am kommenden Montag stellen wir Ihnen den Chorverein Chorus Mind aus Norderstedt vor. Alle Folgen der Serie finden Sie im Internet.

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