Holsteiner Jungzüchter betreuen Springpferde von klein auf. Jeder, der Pferde mag, kann sich in dem Verein engagieren. Unterhaltskosten machen das Hobby recht teuer.

Kreis Segeberg. Marc Horns steht in der Mitte der großen, mit Sand gefüllten Halle. Eine lange Gerte ist in seiner rechten Hand, der Blick seiner klaren Augen verfolgt Cederic, der auf der einen Seite der Halle entlang stürmt, dann abrupt bremst und dasselbe noch mal in die andere Richtung macht. Doch dann geht es los, Cederic nimmt Fahrt auf, Horns folgt ihm, beobachtet genau. Vor Cederic stehen zwei Hindernisse. Das Pferd hebt ab, fliegt über die ersten Barken hinweg, setzt auf und springt sogleich über die zweite, höhere Barke hinüber. Der Boden bebt, als die knapp 450 Kilogramm auf dem Boden aufsetzen. Marc Horns lächelt. Alles ist perfekt verlaufen, Cederic ist in Form.

Marc Horns ist Mitglied im Verein der Holsteiner Jungzüchter. Beinahe ständig kümmert sich der junge Mann, der Beisitzer im Segeberger Vereinsvorstand ist, in Bredenbeckshorst um die Holsteiner Pferde, die der Verein dort züchtet, aufzieht und trainiert. Das Ziel eines jeden Pferdes: So gut zu werden, dass es eines Tages an Springreiter-Turnieren teilnehmen kann. "Das schaffen natürlich nicht alle Pferde", sagt Horns. "Einige der Holsteiner können nach ein paar Jahren Training besser springen als andere. Das ist halt so", sagt er. Wie beim Menschen auch. Nicht jeder kann Sprinten wie ein Olympionike. Wenn es ein Holsteiner nicht zum Turnierpferd schaffe, sei das daher auch kein Beinbruch. Es steht den Vereinsmitgliedern dann für das Freizeitvergnügen zur Verfügung, etwa einem leichten Ausritt. Und außerdem stehe der Spaß am Hobby vor dem sportlichen Erfolg.

Das sehen auch Lara Harm und Yvonne Domeyer so. Sie sind zu dem Verein gekommen, weil sie Spaß bei der Arbeit mit Pferden haben wollten, sich aber nicht einfach nur auf den sportlichen Aspekt konzentrieren wollten. Mit vier Jahren hatte Lara mit dem Reiten angefangen und trat damit in die Fußstapfen ihrer Mutter, die ein Pferd hat. Bei Yvonne Domeyer ist die Faszination für Pferde durch den Großvater entstanden, der selbst Pferdezüchter ist. Bei der Pferdezucht, so sagen die beiden Mädchen, sei das Interessante, dass man die Entwicklung des Pferdes Stück für Stück verfolgen könne, dass die Vereinsmitglieder lernen, Verantwortung zu übernehmen und die richtigen Lehren aus ihren eigenem Verhalten und dem des Pferdes zu ziehen.

"Anders als andere Vereine, die mit Pferden zu tun haben, wird hier sehr viel Augenmerk auf die Aufzucht, Pflege und Entwicklung von Pferden über mehrere Generationen gelegt", sagt Ilka Kuhrt, Vereinsvorsitzende der Holsteiner Jungzüchter im Kreis Segeberg. Jeder, der in dem Verein sei, lerne, das Wesen der Pferde, die Körperhaltung, den Charakter der Tiere von Grund auf kennen. "Wer sich mit der Pferdezucht auseinandersetzt, der kann ein Pferd recht genau einschätzen und wird es auch nie überfordern", sagt die 26-Jährige. Es sei eine Arbeit, die zwar zeitintensiv sei, diesen Zeitaufwand aber wert sei. Bis zu fünf Tage die Woche wird von den Vereinsmitgliedern die Dressur der Holsteiner betrieben, an einem Tag werden Sprünge geübt, ein Tag ist komplett zum Entspannen vorgesehen.

Reiten muss übrigens niemand bei dem Verein können. "Das kann jemand hier zwar lernen, aber bei der Pferdezucht kommen wir auch gut ohne Reitkenntnisse aus. Das ist bei den Springreitvereinen natürlich anders", sagt Kuhrt. Wichtig sei, dass jeder, der mitmachen will, Spaß an der Sache hat und sich wirklich für Pferde interessiert. Denn noch vor den Sprungübungen steht die Zucht erfolgreichen Nachwuchses auf der Agenda des Vereins. Also die Wahl der richtigen Stute für eine Paarung, die Pflege und Ernährung des Tieres und Erziehung, auf dass die kommende Generation mindestens genauso gut und gesund ist wie die vorherige.

"Es gibt viele wichtige Aspekte, die man erlernen muss. Es muss auch wirklich Fachwissen angeeignet werden", sagt Kuhrt. Daher werden immer wieder Tierärzte und Experten aus dem Bereich der Pferdezucht für Fachvorträge eingeladen. Diese würden dann anschaulich erläutern, worauf bei der Ernährung der Tiere zum Beispiel geachtet werden muss. Oder welche besonderen Körpermerkmale bei einzelnen Pferden zu erkennen seien und was diese Besonderheiten für die weitere Entwicklung eines Pferdes bedeuten.

"Für uns ist es beispielsweise wichtig, zu erkennen, ob eine Fehlstellung der Beine bei einem Pferd angeboren ist, ob es also genetisch bedingt ist, oder ob dies Folge einer nicht optimalen Aufzucht des Pferdes ist", sagt Kuhrt. In ersterem Fall könne das Problem über die Zucht angegangen werden. In letzterem Fall, indem die Dressur und Pflege der Pferde optimiert wird oder aber indem bestimmte Muskelpartien gezielt trainiert werden.

"Wenn frühzeitig eine Fehlstellung, etwa O-Beine festgestellt werden, kann noch ein wenig korrigierend eingegriffen werden. Daher ist es wichtig, dass wir den Körperbau der Tiere verstehen und die Zusammenhänge etwa zwischen Größe, Gewicht und Bewegung erkennen", so die Vereinsvorsitzende. Eine deutliche Fehlhaltung lasse sich aber auch mit noch so viel Sachkenntnis nicht mehr beseitigen. Dann müssen Züchter und Pferd lernen, wie bestimmte Schwächen vielleicht anderweitig kompensiert werden können. "Es muss auch nicht jedes Pferd ein perfektes Sprungpferd sein. Das wäre auch etwas langweilig, wenn alles sofort nach Wunsch klappe", meint Kuhrt.

Überhaupt müsse ein Pferdezüchter Geduld aufbringen, denn die Ausbildung der Springpferde beginne ab dem dritten Lebensjahr. Dann dauert es, je nach Pferd, bis zu eineinhalb Jahren, bis das Pferd soweit dressiert ist, dass es von sich aus den Parcours erkennt und mit Freude meistert. Noch länger dauert die Arbeit der Züchter an sich selbst, um eines Tages ein guter Züchter zu werden. "Bis man ein Pferd richtig, ich sage mal, lesen kann, da vergehen schnell bis zu zehn Jahre", sagt Marc Horns. Und wer nach zehn Jahren richtig gut in seinem Fach ist, der hat es dennoch nicht leicht, das Hobby zum Beruf zu machen. "Pferdezucht ist etwas, wovon einige glauben, dass es ein gutes Geschäft ist. In der Realität sieht es so aus, dass vielleicht 20 Züchter in ganz Schleswig-Holstein von der Pferdezucht leben können. Alle anderen finanzieren ihren Unterhalt mit einem anderen Job", sagt Horns.

Die Pferdezucht ist nur ein Zubrot - auch wenn ein Pferd im Verkauf bis zu 30.000 Euro einbringen kann. "Dem muss man aber entgegensetzen, welche Kosten mit der Aufzucht entstehen. Das Futter, der Tierarzt, die Stallungen, das muss alles bezahlt werden", sagt er. Und zudem würde nur ein kleiner Bruchteil der Pferde hohe Erlöse einbringen. "Einen Holsteiner gibt es bereits ab 500 Euro, ist also zumeist recht erschwinglich", sagt Ilka Kuhrt. Die monatlichen Unterhaltskosten sind das, was das Hobby für manche recht teuer macht. Etwa 320 Euro sind dafür fällig.

Der Verein greife dafür im Gegenzug den Züchtern aber gut unter die Arme. Die Mitgliedschaftskosten sind gering, ein eigenes Pferd zu haben, ist kein muss. "Wir wollen, dass möglichst viele die Angebote nutzen können", sagt Kuhrt. Bislang scheint das Konzept aufzugehen, denn in den 19 Jahren seines Bestehens hat der Segeberger Vereinszweig bereits 80 Mitglieder für sich verbuchen können. Die meisten Vereinsmitglieder sind zwischen 40 und 50 Jahre alt, aber auch viele Kinder sind begeistert dabei. So wie Lara Harm und Yvonne Domeyer. Dass viele andere in den kommenden Jahren noch dazukommen werden, dessen sind sich die Pferdeliebhaber sicher.

Kommenden Montag stellen wir den Kaninchenzuchtverein "Fortuna U 51" aus Henstedt-Ulzburg vor. Alle Folgen der Serie finden Sie im Internet.

abendblatt.de/themen/meinvereinnorderstedt/