Nach der Modernisierung ihrer Häuser am Fasanenweg können sich etliche Bewohner die Miete nicht mehr leisten. Verdrängung von Mietern durch Modernisierung nimmt offenbar bundesweit zu.

Norderstedt. Hübsch modern, in strahlendes Rot getüncht, mit schicken Penthouse-Wohnungen unter dem nagelneuen Dach und Beach-Volleyball-Anlage im Vorgarten - die in den 60er-Jahren entstanden ehemaligen Rotklinker-Wohnblocks am Fasanenweg in Norderstedt sind nach der fast zwei Jahre dauernden Sanierung nicht wiederzuerkennen. Doch die Freunde darüber währte bei den etwa 110 Altmietern in den Blocks nicht lange. Denn jetzt präsentiert der Vermieter die Rechnung für die energetische Sanierung der Gebäude. Saftige Mieterhöhungen von über 200 Euro und mehr stehen an.

Für eine 69-Quadratmeter-Wohnung, die bis dahin 446 Euro Nettokaltmiete gekostet hatte, soll die Miete zum 1. September auf 650 Euro monatlich steigen. Eine Mietsteigerung von über 45 Prozent, bei der vielen Altmietern die finanzielle Puste ausgeht. Etliche Wohnungen in den Blöcken stehen schon leer, die Mieter haben sich längst günstigeren Wohnraum gesucht.

Doch nicht alle Mieter akzeptieren die Verdrängung aus ihrem angestammten Viertel durch die Modernisierung ihres Wohnhauses. Etwa 40 sind im Mieterverein Norderstedt organisiert. Der Vereinsvorsitzende Kurt Plagemann möchte für sie eine Reduzierung der Mieterhöhung erreichen. "Die Häuser am Fasanenweg sind ein drastisches Beispiel für die sozialen Folgen, die die gegenwärtige Rechtslage in den Quartieren anrichtet", sagt Plagemann. Frau Merkel fordere CO2-Reduzierung mit allen Mitteln, und am Ende müsse der Mieter die Kosten dafür tragen. "Und finanzschwache Rentner und Geringverdiener werden zusehends aus ihren Häusern verdrängt", sagt Plagemann.

Rein rechtlich darf der Grundeigentümer jährlich 11 Prozent der energetischen Modernisierungskosten auf die Mieter umlegen. Am Fasanenweg habe der Aufwand laut Mieterverein bei 3.749.000 Euro gelegen, monatlich könnte der Vermieter, die Grundstücksverwaltungs- und Projektentwicklungsfirma Bruhns aus Hamburg, für eine 69-Quadratmeter-Wohnung 306,60 Euro mehr verlangen. In einer Mitteilung an die Mieter informierte Bruhns, dass man deutlich unter dem gesetzlich zulässigen Rahmen bleiben wolle, weil man sich der hohen Belastung für die Mieter bewusst sei. Doch über 200 Euro mehr im Monat für eine kleine Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung sind eben kein Pappenstiel. Eine Rentnerin, die seit über 14 Jahren am Fasanenweg lebt und unerkannt bleiben möchte: "Ich kann das nicht bezahlen. Ich habe mich schon in Langenhorn nach einer neuen Wohnung umgeschaut." Gerne weg will sie natürlich nicht. "Ich mag die Häuser und das Viertel, meine Tochter wohnt hier auch." Doch ihre kleine Rente lässt ihr keinen Spielraum. Ein Nachbar, ebenfalls Rentner und seit zwei Jahrzehnten Mieter am Fasanenweg: "Für mich wird es finanziell eng, wenn die Miete so steigt. Viele Nachbarn sind schon weg, ihre Wohnungen stehen leer. Ich frage mich, ob die ganzen umgeschlagenen Kosten wirklich nur für die energetische Sanierung drauf gegangen sind."

Das ist der Punkt, an dem Kurt Plagemann vom Mieterverein ansetzt. "Der Vermieter hat auf die Blocks Staffelgeschosse mit über 30 Penthouse-Wohnungen aufgesetzt. Wir werden prüfen, ob Kosten für diese Maßnahme mit Kosten für die energetische Sanierung vermischt wurden." Der Verein hat erreicht, dass zunächst bis März 2014 die Mieten für seine Mitglieder nicht steigen dürfen. "In dieser Zeit arbeiten wir uns durch alle Belege für die Sanierung und wollen eine Reduzierung der Mieterhöhung erreichen", sagt Plagemann. Aus seiner Sicht seien die neuen Mieten deutlich überzogen. Der Quadratmeter-Preis steige von bisher 6,46 Euro auf 9,41 Euro - weit über das hinaus, was die Wohnung nach dem Norderstedter Mietenspiegel wert wäre. Der Höchstwert liege dort laut Plagemann bei 7,52 Euro. "Diese Mieterhöhung wird auch nicht durch die eingesparten Energiekosten kompensiert." Die lägen nach seinen Erfahrungen bei selten mehr als 50 Cent je Quadratmeter Wohnfläche.

Die Verdrängung von Mietern durch Modernisierung nimmt bundesweit zu, sagt Plagemann. Und das auf einem Wohnungsmarkt, auf dem immer mehr öffentlich geförderte Wohnungen aus der Mietpreisbindung fallen und immer weniger geförderte Wohnungen gebaut werden. "Der Bundesgesetzgeber ist aufgefordert, die Umlage von 11 Prozent der Modernisierungskosten ersatzlos abzuschaffen", sagt Plagemann. Und falls das nicht zu machen ist, sollte zumindest über eine Drittelung der Kosten zwischen Bund, Mieter und Vermieter nachgedacht werden. Plagemann: "Wir sind für die Modernisierung und die energetische Sanierung. Aber die Miete muss sich - zum Beispiel mit einem Zuschlag - aus dem Mietenspiegel ergeben, damit überzogene Modernisierungskosten nicht zu einer Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete führen."