Vier Mitarbeiter entlassen, 54 Mitglieder rausgeworfen, Hausverbot erteilt - Dienstag tagt der Zweckverband

Henstedt-Ulzburg . Der Vorstand des Tierschutz Westerwohld e.V. hat 54 seiner insgesamt etwa 400 Mitglieder aus dem Verein ausgeschlossen und ihnen Hausverbot erteilt. So reagierte das Vorstands-Quartett um Tierheimleiterin Sylvia Rückert auf den Antrag einer Gruppe von "Rebellen", eine außerordentliche Versammlung einberufen zu wollen.

Auf dieser Versammlung sollte die Vereinsvorsitzende unter anderem Rechenschaft über ihre umstrittene Personalpolitik ablegen. Innerhalb weniger Wochen waren zuvor hochgelobte Mitarbeiter entlassen worden: Tierärztin Stefanie Reimer-Diesbrock, Tierarzthelferin Verena Wesemann, Stationsleiterin Katja Vogel und Tierhelferin Kristin Janssen.

Zwei Vorstandsmitglieder hatten schon vorher die Segel gestrichen: Volker Mariak, bisher Sylvia Rückerts engster Vertrauter, und Kassenwart Rainer Maerz. Dafür stellte Rückert den Hunde-, Zucht- und Leistungsrichter Prof. Dr. Timo Haupt als 2. Vorsitzenden ein.

"Ich habe Frau Rückert eindringlich vor einer weiteren hauptamtlichen Neueinstellung gewarnt, denn wir haben dafür kein Geld", sagt Rainer Maerz, der Ende Juni aus "persönlichen Gründen" gekündigt hatte.

In dem Antwortschreiben des Vorstandes an die Kritiker, das dem Abendblatt vorliegt, heißt es: "Es liegt ein Antrag vor, in welchem dem Vorstand Amtsmissbrauch und Schädigung des Vereins vorgeworfen wird. Ebenfalls wird die sofortige Absetzung des aktuellen Vorstandes und die sofortige Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses der Tierheimleiterin Sylvia Rückert gefordert." Die Vorwürfe seien nicht nur infam, sondern erfüllten auch diverse Straftatbestände. "Ein Antrag auf Strafanzeige gegen alle Unterzeichner des Schreibens liegt zur Bearbeitung bei der Rechtsvertretung des Vereins und wird an die zuständige Staatsanwaltschaft weitergeleitet", heißt es weiter.

"Ich vermag mir keine Vorwürfe vorhalten zu lassen, widerspreche daher dem Ausschluss dem Grunde nach." So schrieb der pensionierte Rechtsanwalt Rainer Maerz in typischem Juristen-Deutsch in einer E-Mail an den Tierschutz Westerwohld. "In Anbetracht des Verhaltens des Vorstandes lege ich keinen Wert auf Fortsetzung der Mitgliedschaft." Maerz, seit 2010 Kassenwart, hatte sich schon seit einiger Zeit gewundert, dass "ich keinen Zugang zu den Vereinskonten hatte. "Ich wusste nicht einmal, wo die Tageskasse aufbewahrt war."

Auch die entlassenen Mitarbeiterinnen haben Hausverbot. Katja Vogel, fest angestellt, hat ihren Anwalt eingeschaltet: "Mir ist nicht fristgerecht gekündigt worden, mir steht noch ein weiteres Monatsgehalt zu." Auch Kristin Janssen, versehen mit einem 450-Euro-Job, seit mehreren Wochen wegen eines im Tierheim erlittenen Hundebisses krankgeschrieben, hat Einspruch erhoben. "Ich bekomme noch 2200 Euro." In den Rauswurf-Strudel wurde auch eine Rentnerin aus Ulzburg-Süd gezogen, die sich seit 15 Jahren ehrenamtlich um Hunde des Tierheims kümmert. Seit mehr als einem Jahr sorgt sie für Puuh Bär, einen zwölf Jahre alten, an Hodenkrebs erkrankten Mischlingshund. Für diesen Patenhund zahlt sie zusätzlich zum Mitgliedsbeitrag 25 Euro im Monat.

"Ich bin seine engste und wohl erste wirkliche Bezugsperson in seinem Leben. Er winselt, wenn ich weggehen muss und drängt sich zwischen mich und die Tür, wenn er meint, dass ein Abschied naht. Jetzt darf ich vielleicht gar nicht mehr kommen. " Margot Janekes Pech: Auch sie hat den Antrag unterschrieben. Als sie ihren "Puuh Bär" letzte Woche besuchte, rief Sylvia Rückert die Polizei. Der Streifenwagen kam, zwei Beamte hielten Rücksprache im Büro, wiesen die Tierfreundin wegen angeblichen Hausfriedenbruchs vom Gelände und klärten sie über eventuelle juristische Folgen auf. "Mir ist das egal", sagt die Rentnerin. "Ich werde, wenn ich in der Polizeiwache zur Anhörung erscheinen muss, alles sagen, was ich weiß."

Am 20. August, 15 Uhr, findet im Rathaus, Zimmer 1.22, die obligatorische Versammlung des Zweckverbandes Fundtiere Segeberg-West statt. Die "Rebellen" wollen sich beim Tagesordnungspunkt 15 (Einwohnerfragestunde) zu Wort melden. Auch Katja Vogel, Kristin Janssen, Margot Janeke und Rainer Maerz wollen erscheinen.

Vereinsvorsitzende und Tierheimleiterin Sylvia Rückert will zunächst kein Stellung zu den Vorwürfen und Vorgängen im Verein nehmen. Aber der bisherige stellvertretende Vereinsvorsitzende Volker Mariak wirft ein anderes Licht auf das Geschehen. Er sei zwar am 27. Juli von seinem Vorstandsposten zurückgetreten, habe jedoch keine Differenzen mit der Vorsitzenden gehabt. "Ich kann die Vorwürfe gegen Frau Rückert nicht nachvollziehen." Der promovierte Kriminologe Mariak will zum jetzigen Zeitpunkt wegen des schwebenden Verfahrens nicht ins Detail gehen, aber er sagt: Die Kündigungen der Mitarbeiter seien wegen Fehlverhaltens nachvollziehbar. Es sei nicht korrekt gearbeitet worden. Seinen eigenen Rücktritt begründet er so: "Das Vertrauensverhältnis zu einigen Vereinsmitgliedern ist zerrüttet, ich habe keinen Rückhalt mehr verspürt." Volker Mariak hält das Tierheim für voll arbeitsfähig.

Klaus Brakel, Bürgermeister von Nützen und kommissarischer Vorsitzender des Zweckverbandes Fundtiere Segeberg West, will erst eingreifen, wenn die Arbeit erkennbar leidet. Eine öffentliche Diskussion während der Verbandsversammlung am Dienstag lehnt er ab. Während der Versammlung wird ein neuer Verbandsvorsteher als Nachfolger von Torsten Thormählen gewählt. Er lässt das Amt seit seiner Suspendierung als Bürgermeister von Henstedt-Ulzburg vor 18 Monaten Ruhen lassen. Klaus Brakel selbst will nicht kandidieren.