Henstedt-Ulzburgs suspendierter Bürgermeister erhält bei der Einwohnerversammlung donnernden Applaus. Die erste Überraschung lieferte der suspendierte Bürgermeister selbst mit seinem Erscheinen.

Henstedt-Ulzburg. Der erste öffentliche Auftritt des suspendierten Henstedt-Ulzburger Bürgermeisters seit März 2012: Donnernder Applaus von rund 500 Besuchern, eine Rede, in der Torsten Thormählen alle Schuld von sich weist und die Empfehlung gibt, ihn abzuwählen - die Einwohnerversammlung im Bürgerhaus war gewürzt mit vielen Überraschungen.

Die erste Überraschung lieferte der suspendierte Bürgermeister selbst mit seinem Erscheinen: Er kam mit Ehefrau Alexandra. Beide betraten das Gebäude Hand in Hand, beide verließen es Hand in Hand. Zwischen Auf- und Abtritt des Bürgermeisters gab es erstaunliche Bekenntnisse. In seiner Rede wies Thormählen zunächst darauf hin, dass die Vorwürfe der Bestechlichkeit und Untreue von Anfang an zu Unrecht bestanden hätten, das Verfahren in diesen Punkten mangels Tatverdacht eingestellt worden sei. Jetzt gehe es um die Beschuldigung des Betruges, weil er seine Nebeneinkünfte nicht ordnungsgemäß angezeigt und abgeführt haben solle, so Thormählen.

"Ich habe meine Nebentätigkeit bei der Stadt Norderstedt korrekt angezeigt", sagte Thormählen. "Auch die Gemeine Henstedt-Ulzburg hatte Kenntnis von meiner Nebentätigkeit." Er schränkte aber ein: "Ich habe allerdings meine Beratertätigkeit nach meinem Dienstantritt als Bürgermeister von Henstedt-Ulzburg am 1. Juli 2010 nicht erneut angezeigt, weil ich bereits nach wenigen Wochen erkannt habe, dass ich diese Tätigkeit aus zeitlichen Gründen nicht mehr neben der Tätigkeit als Bürgermeister leisten kann und habe diese einvernehmlich zum 31. Dezember beendet." Torsten Thormählen verwies auf die Expertise "einer renommierten Anwaltskanzlei für Verwaltungsrecht", die eine Abführungspflicht in seinem Fall "ausdrücklich verneint".

Alle Fraktionen wollen an Thormählens Suspendierung festhalten

Der suspendierte Bürgermeister bekräftigte, dass er sich zu Unrecht beschuldigt fühle, gleichwohl wolle er nicht darum werben, gegen eine Abwahl zu stimmen. "Denn sie haben aus meiner Sicht gar keine andere Wahl, als mich abzuwählen." Thormählen geht davon aus, dass eine gescheiterte Abwahl für die Gemeindevertretung kein Anlass sei, die Suspendierung zurückzunehmen. Für seine Rede bekam Torsten Thormählen starken Applaus, der sich fast eine Minute lang hinzog.

In seiner Einschätzung hatte der suspendierte Bürgermeister recht - und das war für viele Besucher der Versammlung eine Überraschung: Egal, wie die Wahlberechtigten am 22. September entscheiden - der Bürgermeister wird nicht wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehren. Denn alle Fraktionen der Gemeindevertretung erklärten übereinstimmend, auch dann an der Suspendierung festhalten zu wollen, wenn Thormählen nicht abgewählt wird. Diese Aussage veranlasste einen Besucher der Einwohnerversammlung zu dieser Feststellung: "Sie werden sich also über die Volksmeinung hinwegsetzen."

Bürgervorsteher Uwe Schmidt, CDU, hatte zu Beginn der Versammlung eine gemeinsame Erklärung der Ratsfraktionen verlesen, die in dem Appell an die Wahlberechtigten gipfelte, "im Interesse und zum Wohl der Gemeinde durch Abwahl des Bürgermeisters den Weg freizumachen für eine Wiederbesetzung der Stelle". Die Gemeinde sei auf einen Neubeginn im Amt des Bürgermeisters durch eine neue Persönlichkeit dringend angewiesen."

Thormählen wird sich nicht wieder als Bürgermeister bewerben

In persönlichen Statements wiesen die Vertreter aller Ratsfraktionen anschließend darauf hin, dass eine Zusammenarbeit mit Torsten Thormählen politisch nicht mehr möglich sei. Es sei unmöglich, dass ein Bürgermeister, auf dem ein so großer Schatten liege, weiterhin Repräsentant der Gemeinde sei.

Torsten Thormählen selbst schloss es auf Nachfrage kategorisch aus, sich wieder für den Posten des Bürgermeisters in Henstedt-Ulzburg zu bewerben, falls er abgewählt werden sollte.

Büroleitender Beamter Jens Richter rechnete vor, was eine Abwahl des Bürgermeisters für die Gemeindefinanzen bedeutet: Thormählen bekäme noch drei Monate lang seine vollen Bezüge, dann 71,5 Prozent seines Gehaltes bis zum Ende der Wahlzeit am 31. Juli 2018 - rund 350.000 Euro. Die Neubesetzung der Stelle werde nach der Abwahl etwa sechs Monate in Anspruch nehmen.