Der Norderstedter KBA führt eine in Norddeutschland einzigartige Motorrad-Rettungsstafel ein. So sollen Rettungskräfte noch schneller zu den Unfallorten gelangen.

Norderstedt. Früher waren die Feldjäger der Bundeswehr mit den Maschinen unterwegs, jetzt fahren die Retter des KBA damit. Die Norderstedter Hilfsorganisation hat zwei Motorräder in Dienst gestellt, die im Katastrophenschutz und beim Sanitätsdienst eingesetzt werden sollen. Retter auf dem Motorrad - das gab es im Norden noch nie.

Sechs Fahrer stehen für Einsätze bereit und werden eine Staffel bilden. Die Fahrzeuge vom Typ BMW R1200 RT sind mit Martinshorn, Blaulicht und einer Ausrüstung für medizinische Notfälle ausgestattet. Die Zweizylinder-Viertakt-Boxermotoren der Zweiräder haben 1170 Kubikzentimeter Hubraum, leisten 110 PS und schaffen eine Höchstgeschwindigkeit von über 200 Kilometer pro Stunde. Die Idee, für ehrenamtliche Retter eine Motorradstaffel zu bilden, kam KBA-Chef Michael Vollmer, als BMW Hilfsorganisationen preisreduzierte Maschinen anbot. Der Bund hatte die Fahrzeuge nach dem Ende der Leasingdauer abgegeben. Mehrere Organisationen im Landesverband Privater Rettungsdienste in Norddeutschland nutzten das Angebot, auch der KBA gehörte dazu.

Die sechs Fahrer bilden eine Staffel und werden gerufen, wenn Beweglichkeit und Schnelligkeit gefragt sind. Wo die großen Fahrzeuge kaum durchkommen, zum Beispiel bei Radrenn- oder Laufveranstaltungen, sind die Motorräder ein flexibles Einsatzmittel.

"Wenn jemand Hilfe braucht, müssen sich die großen Autos den Weg durch die Menschenmassen bahnen", sagt Vollmer, dessen ehrenamtliche Mitarbeiter nahezu jedes Wochenende bei Großveranstaltungen für den Sanitätsdienst sorgen. "Motorräder brauchen weniger Raum und sind beweglicher", sagt Vollmer. Ein weiterer Vorteil: Bei Sportveranstaltungen beeinträchtigen Motorräder bei einem Einsatz an der Strecke den Wettkampf weniger als ein Auto, weil es weniger Platz benötigt. Im Notfall kann das Motorrad auch von zwei Helfern besetzt werden - zum Beispiel dann, wenn der Rettungsassistent und Fahrer einen Notarzt mitnehmen muss.

Vollmer hält Motorräder auch bei Einsätzen der KBA-Katastrophenschutzeinheit für sinnvoll. Die Maschinen sorgen im Ernstfall für Mobilität, um beispielsweise Fachpersonal schnell an bestimmte Orte zu bringen. Einen Einsatz im regulären Rettungsdienst lehnt der KBA-Chef jedoch ab. "In dem Bereich sind wir gut ausgestattet", sagt er. Er hält es aber für denkbar, mit den Motorrädern eilige Transporte von Medikamenten zu übernehmen, die von einer Zentralapotheke dringend an ein Krankenhaus geliefert werden müssen.

Ein kleines Problem tauchte auf, als die KBA-Mitarbeiter Jens Berlin, 37, und Patrick Gerdau, 24, zum ersten Mal mit den 350 Kilo schweren Fahrzeugen vom Typ BMW fuhren, um ihnen in einer Fachwerkstatt das KBA-Design verpassen zu lassen. "Als wir vor einigen Tagen in zivil mit den Maschinen zur Beklebung fuhren, wurden wir von der Polizei angehalten", berichtet Berlin. Dass zwei "Zivilisten" mit Motorrädern unterwegs waren, an denen Blaulicht und Martinshorn installiert sind, kam den Polizisten merkwürdig vor, doch nach einer ausführlichen Erklärung ließen sie die KBAler fahren.

Der Norderstedter Patrick Gerdau arbeitet seit drei Jahren beim KBA und hat mit seinem neuen Dienstfahrzeug ein Fahrsicherheitstraining absolviert. Berlin hat bereits Erfahrungen mit großen Motorrädern. "Meine Suzuki ist genauso schwer wie die KBA-Maschine. Daher habe ich damit keine Probleme", sagt er. Jeder, der auf die BMW steigen will, muss Erfahrung als Motorradfahrer nachweisen und eine Schulung besuchen.

Zehn Kilogramm Zuladung sind pro Seitenkoffer bei den drei Jahre alten Krafträdern zugelassen. "Das reicht für das wichtigste Material, wie bei einem Rettungswagen", sagt KBA-Sprecher Florian Gottschalk.

Auch ein AED wird auf die Motorräder montiert. Die Abkürzung steht für Automatisierter Externer Defibrillator. Das Gerät gibt Stromstöße ab und wird bei Wiederbelebungen eingesetzt, um das Herz wieder zum Schlagen zu bringen.

Auch andere Organisationen in Norddeutschland sind demnächst mit Motorrädern für den Notfall unterwegs. "Ein überregionales Projekt", sagt Vollmer, der noch ehrenamtliche Retter sucht, die in der Staffel mitarbeiten wollen. Informationen beim KBA unter Telefon 040/529 00 30.