Nach nur 14 Monaten wird der Pachtvertrag mit dem Wirt der Vereinsgaststätte am Ochsenzoll beendet. Die Stammgäste zeigen sich geschockt vom jähen Ende.

Norderstedt. Als Wirt Christoph Sens, 50, am 22. Mai 2012 bei der Eröffnung des "Anno 1887", der neuen Vereinsgastronomie des HSV am Ochsenzoll, das erste Bier zapft, bezeichnet er sich noch im Scherz als "der Wahnsinnige, der den Job hier angenommen hat". 14 Monate später stellt sich heraus, dass er mit der Einschätzung seiner Situation damals nicht ganz falsch lag. Der Hamburger Sportverein hat den Pachtvertrag mit Sens beendet. Die erste Pleite im schicken Vereinshaus in Norderstedt.

Ob eine zu hohe Miete den Wirt erdrückt hat, ob das Konzept von Sens nicht ankam, ob es nicht ausreichend Gäste aus den Vereinssparten gab, die die nötigen Euro in die Kassen gespült haben - darüber möchte Oliver Scheel, der für die Belange der Vereinsmitglieder beauftragte HSV-Vorstand, nicht reden. "Wir haben uns entschieden, das Pachtverhältnis mit Herrn Sens zu beenden. Und er hat das angenommen", sagt Scheel. Man dürfe davon ausgehen, dass elementare Vertragsinhalte nicht eingehalten wurden und dass der Pächter seinen Pflichten nicht nachgekommen sei, sagt Scheel. "Denn der HSV beendet so ein Pachtverhältnis nicht aus Jux und Tollerei. Uns ist doch auch an einer Kontinuität im Anno 1887 gelegen." Nicht bestätigen möchte Scheel, dass Sens seinen Miet-Zahlungen nicht mehr nachkommen konnte.

Es sei eine schwere Entscheidung gewesen, die keinen kalt gelassen habe, sagt Scheel. "Schließlich haben wir uns mit Christoph Sens im Vorfeld der Eröffnung des Anno 1887 lange auseinandergesetzt und das Konzept besprochen", sagt Scheel. Sens hatte es mit einer Mischung aus Dolce Vita und handfester Vereinsgastronomie versucht. Sein Koch Franco aus der Toskana zauberte raffinierte Antipasti sowie leckere Pasta und Pizza, zubereitet auch mal mit Trüffeln, mit Baby-Hummer oder Scampi. Im Sportheim, dem eigens für die Vereinsmitglieder geschaffenen Gastro-Bereich, gab es Toast Hawaii, die Curry-Wurst, Frikadelle und eine Bratkartoffelparade.

Stammgäste sind geschockt

Wer die Beileidsbekundungen seiner Gäste auf der Facebook-Seite des "Anno 1887" liest, bekommt den Eindruck, dass das Konzept bei nicht wenigen ankam. Die Stammgäste zeigen sich geschockt vom jähen Ende des Pachtverhältnisses. Sie loben das tolle Essen, den netten Service, schwärmen von privaten Festen, die sie dort gefeiert haben und dass sie sich nun "ohne Heimat" im Verein stehen. Manche ärgern sich, dass der HSV die Blockhütte von Rosemarie Augustin und den Lindenhof dicht gemacht hätte und nun auch noch mit dem "Anno 1887" baden gehe. "Unbegreiflich" und "peinlich" finden das die HSV-Mitglieder.

Ein Vereinsmitglied kritisiert, dass das "Anno 1887" zwar der richtige Weg sei, aber dass "eine Vereinsmitte anders gehe". Er hatte die "Frikadelle auf die Hand" vermisst. "Im Stehen und auch mal unangemeldet um fünf nach zehn." Und er fordert eine entsprechende niedrigere Pacht: "Dann muss auch nicht versucht werden, aus einem Clubheim einen Top-Italiener in Norderstedt zu etablieren."

Über das passende Konzept und die angemessene Pacht, darüber wird sich der HSV gemeinsam mit einem neuen Pächter in den kommenden Monaten Gedanken machen müssen. "Jetzt wollen wir nach vorne schauen und erst einmal gewährleisten, dass es auf der Anlage weitergeht", sagt Scheel. Voraussichtlich am Freitag soll ein "Übergangspächter" den Betrieb im "Anno 1887" wieder aufnehmen. Allerdings mit kleiner Karte. "Zunächst geht es darum, dass jeder Gast Getränke bekommt. Das ist eine Sportanlage, und bei diesem Wetter kann man auf schwere Gerichte sowieso verzichten", sagt Scheel.

Ob der Übergangsbetreiber eventuell auch eine langfristige Lösung für die Vereinsgastronomie am Ochsenzoll sein kann, dass kann Scheel nicht sagen. "Wir werden die Vergangenheit genau analysieren und uns den laufenden Betrieb anschauen. Dann werden wir beschließen, wie es im Anno 1887 weiter gehen soll."