Bettina Hagen und Michael Graf von Hochberg erzählen in ihrer Ausstellung auf Gut Pronstorf Geschichten in Bildern

Pronstorf. Angela Merkel lacht. Um gleich wider ernst und irgendwie resigniert zu gucken. Wahrscheinlich hat sie ihre Männerregierungsriege im Blick. Oder Peer Steinbrück. Bettina Hagen hat Deutschlands Dauer-Kanzlerin gemalt und fotorealistisch ebenso groß in Szene gesetzt wie Gustav Gründgens als Mephisto und Marcel Marceau in voller Pantomimen-Maske und ausdrucksstarker Geiger-Pose. Zu sehen sind diese Porträts zum Schleswig-Holstein Musik Festival in einer Gemeinschaftsausstellung mit Exponaten von Michael Graf von Hochberg im Kuhstall unter dem Konzert-Saal auf Gut Pronstorf hinter Bad Segeberg.

"Ich zeige Menschenbilder, Bilder für die Seele und Bilder für die Sinne", sagt Bettina Hagen. Zu ihren Porträts, in denen die Mode-Designerin die Charaktere mit sehr genauen Strich modelliert und konturiert, gehören auch Größen wie Goethe und Humboldt, Beethoven und die Brüder Grimm. "Ich gehöre zur Nachkriegs-Generation und kann das unendlich Böse, das in Deutschland geschehen ist, nicht verwinden", sagt Hagen. Daher will sie Menschen in ihren Porträts ein Denkmal setzen, die Gutes geleistet haben. "Gustav Gründgens habe ich als Mephisto gemalt, weil er mit Hitler paktiert, aber so auch jüdische Kollegen gerettet hat", sagt Hagen. "Ich schaffe mir mit diesem Bildern etwas, was mich mit Deutschland versöhnt", sagt die Hamburgerin.

Ihre Bilder für die Seele versteht sie als Bollwerk gegen das Böse. Reale Landschaften nehmen ihre Traumwelt auf. Grüne, baumreiche Landschaften öffnen sich in die Unendlichkeit, Sonnenschirme am Meer erzählen von trauter Zweisamkeit, und am Kreidefelsen trifft Caspar David Friedrich auf Claude Monet. Sehr plakativ sind ihre malerischen Appelle für gesundes Essen. Die prallen Obst- und Gemüse-Stillleben sind von ebenso starker Farbigkeit wie ihre übriges Oeuvre.

Für Michael Hochberg ist die Zeichnung das Maß allen bildnerischen Ausdrucks

Sind Bettina Hagens Exponate auf tiefrot gestrichenen Wänden platziert, so hängen die 50 Kreide-, Bleistift- und Kohle-Zeichnungen Michael Graf von Hochbergs auf Weiß und entfalten dadurch einmal mehr ihre suggestive Kraft, denn nur der Zeichenstrich und die damit verbundene Intention des Künstlers kommen wirkungsvoll zur Geltung. Für den Hamburger Künstler ist die Zeichnung das Maß allen bildnerischen Ausdrucks.

Denn sie zwingt zur Genauigkeit, zur Konzentration und erlaubt eine hohe Erzähldichte. Die Zeichnung verzeiht keine Fehler. Gleich zu Beginn zeigt Hochberg Selbst-Porträts, sozusagen als Visitenkarte. Er stellt sich einmal als nachdenklicher Zeichner vor, umgeben von Schmetterlingen, dann als Kämpfer im roten Kimono.

"Ich liebe die japanische Kunst, und so sind meine Arbeiten auch von ihr beeinflusst", sagt Hochberg. Seine Zeichnungen dienen ihm nicht als Material für Gemälde, sondern sind eigenständig. Wie die Japaner arbeitet er mit viel Leerraum, so dass der Blick direkt auf die Motive als Kern der Bilder gelenkt wird, während die Sujets ihrerseits durch den Leerraum eine Eigensprache entfalten.

Bei dem 69 Jahre alten Zeichner, der bei Lothar Walter an der Hamburger Kunstschule Alsterdamm studierte, stehen einmal Menschen im Vordergrund, beispielsweise als Halbakt, dann aber auch surreale Landschaften und Getier, Insekten und Vögel. "Die Insekten haben Bodensicht, die Vögel gucken nach oben, und damit will ich anregen, vertraute Sichtweisen zu verändern", sagt Hochberg. Apokalyptische Gedanken bestimmen Strich und Gestus, wollen auf die Zerstörung des Menschen durch den Menschen verweisen, teilweise mit bitterer Ironie. "In meinen Zeichnungen werden auch viele Verletzungen sichtbar", sagt Hochberg, der bereits mehrmals auf Gut Pronstorf mit einer Ausstellung präsent war.

Die Doppelausstellung Hagen und Hochberg ist bis 15. August zu sehen. Der Eintritt ist frei.