In der Bramstedter Innenstadt beginnt der Verkehrstest mit Tempo 20. Autofahrer müssen sich umorientieren

Bad Bramstedt . Wer mit dem Auto in der Bramstedter Innenstadt unterwegs ist, dem wird vielleicht ein abgewandeltes Bonmot des Komikers Loriot in den Sinn kommen: "Man muss schon sehr genau hinsehen." Tatsächlich erfordert die neue Verkehrsführung in der Mitte der Kurstadt jede Menge Aufmerksamkeit: Die Ampeln sind verhängt, die Fahrbahnen wurden verengt und das maximale Tempo auf 20 km/h reduziert.

Ein Jahr soll das Provisorium aus Baken, mobilen Verkehrsschildern und Fahrbahnverengungen bestehen bleiben. Dann will die Stadt prüfen, ob aus der Tempo-20-Zone eine Dauereinrichtung wird. Außerdem könnte die Regelung auf dem Bleeck als Vorbild für die Umgestaltung der nördlichen Innenstadt bis zur Maria-Magdalenen-Kirche inklusive Landweg und Maienbeeck dienen.

Rund 50.000 Euro kostet das Provisorium, das die Bramstedter Stadtverordneten mit klarer Mehrheit beschlossen haben - ein Bruchteil der Summe, die Bad Bramstedt für eine endgültige und optisch ansprechende Lösung ausgeben muss.

"Es wird langsamer gefahren", sagt der Bauamtsleiter

Der erste Eindruck: In der Innenstadt ist es leiser geworden. Die Fahrzeuge fahren langsamer. Bauamtschef Udo Reinbacher führt dieses Verhalten nicht nur auf das neue Tempolimit zurück, sondern auf eine erst langsam einsetzende Umgewöhnung der Autofahrer, die sich neu auf dem Bleeck orientieren müssen. "Es wird langsamer gefahren", sagt Reinbacher. "Auch aus Unsicherheit." Viele Autofahrer hätten noch das alte System im Kopf.

"Große Kritik" habe sich die Stadtverwaltung bislang nicht anhören müssen, sagt Reinbacher. Die neue Regelung wecke nach seinem Eindruck großes Interesse bei den Bramstedtern. Viele Bürger würden sich mit Fragen an die Stadtverwaltung wenden.

Es sei noch viel zu früh, wenige Tage nach der Freigabe der Tempo-20-Zone die Maßnahme zu bewerten, sagt Reinbacher. Die Stadt müsse auch beobachten, welche Folgen die neue Regelung in der Innenstadt für andere Straßen habe. Manche Anwohner von Sommerland, Altonaer Straße und Mühlenstraße fürchten, dass Autofahrer diese Straßen als Ausweichroute nutzen.

Reinbacher räumt ein, dass die Einrichtung des Provisoriums sehr lange gedauert hat. "Wir mussten im laufenden Betrieb Verkehrsregeln ändern", sagt der Bauamtschef zur Erklärung.

Fußgänger müssen eine Lücke im Verkehr finden

Dass der sogenannte verkehrsberuhigte Geschäftsbereich zwischen Raiffeisenbank und Sparkasse gegenseitige Rücksichtnahme erfordert, erleben besonders die Fußgänger, die vor dem Rathaus die Straße überqueren. Sie müssen eine Lücke im Verkehr finden, der jetzt nicht mehr per Ampel geregelt wird.

"Ich komme damit klar", sagt die Bramstedterin Judith Wöbcke, die für einen Zwischenstopp die Miniinsel auf der Fahrbahn nutzt. Dass es in der Innenstadt ruhiger geworden ist, glaubt sie nicht. Das sieht Horst Ebeling, Seniorchef des Hotels Bramstedter Wappen, ganz anders. "Es ist ruhiger geworden", stellt er auf seiner Restaurantterrasse fest, die zum Bleeck hinausgeht. Lastwagen seien kaum noch zu sehen. Er halte die Tempo-20-Regelung und die Verkehrsberuhigung grundsätzlich für richtig. "Allerdings muss sich zeigen, ob sie gut fürs Geschäft ist", sagt Ebeling.

Ähnlich argumentiert Karsten Peters, Sprecher des Bürger- und Verkehrsvereins (BVV). "Wir finden das prinzipiell gut", sagt er über den verkehrsberuhigten Geschäftsbereich. Doch auch Peters stellt sich die Frage, wie die Folgen für die Geschäfte in der Innenstadt aussehen. Außerdem rätselt Peters, warum es so viele Jahre gedauert habe, bis sich die Politik für diese Lösung entschieden habe. Die jetzt gewählte Variante habe schon seit Langem auf dem Tisch gelegen.