Der Propst des Kirchenkreises Altholstein arbeitet zum zweiten Mal als Bordseelsorger im Mittelmeer auf der MS “Europa 2“. Den Job bekam der 58-Jährige weil er Pidgin spricht.

Bad Bramstedt. Ab Sonnabend ist Kurt Riecke wieder auf dem Mittelmeer unterwegs. Der Propst des Kirchenkreises Altholstein tauscht sein Amtszimmer direkt neben der Maria-Magdalenen-Kirche in Bad Bramstedt mit der MS "Europa 2". Riecke arbeitet als Bordseelsorger auf dem neuen Kreuzfahrtschiff, das seit diesem Jahr unterwegs ist. Der Weg zu diesem auch für Pastoren eher ungewöhnlichen Arbeitsplatz führte über eine Sprache, die Kurt Riecke spricht: Das Pidgin. "Ich war acht Jahre Pastor in Papua Neuguinea und habe Einheimische ausgebildet", erzählt Riecke. Dort im Pazifik lernte er auch die Sprache der Einheimischen. Über eine zufällige Begegnung kam er dann auf die MS "Europa". Denn die Reederei suchte 2008 für einen Trip auf dem Pazifik noch nach einem Pidgin-Lehrer.

Riecke übernahm diesen Job an Bord nebenbei und arbeitete ansonsten als Seelsorger. Das habe ihm gut gefallen, sagt er heute. Und nicht nur ihm. Eine Woche nach der Fahrt wurde er schon wieder für das kommende Jahr angefragt. Und so sticht Riecke an diesem Sonnabend um 21 Uhr in Monte Carlo bereits zum vierten Mal in See. Es ist seine dritte Fahrt im Mittelmeer und die erste auf der MS "Europa 2". Hintergrund ist die Zusammenarbeit von Hapag Lloyd Kreuzfahrten mit der Evangelischen Kirche in Deutschland, wo sich eine eigene Abteilung um die Bordseelsorge kümmert und mit einigen Reedereien zusammenarbeitet. Immer abwechselnd ist ein katholischer und ein evangelischer Geistlicher mit an Bord einiger Schiffe wie auch auf der MS "Europa 2". Der Trip im Pazifik, als Riecke noch Gemeindepastor in Ostenfeld bei Husum war, dauerte fünf Wochen, nun ist er zwei Wochen an Bord.

Immer am zweiten Abend werden dabei die Künstler den Passagieren vorgestellt - die Pastoren gehören dazu. Für Riecke bedeutet das allerdings nicht nur, den Sonntagsgottesdienst zu leiten und mindestens alle zwei Tage eine Andacht zu halten. Er sucht immer auch das Gespräch mit den Passagieren. "Die pastorale Arbeit lebt vom direkten Kontakt", sagt er. So setzt sich der 58-Jährige bei den Mahlzeiten zu den Gästen und begleitet auch einmal die Landausflüge. "Man muss als Pastor bekannt sein, damit die Leute zu den Veranstaltungen kommen", sagt er. Während am Anfang im Pazifik beispielsweise zehn Menschen beim Gottesdienst dabei waren, waren es am Ende 60 bis 80 der rund 300 Passagiere, erinnert er sich.

Der Bordseelsorger ist auch für die Mitarbeiter da

Neben den Gottesdiensten und Andachten stehen auch Vorträge auf dem Programm. So habe er bereits über das Glück, das Pilgern - als ein Besuch in der Pilgerstadt Santiago de Compostela auf dem Programm stand - oder die Welt des Islams gesprochen, sagt Riecke. Bei der aktuellen Reise schwebt ihm das Thema Paulus im Mittelmeer vor, schließlich war der Apostel ebenfalls in Teilen der Region unterwegs, die das Kreuzfahrtschiff in diesem Sommer ansteuert.

Vielleicht werde er vor dem Besuch in Rom etwas zum Römerbrief des Paulus anbieten, sagt der Propst. Durch die verschiedenen Arbeitsfelder, aber auch durch das Wort zum Sonntag im Bordfernsehen ist der Seelsorger auf dem Schiff so gut wie jedem bekannt.

Dadurch komme es neben den öffentlichen Auftritten immer auch zu sehr guten persönlichen und seelsorgerischen Gesprächen, erzählt Propst Kurt Riecke.

"Die Urlaubszeit ist für viele Menschen eine Zeit, sich mit sich selbst zu beschäftigen", sagt er. Passagiere kämen mit sehr unterschiedlichen Themen in ihrem Leben zu ihm, es komme zu Gesprächen über die Familie, die Kirche, Glaubensfragen oder Schuldsituationen. Außerdem geht es immer wieder einmal um den Tod. "Das ist sonst eher selten Thema auf einem Kreuzfahrtschiff, wo es um Lebensfreude und gute Stimmung geht", so Riecke. Dass es immer wieder angesprochen wird, zeige jedoch, dass viele Menschen dann, wenn sie zur Ruhe kommen, sich mit diesen existenziellen Fragen auseinandersetzen.

Dabei ist er als Bordseelsorger nicht nur für die Passagiere da, sondern auch für die Besatzung. Insbesondere die Asiaten legten allerdings Wert auf ihre katholische Identität. "Die gehen eher zum katholischen Kollegen", sagt er. Ansonsten komme er gerne mit den Mitarbeitern aus vielen unterschiedlichen Ländern ins Gespräch, da spielen viele Themen eine Rolle.

Propst Riecke arbeitet an Bord häufig mit den Künstlern zusammen

Als Pastor arbeitet er auch viel mit den Künstlern an Bord zusammen. Ob mit dem Sylter Kabarettisten Manfred Degen, mit Tänzern oder Musikern, es ließen sich viele spannende Programmpunkte auf die Beine stellen, erinnert sich Riecke. Eine Predigt zum Tanz der Liebe, dem Rumba fiele ihm ein, bei dem das Profi-Tanzpaar an Bord den Tanz vorführte und ihm an Ende dafür dankte, dass sie selbst einiges dazugelernt hätten. "Das ist es, was mir besonders Spaß macht. Den Glauben so zu vermitteln, dass er die Menschen in ihren Lebenssituationen anspricht."

Wie sehr er dabei die Menschen auf Kreuzfahrt berührt, davon zeugen auch einige Taufen und Hochzeiten. Einige Menschen, die er an Bord kennengelernt hatte, sprachen ihn an, und so reiste er nach der Kreuzfahrt in deren Heimat. "Ich bin schon einige Male kreuz und quer durch Deutschland gefahren und habe getauft und getraut", sagt er. Und so dürfte auch die aktuelle Kreuzfahrt im Mittelmeer nicht Anfang August enden, sondern nachwirken. Im Leben von Kurt Riecke und in dem von einigen der Passagiere, die er als Seelsorger begleitet.