Früher war Nachbarschaft ein hohes Gut. Vor und nach dem Zweiten Weltkrieg wurden ganze Siedlungen wie die Arbeitersiedlung in Harkshörn in Nachbarschaftshilfe gebaut.

Das Geld fehlte, da packten alle mit an. Aus Nachbarn wurden Freunde, die gemeinsam feierten, ins Theater gingen, verreisten - und natürlich weiterhin zur Stelle waren, wenn Hilfe gebraucht wurde.

Doch nach und nach verlor das Miteinander im Viertel an Bedeutung. Die Kontinuität schwand, die Menschen ziehen häufiger um. Der Alltag verläuft individualisierter, ist voll gestopft mit Beruf, Sport, Facebook, Familie und dem Druck, bloß nichts zu verpassen. Da bleibt kaum Zeit, nach rechts und links zu sehen. Viele stellen sich den Nachbarn nach dem Einzug gar nicht mehr vor.

Diejenigen, die Nachbarschaft als wert- und sinnvoll erlebt haben, sind gestorben oder alt. Sie sitzen einsam in ihren Wohnungen, trauen sich nicht mehr raus, fühlen sich dem modernen Leben nicht mehr gewachsen. Die Zahl dieser Gruppe steigt und hat ein Ausmaß erreicht, dass die Sozialämter Alarm schlagen. Da kommt die Nachbarschafts-Initiative in Norderstedt gerade recht. Wer Zeit und Kraft hat, sollte sich als Kümmerer und Motor einer Nachbarschaftsgruppe zur Verfügung stellen. Profitieren werden nicht nur einsame alte Menschen, sondern auch Alleinerziehende, die spontan jemanden brauchen, der aufs Kind aufpasst. Und profitieren werden auch die Kümmerer selbst, weil sie interessante Menschen kennenlernen.