Jeden Mittwoch in den Ferien kann die Wollspinnerei Blunk in Bad Segeberg besichtigt werden. Sie bietet einen Blick in die frühindustrielle Zeit

Bad Segeberg . Es ist ein Blick zurück in die frühindustrielle Geschichte, in jene Zeit also, als das Handwerk noch richtige Schufterei war, die Menschen schon beim ersten Hahnenschrei an der Maschine standen und die schwere Arbeit oft erst kurz vor Mitternacht endete. In jener Zeit, es war im Jahr 1852, wurde in der Stadt Bad Segeberg die Wollspinnerei Blunk an der Kurhausstraße gegründet. Das war zu Beginn des Industriezeitalters.

Wer sich einmal in jene Zeit zurückversetzen lassen will, kann sich während der Sommermonate jeden Mittwochnachmittag durch das zweigeschossige Gebäude von Hans Friedrich Blunk führen lassen. Der Eigentümer der alten Segeberger Spinnerei greift gern in seinen reichen Fundus an Erzählungen. Er beschreibt bei den Rundgängen nicht nur, wie die Maschinen funktionieren, sondern er gibt den kleinen und großen Besuchern auch noch Geschichten aus dem damaligen Alltag mit auf den Weg.

Von außen kann man kaum erahnen, welch einmalige Fabrik sich hinter den Ziegelmauern an der Kurhausstraße verbirgt. Anja Shakunle und ihre zehnjährige Tochter Sophie aus Berlin staunten jetzt nicht schlecht, als sie die Tür hinter sich schlossen und sie in ein anderes Zeitalter traten. Besonders Sophie war beeindruckt von den Produktionsvorgängen. Sie rieb die Schafwolle zwischen den Fingern. "Das kratzt aber", meinte sie. Und der Geruch gefiel ihr ebenfalls nicht. "Es riecht noch immer nach Stall", bemerkte ihre Mutter und lachte.

Vor fünf Jahren liefen die Maschinen in der Fabrik das letzte Mal

Ungefähr fünf Jahre ist es her, dass zum letzten Mal der Elektromotor der Maschinen angestellt wurde, die Transmissionsriemen der kleinen Zahnräder sich bewegten und die Spinn- und Zwirnmaschinen in ihrem ganz eigenen Rhythmus stampften. "Die Maschinen funktionieren noch immer", betont Besitzer Blunk. Als damals, Mitte des 19. Jahrhunderts, sein Vorfahr Joachim Christian Blunck die Wollspinnerei gründete, war das Industriezeitalter gerade angebrochen. Eine zentrale Versorgung mit Gas, Wasser und Strom gab es noch nicht.

Die ersten kleinen Maschinen wurden durch einen sogenannten Pferdegöpel angetrieben. Ein Göpel, auch Rossmühle genannt, ist eine mechanische Vorrichtung zur Erzeugung einer Antriebskraft durch Menschen, Tiere, Wasserkraft, Windkraft oder mit Dampf. Erst ab den 50er-Jahren des vorigen Jahrhunderts erleichterten Maschinen mit elektrischem Antrieb den Menschen die Arbeit.

Der Förderverein der Wollspinnerei hat sehr erfolgreich gearbeitet

Das unter Denkmalschutz stehende Gebäude - ein wahres Kleinod der Kreisstadt - ist in den zurückliegenden Jahren mit viel Geld und Aufwand sorgfältig saniert worden. Nicht zuletzt ist dies der erfolgreichen Arbeit des Fördervereins Wollspinnerei zu verdanken. Sein Ziel: die Wollspinnerei als sogenanntes arbeitendes Museum zu präsentieren. Wie vor Kurzem, als am Tag der offenen Tür viele Kunsthandwerker ihre Arbeiten im Garten zeigten und die Besucher ihnen zusehen konnten. "Schade nur, dass später der Regen kam", bedauert Hans Friedrich Blunk noch immer.

Die Wollspinnerei Blunk ist, abgesehen von den Führungen in den Ferien jeden Mittwoch, erst wieder im September zu besichtigen, am Wochenende 6. bis 8. September, dem Tag des Denkmals.