Die Christdemokraten haben die Personaldiskussion beendet, die SPD hat Jürgen Lange wiedergewählt. Dass es der Senior Leiteritz auf den Chefsessel der Christdemokraten schaffen wird, war alles andere als selbstverständlich.

Norderstedt. Die Würfel bei der mit 19 Sitzen stärksten Fraktion in der Norderstedter Stadtvertretung sind gefallen: Gert Leiteritz, 70, wurde am Dienstagabend von den Mitgliedern der CDU-Fraktion zum Vorsitzenden gewählt. Seine Stellvertreter sind Ursula Wedell, 64, und Friedhelm Voß, 54.

Dass es der Senior Leiteritz auf den Chefsessel der Christdemokraten schaffen wird, war alles andere als selbstverständlich. Schließlich hatte er bei der Kommunalwahl am 26. Mai seinen Wahlkreis gegen die Stadtvertreterin Sybille Hahn von der SPD verloren und somit gar kein Mandat für das Stadtparlament. Für die Partei, die sich Leiteritz für eine Übergangszeit als Vorsitzenden wünschte, ein Super-GAU. Denn derzeit verfügt die Partei nicht über einen weiteren Kandidaten für den Vorsitz. Und der nach innerparteilichen Querelen zurückgetretene Fraktionschef Günther Nicolai hätte nach Aussagen von CDU-Mitgliedern mit einem von Teilen der Partei unterstützten Comeback in das Macht-Vakuum stoßen können. "Das wäre ein Armutszeugnis für die Partei", hatte hingegen die Stadtvertreterin Petra Müller-Schönemann geurteilt.

Doch auf unverhoffte Weise hat sich die Situation nun für Gert Leiteritz und dessen Anhänger in Wohlgefallen aufgelöst. Der gewählte Stadtvertreter und Bestattungsunternehmer René Bülow, 54, trat am Freitag von seinem Mandat in Norderstedt zurück. Leiteritz konnte so von der Wahlliste der CDU in die Stadtvertretung nachrücken.

Nun wird spekuliert, dass Parteifreunde erheblichen Druck auf Bühlow ausgeübt haben, um ihn zugunsten von Leiteritz zum Rückzug aus der Stadtvertretung zu bewegen. "Selbst wenn dem so wäre: Ich verfüge über genügend eigenen Willen und Selbstvertrauen, um dem widerstehen zu können. Im Gegenteil: Man hat mich eher bedrängt, in Norderstedt weiterzumachen", sagt Bülow. Doch er habe auch noch ein Mandat im Kreistag, und diese Arbeit schätze er genauso wichtig ein. "Dass ich in Norderstedt meinen Wahlkreis gewinne, damit hatte ich nicht gerechnet. Zwei Mandate und mein Unternehmen - da bleibt dann irgendetwas auf der Strecke", sagt Bülow. Nach reiflicher Überlegung habe er sich gegen die Stadtvertretung entschieden. "Dass Gert Leiteritz den Vorsitz macht, finde ich gut. Seit er das macht, haben wir eine andere Qualität in der politischen Arbeit. Und die Grabenkämpfe hören auf, mit denen wir uns sowieso nur politisch kaputt gemacht haben."

Gert Leiteritz sagt: "Ich weiß nicht, ob Druck ausgeübt wurde. Von meiner Seite aber absolut nicht." Von 18 Fraktionsmitgliedern votierten 16 für ihn. Leiteritz nimmt das klare Ergebnis als Ausweis des "Willens der CDU, politische Veränderungen durchzusetzen". Für ihn als "altem Sack" sei die Aufgabe des Vorsitzes befristet auf zweieinhalb Jahre, also die Hälfte der kommenden Legislaturperiode. "Bis dahin will ich jüngere Leute für den Vorsitz aufgebaut haben." Petra Müller-Schönemann und Friedhelm Voß hatten sich schon bereit erklärt, in Zukunft mehr Verantwortung übernehmen zu wollen.

Auch bei der zweitstärksten Fraktion SPD ist die Vorstandsfrage geklärt - ohne Überraschungen. Jürgen Lange, 66, wurde im Amt bestätigt, seine Stellvertreterin ist Katrin Fedrowitz, 39. Die bisherige Stellvertreterin Sybille Hahn verzichtete auf eine Kandidatur, "damit der Verjüngungsprozess innerhalb der SPD- Fraktion fortgeführt werden kann." Nicolai Steinhau-Kühl, 40, ist ebenfalls Stellvertreter. Der langjährige Stadtvertreter und ehemalige Fraktionsvorsitzende Johannes Paustenbach musste sein Mandat für die Stadtvertretung aus gesundheitlichen Gründen wieder abgeben. Für ihn rückt Bodo von Appen von der SPD-Liste nach.

Und auch bei den "kleinen Fraktionen" der Stadtvertretung gibt es Neuigkeiten. Reimer Rathje wurde - wenig überraschend - zum Vorsitzenden der Fraktion Wir in Norderstedt (WIN) gewählt. Seine Stellvertreterin ist Christiane Mond. Die erstmals in die Stadtvertretung gewählte Anne Haufe, die an der Seite von Fraktionschef Miro Berbig die Partei Die Linke vertreten sollte, muss aus persönlichen Gründen verzichten. Für sie rückt Rolf Möller nach.