Es fällt schwer, die neue Willkommenskultur für Neugeborene im Kreis Segeberg vom Versagen der Behörden in der Affäre “Kellerkind“ abzukoppeln.

Selbst wenn die Aktion, wie Landrätin Jutta Hartwieg sagt, "von langer Hand geplant" wurde.

Das ganze wirkt jetzt wie der hilflose Versuch, so zu tun, als gewährleiste man umfassende Fürsorge.

Für nicht wenige Eltern ist die Vorstellung, dass drei Monate nach der Geburt des Kindes wildfremde Bürger "mit Erfahrung im Umgang mit Kindern" samt Bürgermeister, einem Buddeleimer und Kirschkernkissen vor der Tür stehen, eher befremdlich. Für sie ist es die beste Nachricht, dass man den Besuch wenigstens vorher ablehnen kann. Von der Baby-Industrie werden sie ohnehin mit wohlmeinenden Begrüßungsgeschenken mehr als ausreichend bedacht.

Doch dürfen sich diejenigen Eltern, die Ja sagen zum "Familienbotschafter", wirklich darauf verlassen, dass es bei der Aktion nur darum geht, "das Gemeinschaftsgefühl zu stärken", dass ihnen ein offenes Ohr für Fragen und Wünsche geboten wird? Oder geht es hintergründig nicht doch eher um eine Form der sozialen Kontrolle, um den Einblick der Behörde in die intimen Lebensbereiche seiner Bürger?

Was geschieht mit den Erkenntnissen, die die Botschafter beim Besuch gewinnen? Im besten Fall sorgen sie dafür, dass Eltern mit Bedarf in helfende Hände vermittelt werden. Aber ist es ausgeschlossen, dass nach der laienhaften Einschätzung eines Familienbotschafters irgendwann der Besuch des Jugendamtes droht?

Naiv ist es zu glauben, mit solchen Besuchen könnten Fälle der Vernachlässigung von Kindern verhindert werden. Die Eltern, die dringend Hilfe brauchen und bei denen das Einschreiten des Jugendamtes geboten wäre, die reagieren überhaupt nicht auf solche und andere Angebote.