Segeberger Kreistag zieht Schlussstrich unter “Kellerkind“-Skandal - Politiker üben Kritik an der Informationspolitik der Landrätin.

Henstedt-Ulzburg . Der Segeberger Kreistag hat einen Schlussstrich unter einen Jugendschutzfall gezogen, der im vergangenen Jahr viele Menschen bewegt hat. Das Schicksal des "Kellerkindes" war Anlass für eine langwierige politische Diskussion, vor allem aber zu einer Aufarbeitung und Analyse der Arbeit des Kreisjugendamtes. Wie bereits gestern in der Online-Ausgabe des Hamburger Abendblatts berichtet, bemängelt die Politik ein fehlerhaftes Verhalten - obwohl niemand gegen fachliche Gebote verstoßen habe.

Vor etwa einem Jahr wurde im verschlossenen und kotverschmierten Kellerraum eines Hauses am Bussardweg in Bad Segeberg ein drei Jahre alte Junge aufgefunden, den seine Familie dort offenbar schon längere Zeit versteckt gehalten und weggesperrt hatte.

Der Fall wiegt schwer, weil Jugendschützer der Verwaltung und beauftragte externe Jugendschützer schon seit Jahren Kontakt zu dieser Familie mit mehreren Kindern hatten. Das Fehlen des kleinen Jungen war von niemandem bemerkt worden.

Nach Bekanntwerden des Falles folgten hektische Betriebsamkeit, gegenseitige Schuldzuweisungen und öffentliche politische Diskussionen. Ziel der Kritik waren vor allem Jugendamtsleiter Hoffmann und die Landrätin, die wiederum ihren Mitarbeiter und behördlichen Stellvertreter in Schutz nahm. In monatelanger Kleinarbeit versuchte ein Untersuchungsausschuss, Licht in die Angelegenheit zu bringen und gleichzeitig Schlüsse aus dem Fall ziehen. "Obwohl keiner der Fallbeteiligten irrtümlich oder zuwiderhandelnd gegen das fachliche Gebot verstoßen hat", heißt es im Untersuchungsbericht, "sind wir darin gescheitert, die Familie wirksam zu erreichen."

Der Ausschuss empfiehlt folgende Konsequenzen: Eine Verbesserung der Kooperationsstrukturen, der personellen Ausstattung, der fachlichen Standards sowie eine Qualifizierungsoffensive. Der Ausschuss stellt auch fest, dass die Ursache nicht im Verschulden einzelner Mitarbeiter des Jugendamtes und der beteiligten Träger lag. "Sie liegt im Wesentlichen darin, dass die familiengerichtlichen Instanzen, das Jugendamt und der beauftragte Träger nicht Hand in Hand, sondern aus unterschiedlichen Perspektiven gearbeitet haben, obwohl Kinderschutz nur als einheitlicher Auftrag funktioniert", sagte Gerd-Rainer Busch (SPD), Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses und des Untersuchungsausschusses.

Die behördlichen Folgen des Falles: Teilnahme an Fortbildungsprogramm, Beteiligung des ehrenamtlichen Kinderschutzes fallbezogen, regelmäßige Fallkonferenzen, Einstellung von sechs zusätzlichen sozialpädagogischen Kräften, regelmäßige Beratung und Handlungsüberprüfungen der Mitarbeiter.

Der Kreistag folgte den Vorschlägen des Untersuchungsausschusses einstimmig. Die Fraktionen nutzten die Gelegenheit, noch einmal Kritik am Handeln der Landrätin (SPD, FDP, Grüne) zu üben oder ihr Dank auszusprechen für das Aushalten langwieriger Kritik, ohne sich dagegen öffentlich wehren zu können (SPD). Kritisiert wurde die Informationspolitik.

Auch die Landrätin selbst räumte Fehler ein - anders allerdings, als es sich ihre Kritiker vermutlich vorgestellt hatten. "Herr Hoffmann und ich haben die Brisanz des Falles sofort erkannt", sagte sie. "Unterschätzt haben wir die Brisanz in der politischen Diskussion."