Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Zirkus “Las Vegas“. Tiere, wie Elefanten, Löwen und Tiger, sollen dort artwidrig gehalten worden sein.

Norderstedt. Um 6.30 Uhr ist die Zirkuswelt nicht mehr in Ordnung. Ein Großaufgebot an Polizisten steht vor dem Zelt und den Wohnwagen des in der Norderstedt gastierenden Zirkus "Las Vegas" an der Ulzburger Straße. Die Zirkusfamilie Köllner wird aus dem Schlaf gerissen, aber keiner der insgesamt 25 Zirkusmitarbeiter - größtenteils Familienmitglieder - darf die Wohnwagen verlassen. Durch die Fenster beobachten sie, wie in stundenlangem Einsatz ein Zirkuselefant, zwei Löwen und zwei Tiger abtransportiert werden. Die Polizei agiert auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft Kiel, Urheber der Aktion ist die Organisation Peta, die sich weltweit für die Rechte von Tieren einsetzt.

Was Mittwochmorgen auf dem Zirkusgelände geschieht, beschäftigt die Behörden, die Tierschützer und die anderen Zirkus-Unternehmen in der Region. Die Organisation Peta spricht von einer "Befreiung" der 28 Jahre alten Elefantendame Chithana - Löwen und Tiger werden in der Pressemitteilung nicht erwähnt. An der Aktion sollen neben vielen Polizisten - die Zirkusmitarbeiter wollen etwa 100 Beamte gezählt haben - auch Amtsveterinäre des Kreises Segeberg beteiligt gewesen sein. Die Elefantendame sei artwidrig über ein Jahr einzeln im Zirkus gehalten worden, was ein deutlicher Verstoß gegen Zirkusleitlinien des Bundeslandwirtschaftsministeriums bedeute, wird von Peta erklärt. Das Tier leide zudem unter starken Verhaltensstörungen, deformierten Hinterbeinen und Minderwuchs. "Peta Deutschland habe in den letzten Wochen und Monaten immer wieder Veterinärämter der aktuellen Gastspielorte dazu aufgefordert, die tierquälerische Einzelhaltung zu beenden."

Am 27. April , als der Zirkus "Las Vegas" in Bad Bramstedt gastierte, hatte Amtstierarzt Dr. Jan Sassen vom Kreisveterinäramt allerdings noch keine schlimmen Zustände festgestellt. "Ohne Befund", "ohne besonderen Befund" und "gut" waren seine Eintragungen. Er hatte geprüft, wie die Tiere gehalten und transportiert werden, wie der Pflegezustand und der Futtervorrat ist. In das Feld "Bemerkungen" schrieb der Veterinär: "Keine".

Die beschlagnahmte Elefantendame, die nach den Beobachtungen der Zirkusmitarbeiter betäubt und dann mit Hilfe eines Krans abtransportiert wurde, soll unter Vermittlung einer Elefantenschutz-Organisation dauerhaft in einer zoologischen Einrichtung in Belgien unterkommen, teilt Peta mit. Unklar ist, was mit den beiden sieben Jahre alten Tigern Bella und Julia sowie den ebenfalls sieben Jahre alten Löwen Maggi und Sonja geschehen wird. Sie seien mitsamt ihren Transportfahrzeugen vom Gelände geschleppt worden, teilt die Zirkusfamilie Köllner mit, die das Geschehen mit einer Videokamera aufgezeichnet hat.

Zirkusdirektorin Liane Köllner-Weisheit, 42, und Ehemann Karl Köllner, 45, widersprechen den Peta-Vorwürfen. Elefantendame Chithana sei weder minderwüchsig, noch habe sie deformierte Hinterbeine oder zeige Verhaltensstörungen. Überhaupt sei sie zusammen mit Renaldo Weisheit, dem 35 Jahre alten Bruder von Liane Köllner-Weisheit, nur für eine halbe Saison engagiert worden. Sie gehöre zum Zirkus "Afrika". "Ich bin seit 20 Jahren täglich mit dieser Elefantendame zusammen", sagt Renaldo Weisheit. Er streitet nicht ab, dass Chithana stets bis 7 Uhr morgens angekettet gewesen sei. Die Familie Köllner-Weisheit hat zwei Rechtsanwälte eingeschaltet, um gegen die Maßnahme der Staatsanwaltschaft anzugehen.

Für die Zirkusfamilie geht der Alltag auch ohne Löwen, Tiger und Elefantendame weiter. Bis Sonntag bleibt der Zirkus "Las Vegas" noch in Norderstedt.