Staatsanwaltschaft fordert Bewährungsstrafe für Henstedt-Ulzburgs suspendierten Verwaltungschef. Möglicherweise entscheiden am 22. September die Bürger über die Zukunft des 49-Jährigen.

Henstedt-Ulzburg . Der 22. September wird in Henstedt-Ulzburg wahrscheinlich zu einem "Großwahltag". Bundestagswahl, Entscheid über den künftigen Status des Ortes als Stadt oder Gemeinde - und die Entscheidung darüber, ob Torsten Thormählen Bürgermeister bleiben soll oder nicht. Alles soll an diesem Tage erledigt werden. So sieht es derzeit zumindest aus.

Bürgervorsteher Carsten Schäfer legte am Dienstag den Tag der Sondersitzung der Gemeindevertretung auf Mittwoch, 15. Mai, fest. Wichtigster und möglicherweise einziger Tagesordnungspunkt: Beratung und Abstimmung über den Antrag der FDP auf Abwahl von Bürgermeister Torsten Thormählen. Einen Tag vorher, am Dienstag, 14. Mai, befasst sich der Hauptausschuss als Dienstvorgesetzter des Bürgermeisters mit dem Fall. Als Gast wird Rechtsanwalt Ulrich Mann aus Kiel an der Sitzung teilnehmen. Er berät die Gemeinde seit Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Torsten Thormählen in verwaltungsrechtlichen Fragen.

Sollte die Gemeindevertretung mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit (22 Stimmen) für ein Abwahlverfahren stimmen, haben die Bürger das Wort. Über die Zukunft des Bürgermeisters aber dürfen sie erst nach Ablauf einer sechswöchigen Frist entscheiden. Da dann bereits Sommerferien sind, hält der jetzt amtierende Bürgervorsteher Schäfer eine Abstimmung im Zusammenhang mit der Bundestagswahl am wahrscheinlichsten. Weil es sich hier um einen wichtigen Anlass handelt, muss auch noch eine Einwohnerversammlung einberufen werden. Sie wird am 7., 8. oder 14. August stattfinden. Gleichzeitig sollen die Einwohner dann auch über die bevorstehende Abstimmung zum künftigen Status der Gemeinde aufgeklärt werden.

Nachdem am Montag bekannt geworden war, dass die Staatsanwaltschaft beim Amtsgericht Norderstedt einen Strafbefehl wegen Betruges sowie des Vorhaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gegen Torsten Thormählen beim Amtsgericht Norderstedt beantragt hat, wird in Henstedt-Ulzburg heftig über den Fall diskutiert.

Das stand am Montag nicht in der Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft: Sie beantragt beim Amtsgericht eine Haftstrafe von zehn Monaten, ausgesetzt auf Bewährung, gegen den seit 14 Monaten bei vollen Bezügen frei gestellten Bürgermeister. Ob das Gericht diesem Antrag folgt, steht noch lange nicht fest. Nach Einschätzung von Fachjuristen kann es ein bis drei Monate dauern, bis das Gericht nach Einsicht aller Akten zu einer Entscheidung kommt.

Das Strafbefehlsverfahren ist im deutschen Recht ein vereinfachtes Verfahren zur Bewältigung der leichten Kriminalität durch einen schriftlichen Strafbefehl. Die Besonderheit des Strafbefehlsverfahrens liegt darin, dass es zu einer rechtskräftigen Verurteilung ohne mündliche Hauptverhandlung führen kann. Dies entlastet Gericht und Staatsanwaltschaft.

Sollte Thormählen tatsächlich zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt werden, bliebe sein Beamtenstatus unangetastet, die Pensionsansprüche erhalten. Erst bei einer Verurteilung von zwölf und mehr Monaten wäre das Beamtenverhältnis von Gesetz wegen beendet. Die Kommunalaufsicht hat außerdem die Möglichkeit, ein Disziplinarstrafverfahren anzustrengen. Dann muss das Verwaltungsgericht entscheiden, ob ihm der Beamtenstatus aberkannt wird oder nicht. Der zuständige Norderstedter Amtsrichter kann auch anders entscheiden: Wenn er der Ansicht ist, dieses Verfahren könne nicht vom Schreibtisch aus beendet werden, käme es zu einer öffentlichen Hauptverhandlung.

Eine solche Verhandlung würde auch stattfinden, wenn Thormählen verurteilt wird und er anschließend das Rechtsmittel des Einspruchs einlegt. Sein Anwalt, Professor Michael Gubitz aus Kiel, kündigte am Dienstag einen solchen Einspruch für den Fall des Falles an. "Ein öffentliches Verfahren nimmt Herr Thormählen eher in Kauf als eine Haftstrafe mit Bewährung", sagte der Anwalt. Auf Anraten seines Anwalts äußert sich Thormählen derzeit nicht öffentlich gegenüber der Presse. Kontaktaufnahmen mit Torsten Thormählen blieben deshalb erfolglos.

Die von der FDP angestrebte Abwahl des Bürgermeisters hat mit den juristischen Prozessen nichts zu tun: Nach Einschätzung des Kieler Juristen Ulrich Mann bedarf es keiner Verurteilung, um einen Bürgermeister loszuwerden. Auch wenn das Amtsgericht seine Unschuld feststellt oder die Staatsanwaltschaft das Verfahren bereits vorher eingestellt hätte, könne Torsten Thormählen abgewählt werden. "Es reicht die Aussage, dass der Bürgermeister die Gemeinde durch sein Verhalten in Misskredit gebracht hat." Wenn mindestens 20 Prozent der wahlberechtigten Henstedt-Ulzburger für eine Abwahl stimmen, wird der Bürgermeister abberufen.

Von den Parteien hat sich bislang nur die CDU nicht öffentlich zu den Vorgängen geäußert. Sie hatte den parteilosen Thormählen als Bürgermeister vorgeschlagen. Eine CDU-Sitzung hat Mittwochabend stattgefunden. "Ich glaube nicht, dass der Fall der CDU negativ angelastet wird", sagt CDU-Vorsitzender Michael Meschede.