Zehn Aktive aus Henstedt-Ulzburg sorgen ehrenamtlich für einen reibungslosen Ablauf der Kunst- und Kulturwoche in der Gemeinde

Heute wird geübt: Anke Rataj rollt ihr Schmuckstück, eine handbemalte Drehorgel, in die Mitte ihres Wohnzimmers und beginnt zu kurbeln. "Mein Vater war ein Wandersmann" tönt aus dem Kasten. Wenig später spielt die pensionierte Postbeamtin den Schlager-Oldie "Caprifischer" ab.

Ihr Bruder Rolf Zuckowski, Musikproduzent, Komponist und Autor von Kinderliedern ("Rolfs Vogelhochzeit") hat ihr einen 40 Jahre alten, mit 16 Holzpfeifen und Blasebalg ausgestatteten Leierkasten von Baumeister Johann Schmider aus Hausach vermacht.

Am 20. Mai, dem Eröffnungtag der 5. Kunst- und Kulturwoche, steht Anke Rataj auf dem Schümann-Hof in Götzberg erstmals vor größerem Publikum an der Drehorgel. Beliebte Melodien wie "Lieber Leierkastenmann" und "Radetzky-Marsch" hat sie im Repertoire. Die Notenrolle mit dem Evergreen "Leise rieselt der Schnee" lässt sie zu Hause: "Der Winter hat lange genug gedauert."

"Musik ist mein Hobby, mein Lebensinhalt", sagt Anke Rataj. "Gedankensprünge" heißt der Titel ihres Büchleins mit Gedichten und Liedertexten aus eigener Feder. Viele Jahre war sie mit ihrem Keyboard als Alleinunterhalterin bei Hochzeiten, bei Geburtstagen und in Altenheimen unterwegs und sang ihre Lieder. Seit vier Jahren tritt sie bei der KuKuHU auf, und seit diesem Jahr gehört sie auch zu den Kümmerern, verantwortlich ist sie für den Bereich "Theater".

Ingrid Wacker, als Kümmerer zuständig für Verwaltung, Finanzen, Terminplanung und Organisation, freut sich über das Engagement ihrer Teammitglieder: "Sie sind mit großem Einsatz bei der Sache, jeder auf seinem Gebiet." Ingrid Wacker und Rathaus-Angestellte Ulrike Riemenschneider waren als einzige der heute aktiven Kümmerer an einem trüben Novembertag 2008 dabei, als in der Galerie Sarafand an der Schultwiete die Idee einer Kunst- und Kulturwoche für Henstedt-Ulzburg geboren wurde.

"Wir haben damals das Konzept besprochen und entwickelt - und alles ohne einen Cent in der Tasche", erinnert sich Ingrid Wacker. "Die große Frage lautete: Wie bringen wir Maler, Bildhauer und andere Künstler dazu, ohne Gage bei uns aufzutreten? Welche Geschäftsleute helfen uns mit Räumlichkeiten?" Ihre Vorstellungen und Wünsche haben sich erfüllt, aktuell 20 Sponsoren helfen beim Überleben.

Die Zahl der Kümmerer ist sogar gestiegen, von acht im Jahr 2012 auf nunmehr zehn. "Optimal wären zwölf, das hat die Erfahrung der vergangenen Jahre gezeigt", sagt die Orga-Chefin.

Was bedeutet das Wort "Kümmerer"? Der Schriftsteller Erich Kästner hat es so ausgedrückt: "Die Kümmerer sind sehr begehrt, weil sie bescheiden sind und nichts begehren. Sie wollen keinen Gegenwert. Sie wollen nichts als da sein und verehren."

"Eine Veranstaltung wie die Kunst- und Kulturwoche kann nur dann ein Erfolg werden, wenn wir uns mächtig ins Zeug legen", sagt Ingrid Wacker. "Das ganze Jahr überlegen wir: Was können wir tun, um den Bürgern unserer Gemeinde in Sachen Kunst und Kultur eine Freude zu machen?"

Sie kümmern sich auch um die Unterkunft für auswärtige Künstler

Die Kümmerer akquirieren Künstler und Veranstaltungsorte, sie planen die Verteilung der Kunstwerke in den Räumlichkeiten, sie überwachen Auf- und Abbau. Sie sorgen, jeder auf seinem Gebiet, für einen reibungslosen Ablauf. Sie organisieren Equipement, Staffeleien, Stromanschlüsse und Lichtquellen, sie kümmern sich um Verpflegung und Unterkunft für auswärtige Künstler.

"Kunst und Kultur verbindet die Bürger", sagt Ulrike Riemenschneider, Expertin Historie und Literatur. Zuständig für kulturelle Angelegenheiten im Rathaus, erkennt sie die Bedeutung für die Gesellschaft: "Anfangs war ich skeptisch, besonders wegen des fehlenden Geldes, aber bis heute bin ich mit Begeisterung dabei."

So wie die anderen auch. Carola Streitel, seit 2010 dabei, Kümmerer Klassische Musik, Chöre und Tanz. "Hier mitarbeiten zu dürfen, ist eine Herausforderung für mich", sagt sie. Sie liebt Barockmusik, singt seit ihrer Pensionierung wieder in einem Chor und hat es geschafft, alle Chöre des Ortes dieses Jahr auftreten zu lassen.

Claudia Ipsen kümmert sich um Kunsthandwerk und Bildhauerei, auch pflegt sie liebevoll die Homepage (www.kukuhu.de). "Bei der KuKuHU mitzuwirken, ist für mich die Chance, interessante Menschen kennenzulernen, Kunst und Kultur zu genießen und mich beziehungsweise meine Kenntnisse einzubringen."

Das gilt auch für Jochen Schefe, zuständig für die Programmierung der Homepage, für U-Musik und Video-Dokumentionen. Der Sohn der Bürgerpreisträgerin Annelie Schefe arbeitet hauptberuflich als Tontechniker in einem Zweierteam für Ballett-Maestro John Neumeier in der Hamburger Staatsoper und hat nach eigenem Bekunden "viel Freude an den verschiedensten Stilrichtungen von Musik entwickelt".

Der Kontakt zu den Künstlern bringt neue Anregungen und Impulse

Gisa Casties, zusammen mit Ingrid Wacker geschäftsführendes Orga-Team, betreut das Gebiet Fotografie. Auch kümmert sie sich um Termine, Kontakt zu den Behörden und Infostände. Das Orga-Team managt Konflikte und Probleme, erstellt das Programmheft, und fügt zusammen was die Kümmerer erarbeiten und in den Sitzungen beschlossen wird.

Treffpunkt ist das Vinum gegenüber dem Rathaus. Da passt es gut, dass Inhaberin Angela Fischer als Kümmerer für die Esskultur bei der Kunstwoche zuständig ist.

Gudrun Naujok ist Kümmerer in Sachen Malerei. Sie besucht Kunstausstellungen, um Malerinnen und Maler für die KuKuHU zu gewinnen und darüber hinaus den eigenen Blick für die Kunst zu schärfen. "Der Kontakt zu den Künstlern bringt neue Anregungen und Impulse", sagt sie.

Nicht nur das, sagen die Kümmerer. "Kunst umfasst unsere Werte, Gefühle, Wahrnehmungen und Verhaltensweisen.Kunst inspiriert, fördert andere Sichtweisen, schafft Ruhepunkte und fördert den Dialog." Das alles zum Wohle der Kunst- und Kulturwoche.

So sieht das auch Jon Rock, der bekannte Blues-, Country- und Rocksänger. Er hat im Jahr 2010 das KuKuHu-Lied geschrieben, und er wird es auch bei der 5. Kunst- und Kulturwoche zweimal vortragen - am Eröffnungstag auf dem Hof Schümann und bei der Abschlussfeier in der Henstedt-Ulzburger Kulturkate: "Nur zu, nur zu, kommt alle her und schaut euch um. Dieses Freudenfest der Sinne. Manchmal denke ich, ich spinne. Soviel Kreativität in unserer Stadt..."

Am kommenden Montag stellen wir Ihnen das Neue Theater Norderstedt vor. Alle bisherigen Folgen unserer Serie "Mein Verein..." finden Sie auch im Internet. abendblatt.de/themen/meinvereinnorderstedt/