Professorin Claudia Kemfert, Leiterin der Energieabteilung beim DIW, spricht in Norderstedt über die Lügen der Stromkonzerne nach dem Ausstieg aus der Atomenergie.

Norderstedt. Blackouts, explodierende Strompreise, ein Tsunami der Kosten - die nach dem beschlossenen Ausstieg Deutschlands aus der Atomenergie angelaufene Energiewende wird von seinen Kritikern zum "Wahnsinn mit Methode" ("FAZ") erklärt. Dass hinter der Welle der Panikmache letztlich nur Lobbyisten und verantwortungslose Politiker stehen, das ist eine der Thesen von Professorin Claudia Kemfert. In der Energiedebatte ist die Leiterin der Energieabteilung beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) zur Heldin all jener geworden, die die systematische Verdummung des Verbrauchers vermuten und in der notwendigen Energiewende vor allem die Chancen sehen.

Das Norderstedter Solarzentrum und die Energiegenossenschaft BürgerEnergie Nord holen die unbeirrbare Streiterin wider die Energiepreislüge am Freitag, 19. April, zwischen 16 und 18.30 Uhr in die Aula des Coppernicus-Gymnasiums. "Lassen Sie uns gemeinsam aufräumen mit den Lügen der Politik", sagt Thomas Leidreiter vom Solarzentrum. Er wünscht sich eine Diskussion über die Impulse der Energiewende für den Wirtschaftsstandort Metropolregion Hamburg.

Kemfert, die gerade das Buch "Kampf um Strom: Mythen, Macht und Monopole" veröffentlicht hat und häufig Gast in allen gängigen Talkshows im deutschen Fernsehen ist, wird am Freitag eine halbe Stunde über die Thesen ihre Buches referieren. Darin beschreibt sie, wie die großen Energiekonzerne seit mehr als zehn Jahren den Ausbau der Stromnetze verschleppen. Wie die Konzerne Milliarden bei der Stromproduktion scheffeln und nun die Frechheit hätten, die Preise künstlich wegen der Energiewende hoch zu halten. Außerdem entlarvt sie die Hintermänner der Negativ-Kampagne gegen die erneuerbaren Energien: Industrie-Lobbyisten wie das Institut Neue Soziale Marktwirtschaft oder das Institut der Deutschen Wirtschaft. Und, allen voran, Wirtschaftsminister Philipp Rösler, der lieber die Bürgerhaushalte als die stromintensiven Industrien mit Netzkosten belastet.

Claudia Kemfert, 44, leitet seit 2004 die Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und ist Professorin für Energieökonomie und Nachhaltigkeit an der privaten Universität, der Hertie School of Governance, in Berlin. Von 2004 bis 2009 hatte sie die Professur für Umweltökonomie an der Humboldt-Universität inne. Als Gutachterin und Politikberaterin ist und war sie in verschiedenen Nachhaltigkeitsbeiräten und Kommissionen tätig. Unter anderem hat Kemfert EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso in Energie- und Klimafragen beraten.

Am Freitag können die Norderstedter in einen offenen Dialog mit Kemfert treten. Dafür wird immerhin mehr als eine Stunde Zeit eingeräumt. Zu Beginn der Veranstaltung im Coppernicus-Gymnasium wird Thomas Leidreiter über zukunftsfähige Geschäftsmodelle für Photovoltaik-Eigenverbrauchsanlagen sprechen. Er ist Geschäftsführer des Solarzentrums Norderstedt, das Investoren bei Projektentscheidungen in der regenerativen Energietechnik berät. Seit 2010 hat das Solarzentrum Norderstedt mit den Gründungen der Genossenschaften Sonnenkraftwerk Henstedt-Ulzburg und Sonnenkraftwerk Bad Bramstedt die beiden größten Solargenossenschaften in der Metropolregion Hamburg ins Leben gerufen. Die regionale Bürgerbeteiligung wurde an den Standorten erfolgreich mit über 250 Mitgliedern umgesetzt. Auf Grund der starken Nachfrage hat das Solarzentrum Norderstedt im Jahr 2012 die BürgerEnergie Nord eG gegründet. Die Energiegenossenschaft betreibt PV-Anlagen auf Unternehmen und verkauft den dort erzeugten Solarstrom direkt an den Unternehmer.

Der Eintritt kostet 5 Euro.