Die Mitglieder des Fotoclubs Norderstedt sind Einzelkämpfer - doch sie lieben es, in der Gemeinschaft zu fachsimpeln und Ausstellungen vorzubereiten.

Sonne lacht, Blende acht. Die ersten 10.000 Aufnahmen sind die schlechtesten. Zwölf gute Fotos im Jahr ist eine gute Ausbeute. Die Liste der Weisheiten zur Fotografie ist lang. Und jeder, der sich mit Fotografie beschäftigt, hat schon mindestens eine davon gehört. Natürlich auch Rolf Krohn. Der 66-Jährige ist Vorsitzender des Vereins Fotoclub Norderstedt. Mit seinen Vereinsmitgliedern trifft er sich regelmäßig im Norderstedter Kunsthaus, um einem der vielleicht schönsten Hobbys der Welt zu frönen: Dem Spiel mit Licht und Schatten.

Eine bunt zusammengewürfelte Runde hat sich im Kunsthaus eingefunden. Männer und Frauen im Alter zwischen 30 und 85 Jahren sitzen am Tisch, fachsimpeln und beraten, was für die kommende Fotoausstellung des Vereins noch getan werden muss.

Der Fotoclub Norderstedt ist ein vergleichsweise junger Verein. Im Jahr 2008 erblickte er das Licht der Welt. Rolf Krohn und Peter Jacobsen gründeten den Fotoclub gewissermaßen aus der Not heraus. Vorher waren sie viele Jahre im Kulturverein Malimu mit anderen Hobbyfotografen organisiert, doch die Gruppe wuchs derart, dass sich die Fotofreunde lieber selbst ausgliederten, um in einem eigenen Verein geordnet ihrem Hobby nachgehen zu können. "Wir sind froh, dass wir damals den Schritt gemacht haben. Das hat uns gemeinschaftlich nach vorne gebracht", sagt Krohn. Und das, wo doch Fotografen im Grunde Einzelkämpfer sind.

Es gibt auch heftige Diskussionen und gelegentlich herbe Enttäuschungen

"Jeder fotografiert in erster Linie für sich. Das ist schon immer so gewesen", sagt Horst Czarnecki. Die großen Fotografen der Weltgeschichte, Nachtwey, Salgado, Bresson, Güler oder Adams - sie waren meist alleine unterwegs, wenn sie ihre unvergleichlichen Bilder schufen. Dennoch will der 81-jährige Czarnecki es nicht missen, sich mit anderen Hobbyfotografen im Verein zu treffen, egal, ob analog oder digital fotografiert wird. Was zählt, ist schließlich das Bild.

"Hier gibt es einen guten und auch sinnvollen Informationsaustausch. Wo sonst, wenn nicht unter anderen Fotografen, kann man konstruktiv Kritik an Fotos üben, um sich weiterzuentwickeln? Wo, wenn nicht hier, kann man diskutieren, inwiefern digitale Bildbearbeitung sinnvoll ist?", fragt er. Dass es dabei auch mal zu heftigen Diskussionen und herben Enttäuschungen kommen kann, das sei normal.

Peter Jacobsen erinnert sich noch an das ein oder andere deprimierte Hobbyfotografengesicht in der Runde. "Es kommt immer wieder mal vor, dass beispielsweise jemand zuerst denkt, dass seine Bilder ganz toll sind. Bis sie von den anderen Fotografen einer Kritik unterzogen werden. Da hat dann so mancher erkennen müssen, dass er doch nicht so gut ist, wie vorher alle im Familienkreis behauptet haben", erzählt Jacobsen.

Wenn die Fotografen ihre Bilder zu einem Thema gemacht haben und dann ihre fünf besten Motive zeigen, damit diese kritisiert werden, dann gehe es nicht darum, jemandem zu zeigen, wie schlecht er sei. Vielmehr gehe es darum, so Krohn, zu sehen, wie andere an das Thema herangegangen sind. "Gemeinsam wird dann überlegt, wie Probleme gelöst werden können", sagt Krohn.

Wenn die Fotografen losziehen, denken sie immer an die nächste Ausstellung

Bildaufbau, Farbverteilung, gewählte Perspektive und anderes wird, das ist ja klar, ebenfalls kritisch beäugt. Fast immer, wenn die Männer und Frauen losziehen, machen sie dies mit der kommenden Ausstellung im Hinterkopf. Dafür wollen sie nicht nur gute, sondern sehr gute Bilder machen. Und das braucht Zeit und Kritikfähigkeit. Wer nicht mit Kritik leben kann, der hat es schwer. Die Kritik sei manchmal hart, sie sei aber immer fair und sachbezogen. "Es ist aber natürlich etwas problematisch, dass es bei jeder Fotokritik keine klare Bemessungsgrundlage gibt. Das ist alles subjektiv", betont Peter Jacobsen.

Er erinnert sich noch an so einen Fall. Die Fotografin, die von ihrem Ergebnis völlig überzeugt war, tut ihm jetzt noch leid. "Wir hatten hier einmal eine junge Frau, die ein wunderschönes Tigerfoto bei Hagenbeck geschossen hatte. Leider war auf dem Bild überhaupt kein Hamburg-Bezug zu erkennen. Der Tiger hätte auch von sonst wo sein können, aus Berlin oder Tokio. Das gestellte Thema, nämlich Hamburg, war somit leider vollkommen verfehlt", sagt Jacobsen. Als die junge Frau das zu hören bekam, sei sie "ziemlich geknickt" gewesen.

Solche Fehlgriffe unterlaufen den Vereinsmitgliedern aber eher selten. Das hängt auch damit zusammen, dass viele von ihnen seit ihrer Jugend wichtige Erfahrungen in der Fotografie gesammelt haben. Rolf Krohn lernte das Spiel von Licht, Schatten, Blende, Verschlusszeit und Filmempfindlichkeit mit etwa 16 Jahren über einen Freund kennen. Die Faszination Fotografie hat ihn seitdem nicht mehr losgelassen. "Ich habe mir dann eine Pentax Spotmatik gekauft und begonnen, Kurse bei der VHS zu belegen", erinnert er sich. Doch die Arbeit ließ wenig Zeit für das Hobby. Erst in den 90er-Jahren konnte er sich dem wieder stärker widmen.

Vereinsvorstand Manfred Leberle ist dagegen über die Familie in das Hobby hineingerutscht. "Eine Tante von mir in Zürich hatte ein Fachgeschäft, dessen Teile sie später vererbt hat", erzählt Leberle. Einer dieser "komischen Kästen" sei dann halt bei ihm gelandet. Er machte sich mit dem Apparat vertraut, der ihn fortan auf seinen Reisen um die Welt begleiten sollte. Seitdem fotografierte er, unter anderem auch, um den Eltern bei seiner Rückkehr zeigen zu können, was die Welt ihm so alles zu bieten hatte.

Jeder im Verein hat im Laufe der Zeit seinen eigenen Stil entwickelt

Birte Zabel ist derzeit die jüngste Amateurfotografin im Verein. Vor drei Jahren ist die 34-Jährige zu der Gruppe gekommen. "Die haben mich gut aufgenommen, ich konnte mich sehr schnell eingewöhnen. Sonst wäre ich auch nicht mehr hier", sagt sie. Der Spaß an der Fotografie nehme nun auch zu. Bilder versauern nicht mehr in digitaler Form auf den Festplatten, sondern werden beäugt. Jeder lerne neue Kniffe und Tricks. Und allmählich entwickelt jeder seinen ganz eigenen Stil. "In unserer Gruppe gibt es viele, bei denen inzwischen ein ganz eigener Stil der Fotografie erkennbar ist", sagt Vereinschef Krohn. Der eine oder andere hole sich natürlich Inspirationen bei Werken der weltbekannten Vertreter der Fotozunft, doch kopieren, das käme keinem in den Sinn. "Das würde ja auch nichts bringen", sagt Leberle. Jeder müsse seinen eigenen Weg finden und beschreiten.

Um diesen Weg zu finden, ist es sinnvoll, sich auch mit der Theorie und Geschichte der Fotografie halbwegs vertraut zu machen. Daher organisiert Krohn mit dem Vorstand Exkursionen für die Vereinsmitglieder. Erst vor Kurzem ist die Gruppe gemeinsam in die Deichtorhallen gefahren, um dort von einem Experten der Fotografie, dem Hamburger Kunsthistoriker Ulrich Rüter, eine individuelle Führung durch die aktuelle Ausstellung zu bekommen. Eine Exkursion, die die Mitglieder immer noch vor Begeisterung schwärmen lässt. "Der hat so viel Wichtiges gesagt, davon zehren wir sicher noch lange", sagt auch Claudia Schnack, die - vielleicht anders als die anderen - kein Problem damit hat, ein fotografisches Vorbild zu haben. Und das ist kein geringerer als Ansel Adams. Dessen Naturbilder sind und bleiben einzigartige Meisterwerke.

Am kommenden Montag stellen wir die Kümmerer von Henstedt-Ulzburg Marketing vor, die die Kunst- und Kulturwoche organisieren. Alle bisherigen Folgen unserer Serie "Mein Verein..." finden Sie auch im Internet. abendblatt.de/themen/meinvereinnorderstedt/