Nach Streit mit dem Landesvorstand tritt die Partei in Norderstedt nicht zur Kommunalwahl an. Sieben Parteien kämpfen jetzt um Wähler.

Norderstedt. Der Wahlkampf beginnt mit einem Paukenschlag: Die Piraten treten in Norderstedt nicht zur Kommunalwahl an. Ausländerfeindliche Äußerungen eines Kandidaten und vermeintlich undemokratische Beschlüsse bei der Kandidatenkür - da zog der Landesvorstand den Wahlvorschlag zurück. Nun kämpfen sieben Parteien um die Gunst der Wähler: CDU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke, die Anti-Fluglärm-Initiative "Wir in Norderstedt" und "Wir sind das Volk". Allerdings muss der Gemeindewahlausschuss die Vorschläge am heutigen Freitag noch offiziell bestätigen.

Eine Alternative zu den etablierten Parteien wollten sie in der Stadtvertretung bieten. Verkrustete Strukturen aufbrechen, gegen Politikverdrossenheit kämpfen, mehr Transparenz, Basisdemokratie und frische Ideen in die Norderstedter Politik bringen. Mit diesen Ansprüchen haben die Piraten Ende 2012 den Ortsverband Norderstedt gegründet. Doch nur wenige Monate später droht das Piratenschiff zu sinken.

Zwar hatten die Norderstedter eine Liste aufgestellt und wollten sich zur Wahl stellen. Doch der Landesvorstand zog den Wahlvorschlag, letztlich in Absprache mit den Norderstedtern, zurück. "Es ist auch Aufgabe des Vorstandes, potenziell parteischädigendes Verhalten zu erkennen und Maßnahmen zu ergreifen, um möglichen Schaden von der Partei abzuwenden", heißt es zur Begründung. So sei der Norderstedter Listenkandidat Torsten Lang mehrfach durch fragwürdige und ausländerfeindliche Äußerungen aufgefallen. In einer öffentlichen Online-Diskussion der Segeberger Piraten habe er Flüchtlinge aus den Balkanstaaten als "sozialschmarotzende Balkanesen" bezeichnet. Und das sei nicht das erste Mal gewesen, dass sich Lang in dieser Weise geäußert habe.

Auch das "undemokratische" Verhalten während der Kür der Norderstedter Kandidaten hat den Landesvorstand dazu bewogen, den Wahlvorschlag nicht bei der Stadt Norderstedt einzureichen. Diesen Vorwurf weist Edgar Timm von den Norderstedter Piraten allerdings zurück. Mit ihren Beschlüssen habe sich der Ortsverband lediglich gegen die "unwürdige" Befragung der Kandidaten durch zwei - nicht stimmberechtigte- Mitglieder des Kreisverbandes gewehrt. "Die beiden hatten eine Checkliste mit mehr als 30 Fragen vorbereitet. Nicht nur ich hatte den Eindruck, dass sie unsere Liste beeinflussen wollten", sagt Timm.

Er habe grundsätzlich nichts gegen eine intensive Befragung, das sogenannte Grillen. Sie müsse sich aber auf die politische Arbeit beschränken. Natürlich müssten sich diejenigen, die Politik mitgestalten wollen, zu Grundsatzpositionen der Piraten, zu aktuellen Themen und zur Frage äußern, wie sie den Zeitaufwand für das ehrenamtliche politische Engagement meistern wollen. Doch diese Checkliste habe wie eine Rasterfahndung gewirkt, mit der offenbar nicht genehme Kandidaten herausgefiltert werden sollten. So hätten die Fragesteller wissen wollen, wie die Bewerber zur Homöopathie stehen. "Diese Frage ist nicht nur taktlos. Sie stellt eine besonders infame Art der Gesinnungsschnüffelei dar", sagt Timm.

Er habe beantragt, dass nur stimmberechtigte Mitglieder Fragen stellen dürfen. Eine große Mehrheit habe zugestimmt. Doch die Kreispiraten hätten den Beschluss torpediert, die Checkliste an einen Norderstedter weitergegeben. Ortspirat Torsten Lang habe daraufhin den Antrag gestellt, dass jeder nur drei Fragen stellen darf. Am Ende standen sowohl Timm als auch Lang auf der Liste für die Kommunalwahl.

Die Jungen Piraten Schleswig-Holstein reagierten prompt, distanzierten sich in einem offenen Brief von Torsten Lang und forderten alle Piraten auf, das ebenfalls zu tun. Zudem verurteilten die Jungen Piraten das Vorgehen während der Kandidatenkür. Timm wiederum widerspricht der Auffassung des Landesvorstands. Lang habe mit Blick auf steigende Asylbewerberzahlen nur ausgesprochen, was viele Bundesbürger denken, er sei kein Rechter und auch kein Ausländerfeind. "Allerdings hat er sich in der Wortwahl komplett vergriffen", sagt Timm. Die Kandidatenkür hält er für demokratisch einwandfrei, die Beschlüsse zum Verfahren seien mehrheitlich gefasst worden.