Das Großflughafen-Projekt in Kaltenkirchen wird wohl endgültig zu den Akten gelegt. Viele begrüßen das Aus, andere kritisieren diese Vorentscheidung.

Kreis Segeberg. Am 20. März 1957 wartete das Hamburger Abendblatt mit einer kleinen Sensation auf: "Düsen-Flughafen für Lentföhrden?" lautete die Schlagzeile auf der Seite 3. Damals hatte das Kieler Wirtschaftsministerium den Bau eines Flughafens für "Düsenmaschinen" an der Bundesstraße 4 angeregt. "Etwa in Höhe des Dorfes Lentföhrden will man zwei Startbahnen anlegen, die für die modernsten Düsenflugzeuge ausreichen", hieß es in dem Artikel. Vor gut zwei Wochen berichtete das Abendblatt, was aus den Plänen wird: Das Großflughafen-Projekt landet im Orkus der Geschichte. Die Meinungen darüber gehen auseinander - viele begrüßen das Flughafen-Aus, andere kritisieren diese Vorentscheidung der fünf norddeutschen Bundesländer.

Die rund 2400 Einwohner des beschaulichen Dörfchens Lentföhrden haben in den vergangenen 56 Jahren zwar von den Flughafen-Plänen gehört - schließlich wurde in den Medien immer mal wieder darüber berichtet -, doch im Ort selbst hatten die Vorstellungen der Kieler Planer wenig Auswirkungen. "Mit diesem Flughafen hat ohnehin niemand mehr gerechnet", sagt Bürgermeister Bernd Specht. Er selbst weiß nicht einmal, wie viel Gemeindefläche auf dem 2200 Hektar großen Flugplatz-Areal liegt. Die Pläne liegen irgendwo im Keller des Amtshauses. Immerhin weiß Bürgermeister Specht, dass die Flächen landwirtschaftlich genutzt werden.

Die Gedankenspiele der Kieler Planer traten schon sehr bald in ein konkretes Stadium ein: Die 2200 Hektar hatte die Flughafen Hamburg GmbH aufgekauft. Die Stadt Hamburg hält 51 Prozent der Anteile, die Essener Hochtief Airport, eine Tochtergesellschaft des internationalen Baudienstleisters Hochtief, 49 Prozent seit 2000.

Hamburgs Bürgermeister Paul Nevermann und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Kai-Uwe von Hassel hatten 1962 eine Vision: Sie wollten den "größten Zivilflughafen der Welt" bauen. Bundesverkehrsminister Seebohm kündigte 1962 während der Lübecker Verkehrskonferenz an, der Airport Kaltenkirchen werde als "Luftkreuz des Nordens" 1970 eingeweiht.

Nichts ist daraus geworden. Die jeweiligen Landesregierungen in Hamburg und Schleswig-Holstein unterstützten oder bekämpften das Projekt - je nach politischer Ausrichtung. Nicht zuletzt weil es in Norddeutschland derzeit überall SPD-geführte Landesregierungen gibt, wird die "Akte Flughafen" wahrscheinlich geschlossen. Im Entwurf für das Norddeutsche Luftverkehrskonzept wird das Projekt nicht weiter verfolgt. Noch in diesem Jahr soll der Entwurf unterschriftsreif sein.

Schon am Tag nach Bekanntwerden der Länderplanungen, reagierte der CDU-Landtagsabgeordnete Volker Dornquast zusammen mit dem verkehrspolitischen Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Hans-Jörn Arp. Beide fordern, die Option für den Flughafen Kaltenkirchen dürfe nicht begraben werden, und müsse elementarer Bestandteil eines tragfähigen gemeinsamen norddeutschen Luftverkehrskonzeptes bleiben. Freunde in der Kaltenkirchener CDU macht sich der Henstedt-Ulzburger Dornquast mit dieser Aussage nicht. Sie kritisiert den Abgeordneten heftig und begrüßt die Ankündigung der fünf norddeutschen Bundesländer, die Pläne für einen Großflughafen bei Kaltenkirchen aufzugeben.

Die Wählergemeinschaft Pro-Kaki sieht es ebenso: "Das offizielle Aus für den Flughafen Kaltenkirchen ist für Pro-Kaki eine wichtige Entscheidung für die zukünftige Entwicklung der Region", heißt es in einer Stellungnahme. Das Flughafengelände, speziell das Grotmoor und die Nützener Heide, sollten als Naherholungsgebiet erhalten und ausgebaut werden.

Der Norderstedter Fluglärmgegner Hans Schwarz schlägt sich auf die Seite von Volker Dornquast und kritisiert die Kaltenkirchener CDU: "Fragen müssen sich im Interesse der Allgemeinheit alle, wohin sollte man im Falle des Falles einen Ersatzflughafen denn hin verlegen?" Kaltenkirchens Bürgermeister Hanno Krause begrüßt das Einstellen der Flughafenplanungen.

Was mit dem 2200 Hektar großen Gelände geschehen soll, ist unklar. "Wir sind noch im Abstimmungsverfahren", teilt das Kieler Verkehrsministerium mit. "Es bestehen keine Pläne oder Überlegungen, das Gelände für etwas anderes zu nutzen als gegenwärtig", sagt Flughafensprecherin Stefanie Harder. "Derzeit sind einige Flächen verpachtet und in land- und forstwirtschaftlicher Nutzung, außerdem wird etwas Kiesabbau betrieben."