Die Mitglieder des Skatvereins Glashütter Markt-Asse treffen sich immer dienstags in ihrem Vereinslokal Zur Glashütte

Bernd knallt Karo-Ass auf die Platte: "Auf dem Tisch gehen sie kaputt", sagt er. Siggi grinst und sticht mit Kreuz-Dame. Zwei Karos hat er gedrückt. Sein Spiel, davon ist er felsenfest überzeugt, ist "unverlierbar".

Pech gehabt! Am Ende zählt er nur 60 Augen. "Der Arsch ist gespalten", ruft einer der Kiebitze und legt noch einen drauf: "Siggi ist gerade von einem zweiwöchigen Urlaub aus der Karibik zurückgekommen. Auf dem Kreuzfahrtschiff hat er wohl das Skatspielen verlernt."

Die Gegenspieler Bernd Klopoter und Michael Völckers jubeln: Jetzt haben sie es dem Champion aber mal gezeigt. Siegfried Prochnau lässt sich nichts anmerken. "So ist das eben", bemerkt er hintergründig. "Mal verliert man, mal gewinnen die anderen."

Bei Deutschlands beliebtesten Kartenspiel geht es stets hoch her. Flotte, manchmal auch nicht stubenreine Sprüche machen überall die Runde. Harmlose Redewendungen wie "Trumpf ist die Seele vom Geschäft" oder "Pikus der Waldspecht" kennt jeder Skatspieler. Weihevolle Stille herrscht in der Regel nur, wenn es um Bundesligapunkte geht.

Die Markt-Asse spielen zurzeit in der Bezirksliga West

So ehrgeizig sind die 31 Mitglieder des Skatvereins Glashütter Markt-Asse nicht. Auch Siegfried Prochnau, 65, nicht. Er ist einer der Cracks bei den "Assen", die sich jede Woche dienstags für zwei, drei Stunden in ihrem Vereinslokal Zur Glashütte treffen. Aber bis in die Bezirksliga West haben sie es immerhin schon geschafft.

Fünfmal schon war Siggi Vereinsmeister, er ist damit Rekordhalter. In der aktuellen Vereinsrangliste, die in der Holsteiner Stube an der Wand hängt, liegt er in der Spitzengruppe. Und, das ist sein ganzer Stolz, er hat auch schon ein paar Mal in seiner Skatkarriere einen Grand Ouvert auf der Hand gehabt - das seltenste und teuerste Spiel überhaupt.

Die Wahrscheinlichkeit, einen Grand Ouvert gemischt zu bekommen, ist sehr, sehr gering - nur wenige Skatspieler bekommen ein so starkes Blatt auf die Hand, das aufgedeckt und ohne Skataufnahme als Grand gespielt werden kann, ohne dass die Gegner einen einzigen Stich bekommen. "Ich spiele seit meiner Kindheit Skat, aber einen Grand Ouvert hatte ich noch nie", sagt Günther Goroncy, 89. Seit 80 Jahren spielt er Skat. Im Zweiten Weltkrieg flog er Fernaufklärer und hielt im Eismeer Ausschau nach alliierten Geleitzügen. Hatte er feindliche Schiffe entdeckt, gab er die Informationen an die deutschen U-Boote weiter. "Zwischen den Einsätzen", sagt der Älteste unter den "Markt-Assen", "hatten wir viel Zeit zum Skatspielen."

Es gibt auch jüngere Mitglieder im Verein. Eines von ihnen ist Michael Völckers, 22. Sein Vater Andreas, 51, ist der Vereinsvorsitzende. Er hat seinem Sohn schon in frühen Jahren erklärt, was Null Ouvert, Null, Grand und die vier Buben bedeuten und wie man am besten mit ihnen umgeht.

"Es wird leider immer schwieriger, die Jugend von heute für das Skatspielen zu begeistern", klagt Andreas Völckers. "Die Jugendlichen haben keine Zeit mehr für soziale Kontakte. Der Druck auf sie wächst immens, im Beruf und auch in der Freizeit mit ihren vielen Möglichkeiten. Heute setzen sich die jungen Leute unter anderem lieber an den Pokertisch, live in einem Casino oder am Computer im Internet."

Junge Leute für das Skatspielen zu begeistern, ist schwierig

Das war zu den Jugendzeiten des 2. Vorsitzenden Klaus Küssner, 66, anders. Er hat bei den Minensuchern der Bundesmarine im Technischen Dienst gearbeitet, "und in der Mittagspause lagen die Skatkarten stets griffbereit", erinnert er sich.

So sind es heute die Männer der älteren Generation, die bei "Stubbe" am Skattisch sitzen. Vier Frauen sind auch Mitglied. Zum Beispiel Elke Göritz. "Vor vierzehn Jahren habe ich in einer Zeitung gelesen, dass die Glashütter Markt-Asse Skatspieler oder -innen suchen", erzählt die 71-jährige Norderstedterin. Das Skatspielen hat sie mit 18 von ihren Eltern gelernt. "Ich finde es toll hier, es macht richtig Spaß."

"Bei uns geht es harmonisch zu", betont Andreas Völckers, "wir haben Spaß und pflegen die Geselligkeit. Unser oberstes Gebot ist die Freude am Skatspiel, die Achtung dem Gegenüber und das Miteinander."

Das Reizen auf Teufel komm raus hat noch niemanden weitergebracht

Ein Motto, für das sich auch sein Sohn Michael verstärkt einsetzt. Der ausgebildete Elektriker, der nach der Arbeit in Ahrensburg noch zur Abendschule nach Hamburg fährt, um sich fortzubilden, hat derzeit nicht viel Zeit zum Skatspielen. Deshalb hat er sein Amt als Ligaleiter vorübergehend an den 2. Vorsitzenden Klaus Küssner abgegeben. Aber später will er wieder voll zur Sache gehen.

"Skat ist ein Hochleistungssport, ein Hobby fürs Leben", versichert Michael Völckers. "Es ist kein Glücksspiel, auch wenn das Glück bei der Kartenverteilung eine durchaus wichtige Rolle spielt. Das Reizen auf Teufel komm raus hat noch niemanden weitergebracht. Auch die Körpergestik der Gegenspieler verrät einiges. Und wer sich merken kann, welche Karten nach dem dritten oder vierten Stich noch im Spiel sind, hat einen Vorteil gegenüber den Mitspielern. Skat ist ein reines Kartenzählen."

Das weiß Siegfried Prochnau, wieder einmal Tischsieger an diesem Abend, seit Langem. Aber er sagt: "Wer mehr als ein Durchschnittsspieler sein will, muss auch mal was riskieren."

Ganz nach dem Motto: "Auf dem Tisch gehen sie kaputt..."

Am Dienstag nach Ostern stellen wir Ihnen den Norderstedter Cheerleader-Verein Starlets vor. Alle bisherigen Folgen unserer Serie "Mein Verein... finden Sie im Internet.

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