Peter Stoltenberg, seit dem Wochenende einer von zwei Landesvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen, ist im Kreis Segeberg zu Hause. In Seedorf bewirtschaft der 63-Jährige einen Biolandhof

Seedorf. Mit Ehrenämtern kennt sich Peter Stoltenberg aus. Er hatte schon einige davon. So war er beispielsweise zwei Jahre Bundesvorsitzender der Biolandbauern und lange Zeit Landesvorsitzender. Nun aber hat der 63-jährige Landwirt aus Seedorf-Fresenfelde ganz im Nordosten des Kreises Segeberg ein neues Spitzenamt: Er ist einer von zwei Landesvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen und damit Chef einer Regierungspartei in Schleswig-Holstein.

Ein Amt, das ihm Respekt abnötigt. Zwar ist Stoltenberg bereits kommunalpolitisch erfahren, sitzt seit 2008 im Segeberger Kreistag und ist zudem seit 2011 Kreissprecher seiner Partei. Aber im Land ist das eine andere Hausnummer. "Von selber wäre ich nicht darauf gekommen", sagt Stoltenberg. Er sei von einigen Parteifreunden angesprochen worden zu kandidieren; und so trat er nun am vergangenen Wochenende gegen den 43 Jahre jüngeren Studenten Tilmann Schade an. Die Wahl gewann der gebürtige Seedorfer deutlich.

Stoltenberg wird künftig also noch weniger Zeit für seinen Biolandbetrieb haben, auf dem er gut 100 Hektar bewirtschaftet und Weizen, Hafer oder Braugerste anbaut. Ein Mitarbeiter hält ihm dabei bereits seit zehn Jahren den Rücken frei, und die zeitintensiven Arbeitsfelder Rinderzucht und Gemüseanbau gibt es auf dem Hof Neuenrade ohnehin nicht mehr. Sein Mitarbeiter, Stoltenberg und seine Frau müssen sich außer um den Ackerbau noch um etwa 70 Schweine kümmern, sodass Zeit bleibt für die vielfältigen ehrenamtlichen Tätigkeiten.

Denn Stoltenberg arbeitet nicht nur für seine Partei, der er seit 2004 angehört. Er singt im Gospelchor Segeberg und ist Vorsitzender des Kirchengemeinderats seiner Kirchengemeinde Schlamersdorf und hat so neben der Regierungspolitik in Kiel künftig auch weiterhin mit bodenständigen Themen wie der Renovierung der St.-Jürgen-Kirche oder dem Anbau der Kindertagesstätte zu tun. Langweilig wird es ihm also nicht, wenn er in absehbarer Zeit in den Ruhestand tritt, der wohl eher ein Unruhestand werden wird. Er merke, dass er erst jetzt richtig Lust auf die Politik bekommt, sagt Stoltenberg. "Das ist ein gutes Nach-Berufs-Projekt."

Der Landwirt will darauf achten, dass das Wahlprogramm eingehalten wird

Eine politische Karriere plane er nicht. Er wolle nicht ausschließen, einmal auf der Liste für den Landtag zu kandidieren und Abgeordneter zu werden. Aber jetzt sollen die gewählten Abgeordneten ihre Arbeit machen. Stoltenberg sieht seine Aufgabe als Landesvorsitzender darin, die Rolle der Partei zu finden und zu definieren. Es gehe nicht darum, die Regierung zu überholen, sondern darauf zu achten, was im Programm steht. "Wir haben in den Landesarbeitsgemeinschaften ein Potenzial, das wachgehalten werden soll", sagt Stoltenberg. Er will dabei über die Tagespolitik hinausschauen, denn: "Wir können nicht davon ausgehen, dass wir die Erderwärmung auf zwei Grad mehr halten, nur weil wir fünf Jahre in Kiel in der Regierung sitzen."

In seinem Fachgebiet, der Landwirtschaft, seien dabei die Grenzen des Wachstums deutlich zu sehen. "Die Fläche ist begrenzt", sagt er. Die Frage sei, was dies für den Lebensstandard und die globale Gerechtigkeit heißt. Stoltenberg hat sich in den 1980er-Jahren viel mit der Situation in der Dritten Welt beschäftigt. "Ich wollte nicht schuld sein, dass die dort Kohldampf schieben", sagt er. Auch vor diesem Hintergrund hat er seinen Betrieb 1989 auf den Biolandbau umgestellt.

Demnächst stehen Gespräche mit den Koalitionspartnern an

Was nun auf ihn zukommt, weiß Stoltenberg noch nicht. Erste Gespräche mit der Landtagsfraktion hat es Anfang der Woche gegeben, demnächst stünden dann vermutlich auch Termine mit den Koalitionspartnern SPD und SSW an. Vor allem aber beginnt nach Ostern der Kommunalwahlkampf. Stoltenberg kandidiert dabei bewusst nicht auf einem vorderen Platz auf der Liste für den Kreistag. Er habe sich ganz auf die Parteiarbeit in dem nach seiner Ansicht relativ schwach aufgestellten Segeberger Kreisverband konzentrieren wollen. Ob er das nun als Landesvorsitzender nebenbei weiter machen kann, müsse man sehen, sagt er, denn: "Das ist eine Aufgabe, die die ganze Aufmerksamkeit braucht."

Und es stehen weitere an. Nach der Kommunalwahl kommt die Bundestagswahl. Und auch da wird Stoltenberg wieder aktiv - er tritt als Direktkandidat an. Zwar wird er nicht in den Bundestag einziehen, denn auf der Landesliste seiner Partei steht er nicht. Aber Wahlkampf wird er machen. Im Sommer wird dann auch noch ein neuer Pastor in seiner Kirchengemeinde gesucht. Langweilig wird es bei Peter Stoltenberg also so schnell nicht.