In der langfristigen Planung sind die kleinen Dienststellen nicht zukunftsfähig. Neun Stationen im Kreis Segeberg von Schließung bedroht.

Kreis Segeberg. Einst gehörte der Polizist zum dörflichen Leben wie der Bürgermeister und die freiwillige Feuerwehr, jetzt droht dem Schutzmann vom Land in vielen Gemeinden Schleswig-Holsteins das Aus. "In der langfristigen Planung sind die kleinen Dienststellen nicht zukunftsfähig", sagt Dirk Petersen, stellvertretender Leiter der Polizeidirektion Segeberg. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) geht sogar davon aus, dass der Dorfpolizist in fünf Jahren der Vergangenheit angehört.

Die Dienststellen Trappenkamp und Bornhöved sollen fusionieren

Im Hamburger Umland hat der Strukturwandel bei der Polizei bereits begonnen. Petersen hat beim Innenministerium in Kiel Anträge gestellt, die Station Appen bei Pinneberg zu schließen und die Dienststellen Trappenkamp und Bornhöved im Kreis Segeberg zu fusionieren. Doch das ist offenbar nur der Anfang. Reimer Kahlke von der Kreisgruppe der GdP geht davon aus, dass die kleinen Dienstposten flächendeckend geschlossen werden. Im Kreis Segeberg sind nach seinen Angaben neun Stationen von der Schließung bedroht, gut die Hälfte könnten es im Kreis Pinneberg sein.

Noch drastischer wirken sich die Planungen auf den Raum Itzehoe aus, wo nach GdP-Angaben 15 Posten dichtmachen müssen. Weitere Schließungen sind nach Kahlkes Angaben in den Bereichen Neumünster, Rendsburg, Plön, Ostholstein und Flensburg geplant. Für den Kreis Stormarn lägen noch keine Zahlen vor, sagte er.

"Effizienz durch Konzentration" - das ist nach Kahlkes Einschätzung das Prinzip der Zukunftsplanung bei der Polizei. Aufgrund von Personalmangel sei die Polizei gezwungen, sich auf ihre Kernaufgaben wie Einsatz und Ermittlung zu konzentrieren und ihre Organisation auf den Prüfstand zu stellen. "Die pure Not zwingt zu diesen Maßnahmen", sagt der Gewerkschafter, der für die Kreise Pinneberg und Segeberg zuständig ist.

Interne Berechnungen der Landespolizei haben ergeben, dass beispielsweise in den Kreisen Segeberg und Pinneberg 37 Polizisten fehlen. Zwar ist eine schrittweise Verlagerung von Personal von anderen Direktionen in den Süden des Landes geplant, doch Kahlke glaubt nicht, dass jemals sämtliche 37 Stellen besetzt werden können. Er fürchtet sogar einen Personalabbau bei der Landespolizei, da das Land seine Beamten nicht mehr bezahlen könne.

Die Verlegung der Dorfsheriffs in größere Reviere spart Geld

Auch die Schließung der kleinen Polizeistationen und die Verlegung der Dorfsheriffs in größere Reviere spart Geld: Das Land muss künftig nicht mehr die Mieten, Heizung und Strom für die Mini-Dienststellen zahlen.

Auf die Zahl der Dienststellen, die langfristig geschlossen werden müssten, will sich Polizeidirektor Petersen aus Bad Segeberg nicht festlegen. Doch er ist davon überzeugt, dass kleine Dienstellen nicht mehr zeitgemäß arbeiten können. "Mit dem System von gestern lösen wir nicht die Probleme von heute", sagte er. Für den Bürger zähle, dass im Notfall möglichst schnell ein Streifenwagen komme. Dabei sei es für den Bürger zweitrangig, zu welcher Dienststelle er gehöre.

Auch die wachsende Aggressivität gegen Polizisten sprechen nach Petersens Einschätzung für große statt kleine Dienststellen, die auf dem Land in der Regel mit bis zu fünf Beamten besetzt sind. "Heute kann ich nicht mehr ruhigen Gewissens einen Kollegen allein in den Dienst schicken", sagte er.

Christian Stölting vom Gemeindetag im Kreis Segeberg fordert, die Präsenz der Polizei in den Dörfern zu erhalten. "Die Dorfsheriffs sind wichtig", sagte er. Der Polizist im ländlichen Raum stehe für Bürgernähe und sei ein wichtiger Ansprechpartner, da er die Menschen und Besonderheiten in seiner Gemeinde kenne.

Volker Schmidt arbeitet seit 2003 mit zwei Kollegen als Dorfpolizist in der Polizeistation Tangstedt (Kreis Stormarn) und wird wahrscheinlich zu denen gehören, die in den kommenden Jahren ihren Arbeitsplatz wechseln werden. Der 54-Jährige ist sicher, dass sich bei einer Umfrage die meisten Bürger der Gemeinde für den Erhalt der Dienststelle aussprechen würden.

Die Pläne für die Umstrukturierungen müssen noch genehmigt werden

Auch in Tangstedt kann die Polizei nicht grundsätzlich alle Regeln zur Eigensicherung einhalten. Ein Kollege hat Urlaub, ein anderer wird geschult, schon ist Schmidt allein im Dienst. Brenzlige Situationen hat er dabei jedoch noch nicht erlebt. "Im Vergleich zu städtischen Einsatzteams ist das hier eine andere Gegend, wir kennen viele Bürger und können viele Probleme mit Verhandlungen lösen", sagt Schmidt.

Die Pläne für die Umstrukturierungen in den regionalen Direktionen müssen vom Innenministerium genehmigt werden. "Das ist ein Prozess von unten nach oben", sagt Ministeriumssprecher Thomas Giebeler. Derzeit liegen in Kiel fünf Anträge aus den Direktionen vor. An welchen Plänen die Direktionen für die kommenden Jahre arbeiten, konnte Giebeler nicht sagen.