Der WZV sieht sich Hackerangriffen ausgesetzt und führt ein Passwortsystem als Schutz ein. Sperrmüll-Fledderer auch Gefahr für die Umwelt.

Kreis Segeberg . Früher konnten sich Flohmarkthändler an jeder Straßenecke bedienen: Gebiete, in denen Sperrmüll-Abfuhr angekündigt war, galten als Anziehungspunkte. Im digitalen Zeitalter gibt es diese Treffpunkte nicht mehr. Im gesamten Kreis Segeberg gibt es Sperrmüll-Abfuhr auf Abruf - vorzugsweise per Internet bestellbar. Schwere Zeiten für alle, die vom Sperrmüll leben. Und das ist offenbar eine ganze Reihe von Zeitgenossen. Einige von ihnen haben eine Lücke im Datensystem des Wege-Zweckverbandes (WZV) gefunden, um trotzdem an die heiß begehrte Ware - vor allem Geld bringende Metallteile - zu kommen. "Spionage-Angriffe" haben die Organisatoren der Sperrmüll-Abfuhr zur Einführung eines passwort-geschützten Systems gezwungen.

Die Sperrmüll-Onlinebestellung des WZV ist bei Kunden beliebt: Sie können mit der Bestellung auch gleich einen von mehreren Terminvorschlägen auswählen. Das schafft Verlässlichkeit: Die Kunden wissen gleich, wann sie Sperrmüll an die Straße stellen können, der WZV kann auf diese Weise organisieren, dass in den umliegenden Straßenzügen ebenfalls Sperrmüll abgeholt werden kann.

Dieses System gefiel auch professionellen Sperrmüll-Sammlern, die in auffällig-unauffälligen weißen Lieferwagen einer bestimmten Marke durch die Straßen streifen und aufladen, was sie gebrauchen können.

Die nämlich "hackten" sich auf einfallsreiche Weise ins Datensystem. Sie gaben echte Namen und Adressen, die im Telefonbuch leicht zu finden sind, in das Sperrmüll-Abrufsystem ein, notierten sich die daraufhin vorgegebenen Sammeltermine und brachen den Vorgang ab, ohne einen bestimmten Termin zu bestätigen. Das reichte, um herauszufinden, wann und wo Sperrmüll abgeholt wird. An Ort und Stelle wurden dann zur vorgegebenen Zeit die Straßen abgefahren und alles aufgeladen, was Geld bringt. Kühlschränke zum Beispiel oder anderen Elektroschrott. Also alles, was metallhaltig ist und zu Geld gemacht werden kann. Eine Tonne Altmetall bringt derzeit etwa 300 Euro ein.

Etwa 70 dieser "Hackerangriffe" hatte der WZV in den vergangenen Wochen zu verzeichnen.

Die wilden Sammler können unter Umständen die Nachtruhe der Anwohner stören. Das ist noch das geringste Übel. Eine Gefahr für die Umwelt stellen die Sperrmüll-Fledderer dann dar, wenn sie Elektronikschrott, insbesondere Kühlschränke oder batteriebetriebene Geräte, einsammeln. "Das ist verboten und kann mit einer Geldbuße von bis zu 100.000 Euro geahndet werden", sagt WZV-Sprecherin Bettina Kramer. "Meistens werden die Geräte ausgeschlachtet und dann irgendwo in der Landschaft abgeladen." Dem WZV gingen außerdem Erlöse aus der Wertstoffvermarktung verloren. Dieses Geld fließe in die Gesamtkalkulation ein, auf deren Basis die Tarife festgelegt würden.

5000 Kunden nutzen den Bestell-Service pro Jahr, fast alle sind zufrieden. Damit die wilden Sammler keine Chance mehr haben, müssen sich die Kunden auf ein geändertes System einstellen. Im Prinzip funktioniert die Sperrmüll-Abholung wie bisher, aber neben dem Namen und der Adresse muss jetzt auch die E-Mail-Adresse eingegeben werden. An diese Adresse wird, wie bei jedem Onlinegeschäft, sofort das individuelle Passwort übermittelt. Erst wenn dieses in das Feld "Passwort" kopiert oder geschrieben wird, kann die Bestellung und die Terminauswahl wie bisher erfolgen. Dieser Vorgang wiederholt sich bei jeder neuen Sperrmüll-Abholung. Bettina Kramer: "Selbstverständlich kann die Sperrmüll-Abholung nach wie vor auch schriftlich, telefonisch oder persönlich im Service-Center bestellt werden."

Die Abfallüberwachung des Kreises Segeberg hat aktuell die Städte, Ämter und Gemeinden um aktive Mithilfe gegen wilde Sammler gebeten. Im besten Fall wird in Zusammenarbeit von Kreis, dem Umweltschutztrupp der Polizei und der örtlichen Polizeidienststelle "Streife gefahren", um diese Sammler auf frischer Tat zu ertappen. Die Abfallentsorgungsbehörde des Kreises nimmt Hinweise unter der Telefonnummer 04551/95 17 30 oder 04551/95 15 24 und das Service-Center beim WZV unter 04551/9090 entgegen.

Torsten Höppner, Leiter der WZV-Abfallwirtschaft, setzt auf die Landesregierung: Das neue Landesabfallswirtschaftsgesetz sieht im Entwurf vor, Sperrmüll-Fledderei wieder als Ordnungswidrigkeit zu ahnden. Es könnte noch im zweiten Quartal 2013 verabschiedet werden.