Das renovierte Standesamt in Norderstedt ist beliebt bei Paaren. So sehr, dass der Oberbürgermeister als “Springer“ aushelfen soll.

Norderstedt. Dass Paare im Norderstedter Standesamt stilvoll Ja zueinander sagen können, das hat sich herumgesprochen. Im Jahr 2010 wurde die Renovierung der in die Jahre gekommenen Räume des Standesamtes abgeschlossen. Seither sind die hellen Trauzimmer von Design-Sitzbänken in weißem Leder, schicken Stühlen in dunklem Holz, großen Spiegeln und einem silbern glitzernden Schallbrecher unter der Decke geprägt. Das neue Ambiente macht sich jetzt in der Statistik des Standesamtes bemerkbar. "Die Zahl der Eheschließungen steigt seit der Renovierung an", sagt Gabriele Wegner, Fachbereichsleiterin.

Mit 350 Trauungen wurde 2012 der Höchstwert der vergangenen drei Jahre erreicht. Vor der Renovierung lag die Zahl der jährlichen Trauungen immer bei knapp 300. 2010, im ersten Jahr im neuen Ambiente, schnellte die Zahl auf 342. Nach einem leichten Rückgang 2011 auf 310 Eheschließungen wurde 2012 zum bisherigen Spitzenjahr. Allein zum begehrten "Schnapszahl-Datum" am 12. 12. 2012 ließen sich in Norderstedt 16 Paare trauen.

Das Standesamt lockt auch immer mehr Paare aus Hamburg an

Wegner interessierte sich für die überregionale Wirkung ihres neu gestalteten Standesamtes. Deswegen rechnete sie aus den totalen Zahlen die auswärtigen Paare heraus. In 54 Fällen von 350 kamen die Eheleute nicht aus Norderstedt. Wegner: "Es sind in der Regel Hamburger aus dem nördlichen Randgebiet, die in Hamburg keinen passenden Termin gefunden haben und dann zu uns ausweichen." Den Hochzeitsgesellschaften kommt es entgegen, dass im Norderstedter Standesamt für alle Gäste ausreichend Platz in den zwei Trauzimmern zu finden ist. Der Rathausmarkt eignet sich, um mit einer feierlich geschmückten Limousine vorzufahren. Und unter den großen "Allwetter-Schirmen" mit acht Metern Durchmesser, die vor dem Amt aufgestellt wurden, findet die Traugesellschaft bei jedem Wetter Platz, um auch draußen zu feiern. Außerdem kann man in Norderstedt an jedem zweiten und vierten Sonnabend im Monat heiraten (Kosten zusätzlich: 80 Euro).

Der Oberbürgermeister soll nur in Ausnahmefällen ran

In diesem Jahr kommt im Norderstedt eine weitere Attraktion hinzu - wenn der Hauptausschuss in seiner Sitzung am Montag, 11. Februar, zustimmt. Dann nämlich wird Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote als neuer Standesbeamter in seiner Stadt Paare trauen. Und das kam so: Das Norderstedter Standesamt verfügt über fünf hauptamtliche Standesbeamte und vier weitere Mitarbeiter in der Verwaltung, die unregelmäßig Trauungen übernehmen. In Ausnahmefällen, also etwa an Tagen wie dem 12. 12. 2012, stand bis zum letzten Jahr die ehemalige Leiterin des Standesamtes und die langjährige Leiterin des Hauptamtes, Siegried Becker, als ausgebildete Standesbeamtin in Ausnahmefällen zur Verfügung. Becker ging 2012 in den Ruhestand, die Stelle des "Springers" im Standesamt war seither vakant.

"Da haben wir hin und her überlegt, und schließlich habe ich gesagt, ich mach das", sagt Oberbürgermeister Grote. Das Land hat 1998 extra für die Bürgermeister eine Ausnahme von den Ausbildungsvoraussetzungen für Standesbeamte erlassen, um so den Weg für die Verwaltungschefs in die Trauzimmer frei zu machen. In vielen Kommunen des Landes, besonders den kleineren, ist es nicht unüblich, dass der Bürgermeister auch Ehen schließt. Doch der Oberbürgermeister einer 75.000-Einwohner-Stadt und Chef einer Stadtverwaltung mit 1200 Mitarbeitern dürfte doch eher weniger Zeit für Trauungen haben. "Natürlich ist mein Terminkalender immer voll. Es soll ja auch nur die absolute Ausnahme sein", sagt Grote. Gleichwohl nimmt er die Aufgabe sehr ernst. "Als Standesbeamter sollte man sich schon im Eherecht ganz gut auskennen", sagt Grote.

Entsprechend wird der Verwaltungschef noch mal die Schulbank drücken müssen. Die Regelung schreibt vor, dass Bürgermeister entweder am Kompetenzzentrum für Verwaltungs-Management oder an der Akademie für Personenstandswesen an einem zwei- bis dreitägigen Lehrgang teilnehmen müssen. Grote ist dazu bereit - jetzt muss nur noch der Hauptausschuss als Dienstherr des Oberbürgermeisters am Montag grünes Licht geben.

"Ich weiß, dass der standesamtlichen Trauung heute mehr Bedeutung zukommt, weil viele Leute nicht mehr kirchlich heiraten", sagt Grote. Und Gabriele Wegner, die Standesamtsleiterin sagt: "Standesbeamte müssen eine würdige Zeremonie gestalten können. Dabei müssen sie auf die Eheleute eingehen können: Manche mögen es kurz, knapp und sachlich, andere wollen es ausführlicher und romantischer", sagt Wegner.