In der Bibel wird erzählt, wie vier Freunde einen Gelähmten zu Jesus bringen. Sie tragen ihn zu einem Haus voller Menschen. Weil sie nicht hinein können, decken sie das Dach auf und lassen den Freund hinunter. Jesus erblickt den Gelähmten, sieht seine Not und heilt ihn.

Wenn Kinder die Geschichte hören, denken sie an ihre Freunde. Sie lachen über die Idee, ein Dach zu öffnen. Sie führen sich vor Augen, wie es ist, krank zu sein und Hilfe zu benötigen. Sie wünschen, dass es jemanden geben soll, dem sie ihre große Not sagen können. Und sie lernen Jesus kennen und dass seine Geschichten von der Rettung des Lebens handeln.

Wenn ich Kindergartenkinder beten höre, dann freuen sie sich über den Schnee, dass sie ihre Mama lieb haben, dass sie ihr Seepferdchen geschafft haben und über einen neuen Zahn. Und ihre Traurigkeit bringen sie vor Gott: Oma ist gestorben, Papa ist nicht mehr zu Hause, ein Freund zieht in eine andere Stadt.

Sollten wir unseren Kindern Religion, deren Erzählungen, Gesten und Gebete vorenthalten, um ihnen so lange die Freiheit der Entscheidung zu überlassen, bis sie dafür reif sind?

Wir werden unseren Kindern unsere Überzeugungen nicht vererben können. Kinder werden uns das, was uns Halt gibt wie auch unsere Religionsskepsis nicht von den Lippen lesen. Sie gehen ihre eigenen Wege. Aber Kinder brauchen etwas, worauf sie sich, und sei es vorläufig und versuchsweise, einlassen können: Sind die Erzählungen, die Bilder, sind die Gesten und das Gebet schön, sind sie stark? Führen sie mich in eine verlässliche Gemeinschaft? Helfen sie mir, vertrauen zu können, stark zu werden und zu mir und meinen Aufgaben zu finden?

"Mit Gott groß werden" lautet die Einladung. Unsere Kinder sind frei, damit oder ganz anders etwas anzufangen. Die Chance, damit anzufangen, haben sie verdient.

Michael Schirmer ist Pastor der Norderstedter Vicelin-Schalom-Gemeinde