Ärzte und Pflegekräfte erläutern beim Symposium in Norderstedt, wie sich Schmerzen jenseits von Tabletten behandeln lassen.

Norderstedt. Die dunklen Themen der Altersmedizin stehen im Zentrum des aktuellen Symposiums in Norderstedt. "Schlaf, Schmerz, Sucht" haben Dr. Peter Flesch, Chefarzt für Geriatrie in der Asklepios-Klinik Nord (Ochsenzoll), und sein Team den Info-Tag am Freitag, 8. Februar, im Norderstedter Rathaus überschrieben.

In Workshops und Vorträgen werden Ärzte und Pflegekräfte erläutern, wie sich Schmerzen jenseits von Tabletten behandeln lassen, wie schnell Patienten abhängig werden von Medikamenten und wie die Gesundheit darunter leidet, wie gestörter Schlaf das Risiko für einen Herzinfarkt und Schlaganfall erhöhen kann. Das Tagesprogramm wendet sich vor allem an Fachkräfte, die für die Teilnahme Fortbildungspunkte bekommen. "Willkommen sind aber auch interessierte Laien wie pflegende Angehörige", sagt Hans Jeenicke vom Norderstedter Seniorenbeirat, der das Medizin-Symposium wie auch die Stadt Norderstedt begrüßt und unterstützt. Um 18 Uhr beginnt ein Vortrag, zu dem jeder willkommen ist (s. Info-Kasten).

Zum siebten Mal bietet die Asklepios-Klinik Nord den Fortbildungstag in Norderstedt an. Um schwindende Sinne ging es im Vorjahr, 2010 zeigten die Referenten, wie Senioren sich mit der Spielekonsole Wii fit halten können. Nun also die Schattenseiten, denn: "Sucht im Alter ist ein gängiges Thema. Wer allein ist oder Schmerzen hat, betäubt sich gern mal mit Alkohol oder Tabletten", sagt Flesch. Im Laufe des Lebens sammelten die Menschen nicht nur Bücher und Erfahrungen, sondern auch Krankheiten, die oft von chronischen Schmerzen begleitet werden. Wenn die den Schlaf stören, greifen Betroffene zum Schlafmittel.

Medikamente sind häufig die Ursache, wenn alte Menschen stürzen

"Doch die wenigsten wissen, dass diese Mittel in der Regel nach zwei bis drei Wochen zur Abhängigkeit führen", sagt der Altersmediziner. Valium sei wohl der bekannteste Beruhiger, doch es gebe noch 40 bis 50 andere Präparate, die Benzodiazepine enthalten. Die Wirkstoffe störten die Schlafarchitektur, verhinderten die Erholung während der Nacht. Aufmerksamkeit und Konzentration würden gemindert. "Medikamente sind häufig die Ursache, wenn alte Menschen stürzen. Und wenn erst mal ein Knochen gebrochen ist, kommen sie nur noch schwer wieder auf die Beine", sagt Flesch.

Daher hätten er und seine Kollegen eine hohe Verantwortung, Medikamente sinnvoll zu dosieren. Das gelte gerade für Patienten, die mehrere Tabletten am Tag schlucken müssen. Wer Parkinson habe, dazu noch Diabetes mellitus und eine Herzschwäche, komme leicht auf acht oder mehr Tabletten. Es gebe Leitlinien für die Verordnung, die bei bestimmten Erkrankungen spezielle Dosierungen vorschreiben. Doch darüber könnten und müssten sich die Ärzte im Sinne des Patienten auch mal hinwegsetzen, was einige auch tun. In den Workshops werden daher Alternativen vorgestellt, wie sich Schmerzen ohne Medikamente lindern lassen. Wärme und Kälte nennt der Mediziner, Physiotherapie und Entspannungsübungen. "Es gibt auch die Möglichkeit, Nerven lokal zu betäuben", sagt Flesch.

Dauerthemen in der Altersmedizin seien Depression und Demenz, die auch während des diesjährigen Symposiums wieder angesprochen werden. "15 Prozent der Patienten, die wir in der Klinik aufnehmen, sind dement", sagt Flesch. Das Krankheitsbild sei mehr oder weniger stark ausgeprägt. Und wenn demente Menschen mit einer neuen Umgebung konfrontiert werden, würden sie verunsichert, neigten sie zu Abwehrreaktionen, was ihnen oft als Aggression ausgelegt würde.

Die Veranstalter rechnen wieder mit rund 250 Teilnehmern

An einem Beispiel verdeutlicht Flesch, was Verwirrtheit und Orientierungslosigkeit bedeuteten: "Sie müssen sich das so vorstellen, als wenn sie nach einem Flugzeugabsturz in einem chinesischen Krankenhaus aufwachen. Unbekannte Umgebung, fremde Menschen, die sie nicht verstehen, von denen sie nicht wissen, was sie wollen." In einer solchen Situation reagiere auch ein gesunder Mensch leicht panisch und verschließe sich. Daher sei es wichtig, schon bei der Aufnahme in die Klinik Demenz zu erkennen.

Doch auch in Heimen schaffe Demenz Probleme, die bisher weitgehend unentdeckt blieben. "Wenn altersverwirrte Heimbewohner nur noch Stummel im Mund haben und dringend zahnärztlich behandelt werden muss, wird es schwierig. Der Zahnarzt kann nicht in die Einrichtung kommen, der Patient nicht einfach so zum Zahnarzt gehen", sagt Flesch. Daher kooperiere das Zentrum für Ältere der Asklepios-Klinik Nord jetzt auch mit der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie.

Das Symposium für Altersmedizin in Norderstedt ist inzwischen zu einer festen Einrichtung geworden. Auch in diesem Jahr rechnen die Veranstalter wieder mit rund 250 Teilnehmern.