Lessing-Schüler feiern 50 Jahre Elysée-Vertrag mit Crêpes und einem Quiz, Copp-Schüler nehmen Vorurteile auf die Schippe.

Norderstedt. Die einen backen Crêpes und lösen ein Frankreich-Quiz, die anderen persiflieren auf der Bühne Klischees, Eigen- und Unarten, wie sie Franzosen und Deutschen zugeschrieben werden. Im Lessing- und im Coppernicus-Gymnasium bestimmte gestern die deutsch-französische Freundschaft den Arbeitstag der Norderstedter Schüler. Vor 50 Jahren haben Kanzler Konrad Adenauer und Staatspräsident Charles de Gaulle den Elysée-Vertrag unterzeichnet, den bis heute geltenden deutsch-französischen Freundschaftsvertrag.

"Den haben wir im Unterricht behandelt", sagt Louisa, 16. Doch momentan gilt ihr Augenmerk weniger dem bedeutenden Vertragswerk oder dem, was sie mit Frankreich verbindet, als vielmehr dem Teig in der Pfanne vor ihr. Der darf nicht anbrennen, schließlich fordern ihre Mitschüler unaufhörlich die leckeren und flachen Teigfladen. Die Schlange an der Ausgabe will in den großen Pausen einfach nicht abreißen, Louisa und ihre Mitschülerinnen backen in der Schulküche, was die Herdplatten hergeben. Schließlich verkaufen sie weit mehr als 100 Stück, vom Erlös finanziert Jenny Weissflog die Preise für die besten Vorleser.

Die Französisch- und Englischlehrerin, die erst seit diesem Schuljahr am Lessing-Gymnasium unterrichtet, hat den deutsch-französischen Freundschaftstag organisiert. "Das besondere Jubiläum müssen wir auch an unserer Schule würdigen", sagt die Pädagogin, die die Tradition von ihrer vorigen Schule in Husum importiert hat.

Die Würdigung fiel handfest und konkret aus, die Lessing-Schüler sahen sich mit einer Großportion Frankreich konfrontiert. An die leckeren Crêpes und das Quiz dürften sich die Schüler aber eher erinnern als an abstrakte Vorträge. Wie hoch ist der Eiffelturm, welches Gebirge trennt Frankreich von Spanien, welche Form hat Frankreich, und auf welcher Straße endet die Tour de France? Landeskunde hat die Lehrerin in ein Quiz verpackt. Fragen auf Französisch für die Schüler, die die Sprache lernen, Fragen auf Deutsch für die "Lateiner".

Die Sieger werden ausgezeichnet, genauso wie die besten Vorleser. 22 Jungen und Mädchen aus den sechsten Klassen lasen am Nachmittag französische Texte. Die besten drei bekamen CDs von - na klar - Interpreten aus Frankreich. An alle verteilte Jenny Weissflog Urkunden und Tüten mit Croissants und Carambars, französischen Karamelbonbons.

Wer die unterhaltsamen Beiträge am Coppernicus-Gymnasium verstehen wollte, musste passabel Französisch verstehen. Die Schüler aus dem 13. Jahrgang, im sprachlichen Profil wie in der Fremdsprache bestens zu Hause, nahmen sich gleichermaßen unterhaltsam wie pointiert der gegenseitigen Klischees an. Die Franzosen schmeißen ihren Abfall auf die Straße und konzentrieren sich lieber auf die hübschen Frauen, die an ihnen vorbeiflanieren. Die Deutschen haben weniger Sinn fürs Ästhetisch-Erotische, sammeln dafür das Papier auf und werfen es in einen Mülleimer. Der Bayer probiert ein Fougasse, eine mit Olivenöl und Rosmarin zubereitete Brotspezialität aus der Provence, verzieht den Mund und sagt hinter vorgehaltener Hand, das ihm eine Brezel doch lieber wäre. Und natürlich haben die Deutschen auch keinen Humor, die Franzosen dafür ihren Nationalstolz. Die Schubladen in den Köpfen dürften in der Realität inzwischen allerdings weitgehend frei von Vorurteilen sein. Regelmäßiger Schüleraustausch hat zu grenzübergreifenden Freundschaften und unbeschwerter Offenheit geführt.

Eine Copp-Schülerin war in Berlin dabei, als Kanzlerin Merkel und Staatspräsident Hollande am Montagabend mit rund 200 jungen Deutschen und Franzosen diskutierten. Dabei kam auch die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Europa zur Sprache. Jugendliche kritisierten auch, dass das europäische Studenten-Austauschprogramm Erasmus gekürzt werden solle.