Hass-Tiraden gegen den Besitzer einer Hundeschule wegen angeblicher Tierquälerei. YouTube-Video als Auslöser. Die Polizei ermittelt.

Bad Bramstedt. Die Szene wirkt verstörend: Auf dem Gelände von Hundeschule von Michael Grewe in Bad Bramstedt schlägt ein Ausbilder einem Schäferhund mit einem Napf auf den Kopf, als das Tier nicht pariert. Im Dezember 2012 hat ein Unbekannter ein kurzes Video mit diesen Bildern im Internetportal YouTube hochgeladen - mit kaum absehbaren Folgen. Grewe und seine Familie können sich nicht mehr sicher fühlen. Sie erhalten Morddrohungen.

Bei Facebook und auf anderen Seiten im Internet überbieten sich vermeintliche Tierschützer mit Beleidigungen und Ankündigungen, Grewe zu attackieren. Sie rufen Boykott der Hundeschule auf. Jetzt ermittelt die Polizei.

Für Grewe ist die Flut der Angriffe und Drohungen nur schwer zu ertragen. "Wir waren geschockt und sind es immer noch, welche Reaktionen dieser Film hervorgerufen hat und welche Unmengen an Mails und Beiträgen auf unseren Facebookseiten eintrafen", schreibt er. "Weil wir mit dieser Reaktion und auch der Heftigkeit der Beiträge total überfordert waren, haben wir zunächst unsere Facebookseiten blockiert."

Wer den Film hochgeladen hat, ist bislang unbekannt

Inzwischen haben mehr als 170.000 Menschen das zwei Minuten und 37 Sekunden lange Video auf YouTube gesehen, kommentiert und verbreitet. Wer den Film hochgeladen hat, wieder herausnimmt und dann erneut veröffentlicht, ist bislang unbekannt. Doch das könnte sich ändern. Grewe, der sich selbst nicht mehr zu der Szene äußert, hat den Anwalt Christoph Stephan beauftragt, der jetzt die Verantwortlichen mit Hilfe der Polizei ermitteln will und 60 Anzeigen wegen Beleidigung, Nötigung und anderer Delikte erstattet hat.

"Man sieht halt keine schöne Sache", schreibt Grewe über die Szene, die sich bereits 2009 abgespielt hat, im Video jedoch nur stark gekürzt gezeigt wird. Zu sehen sei ein Deutscher Schäferhund, der bereits mehrere Menschen "ernsthaft" gebissen habe. Das Tier sei wegen seines gefährlichen Verhaltens bereits zu Tötung freigegeben, ergänzt sein Anwalt Stephan. "Das Training in der Hundeschule war für das Tier die letzte Chance", sagt Stephan.

Auf dem Video ist zu sehen, wie Grewes Kollege Frank F. den Hund an der Leine hält und Grewe sich dem mit einem Maulkorb gesicherten Tier nähert. Als der Hund sofort aggressiv Grewe anspringt, schlägt F. mit dem Napf zu. Weder ein Jaulen noch ein Winseln ist wahrzunehmen. Was das Video nach Grewes Angaben nicht zeigt: Nach dem Training habe man sich dem Hund ohne Gefahr nähern können. "Zum Schluss konnte man dem Hund den Maulkorb abnehmen, er durfte weiterleben", sagt Stephan, der auch Frank F. vertritt.

Der Anwalt arbeitet nach eigenen Angaben eng mit dem Landeskriminalamt zusammen und will die Urheber von Drohungen und Beleidigungen enttarnen, die sich im Internet nur mit ihrem Pseudonym äußern. "Diese Leute werden sich nicht verstecken können", sagt Stephan, der F. und Grewe auch gegen den Vorwurf der Tierquälerei verteidigt, der in zahlreichen Strafanzeigen erhoben wird. Er ist überzeugt: "Die Szene in dem Video gibt den Tatbestand nicht her." Eine Chance, YouTube die Verbreitung des Films zu untersagen, sieht Stephan nicht: "Der Server steht im Ausland." Stephan vermutet, dass Neider hinter der Kampagne stecken, die Grewe geschäftlich ruinieren wollen.

"Es gibt keine Normen für die Ausbildung", sagt ein Amtstierarzt

Ob der Schlag auf den Kopf des Hundes eine angemessene Erziehungsmethode war, ist in der Fachwelt umstritten. Der Berufsverband der Hunderzieher und Verhaltensberater spricht von einer "tierschutzwidrigen Trainingsmaßnahme". Die Veterinärexperten des Kreises Segeberg wollen sich dagegen vorerst nicht festlegen und verweisen auf das schwebende Verfahren. "Es gibt keine Normen für die Ausbildung", sagt ein Amtstierarzt, der am Freitag den Bramstedter Betrieb kontrolliert hat und jetzt eine Stellungnahme für die Kieler Staatsanwaltschaft schreibt. Bei der Kreisverwaltung seien zahlreiche Anzeigen eingegangen, bestätigte der Tiermediziner.

Auch die renommierte Zoologin Dorit Feddersen-Petersen von der Kieler Universität wird ein Gutachten über die Hundeausbildung in der Bramstedter Hundeschule schreiben. Für eine Beurteilung müsse sie jedoch den ganzen Film sehen und mit Grewe sowie dem Trainer der Hündin sprechen, sagte sie. "Dieses Schnipselchen im Internet ist mit zuwenig."

Feddersen-Petersen bezeichnete den Hundetrainer als "anerkannten Fachmann mit profunden Kenntnissen", der jetzt einem katastrophalen medialen Druck ausgesetzt sei. Grewe werde zum Beispiel über anonyme mediale Netzwerke bedroht, gegen die er machtlos sei. Auch die anerkannte Wissenschaftlerin kennt den massiven Druck durch bestimmte "Tierschützer". Als sie sich vor zehn Jahren gegen den Einsatz von Elektroreizgeräten im Rahmen der Hundeerziehung äußerte, erhielt sie "lediglich" - wie sie sagt - telefonisch Morddrohungen.

"Vor dem aktuellen, medialen Mob habe ich dennoch mehr Angst", sagt Feddersen-Petersen. "Darum werde ich mich vorschnell zu dem Fall nicht mehr äußern"

Die Kieler Staatsanwaltschaft beschäftigt sich mit den Vorwürfen gegen Grewe und den Anzeigen, die er und sein Anwalt erstattet haben. "Wir werden den Sachverhalt jetzt bewerten", sagt Staatsanwalt Ingo Plewka. Bei der Prüfung, ob Tierquälerei vorliege, werde das Gutachten des Kreisveterinäramtes eine große Rolle spielen. Plewka bestätige, dass "bundesweit" Anzeigen erstattet worden seien.

"Was uns betroffen macht ist der Hass, der uns entgegen kommt, von Menschen, die uns und unsere Arbeit gar nicht kennen und aufgrund des kleinen Ausschnittes tatsächlich denken oder die Propaganda vertreiben, nur so würde bei uns gearbeitet", schreibt Grewe in seiner Stellungnahme. "Das ist nicht zutreffend und wir werden uns und unserer Arbeit treu bleiben.