Vor allem der “Kellerkind“-Skandal hat die Menschen im zu Ende gehenden Jahr bewegt. Und die Frage: Wer wird der neue Winnetou?

Das Jahresende ist die Zeit, um zurückzublicken. Manche Ereignisse haben sich als so wichtig erwiesen, dass wir genauer hingesehen haben: Was ist daraus geworden? Wie geht es weiter? Wurden Versprechen gehalten?

Wir wünschen unseren Lesern beim Blick zurück in die Zukunft viel Spaß und natürlich einen guten Rutsch in das Jahr 2013, in dem manche Ereignisse des auslaufenden Jahres noch eine große Rolle spielen werden.

Schmierenkomödie: Er war der Held in der Prärie und hätte einen besseren Abgang verdient gehabt: Nach der sechsten Saison als Winnetou musste TV-Star Erol Sander gehen. Die Kalkberg GmbH servierte ihren Star kurzerhand ab und nannte bis heute keine Begründung. Dabei hatte der der Schauspieler mit türkischen Wurzeln großen Anteil daran, dass bei den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg die Zuschauerrekorde purzelten. Bürgermeister Dieter Schönfeld versprach als Chef der Kalkberg GmbH immerhin, dass bis Ende des Jahres ein neuer Winnetou vorgestellt werden soll. Fehlanzeige: Bis heute wurde noch kein Name genannt. Es liegt daher die Vermutung nahe, dass es schwer ist, einen zugkräftigen Star zu den Indianerspielen in die Provinz zu locken.

Zwangsurlaub: Der Fall des Henstedt-Ulzburger Bürgermeisters Torsten Thormählen gehört zu den wenig ruhmreichen Ereignissen in der Geschichte der Gemeinde Henstedt-Ulzburg. Er soll als Ellerauer Bürgermeister und ehemaliger Vorstand der Kommunalbetriebe Ellerau zusammen mit dem damaligen Prokuristen Klaus Lange in die eigene Tasche gewirtschaftet haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit fast elf Monaten - bisher ohne erkennbares Ergebnis. Thormählen ist beurlaubt, die Gemeinde wird weiter ehrenamtlich geführt.

Kellerkind: Als am 13. Juni die Polizei zu einer Erdgeschosswohnung im Segeberger Bussardweg gerufen wurde, ahnten weder Beamten noch Behörden, welche langfristigen Auswirkungen dieser Einsatz nach sich ziehen würde. Ein dreijähriger, völlig verstörter Junge - mittlerweile in ganz Norddeutschland als "Kellerkind" bekannt - musste aus einem verschlossenen und verdrecken Raum befreit werden. Vernachlässigt von den Eltern, offenbar nicht ausreichend kontrolliert vom Jugendamt. Nach und nach kamen die Hintergründe eines Kinderschutz-Skandals zum Vorschein, der den Kreis auch im kommenden Jahr beschäftigen wird. Landrätin Jutta Hartwieg kam durch ihre zögerliche Informationspolitik stark in Bedrängnis. Der renommierte Wissenschaftler Reinhart Wolff fertigte ein brisantes Gutachten an über Strukturmängel in der Verwaltung und die Chronologie des konkreten Falls. Wer welche Fehler begangen hat in der Affäre, ist längst noch nicht absehbar.

Senkrechtstart: Gleich mit den Eröffnungswochen im März wurde das Kulturwerk am See zur nachgefragten Kulturstätte in der Stadt Norderstedt, sowohl für Künstlerinnen und Künstler wie auch für Schauspieler und Musiker, Comedians und Jazzer, Kulturvereine und Abo-Theater. In dem benachbarten Kubus erhielt endlich die Musikschule Norderstedt ein Zuhause für Unterricht und kleine Konzerte.

Grausam: Gleich mehrfach ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen Mordes, mussten sich Beschuldigte aus dem Kreis Segeberg vor Gericht verantworten. Der spektakulärste Fall ist der Mord an fünf Frauen, für den der 65 Jahre alte Henstedt-Ulzburger Hans-Jürgen S. für immer hinter Gitter muss. Zu Beginn des Jahres sprach das Landgericht Kiel das Urteil. Er hatte die Taten zwischen 1968 und 1984 begangen. Erst 42 Jahre nach dem ersten Mord waren die Ermittler durch verfeinerte DNA-Untersuchungsmethoden auf seine Spur gekommen.

In einem Reihenhaus in Norderstedt verletzte der 48-jährige Heinrich W. seine Frau so schwer, dass sie kurz darauf im Krankenhaus starb. Gegen den Elblotsen wurde Haftbefehl erlassen. In einer bewegenden Trauerfeier nahmen die drei Kinder gemeinsam mit Mitschülern und Verwandten Abschied von der Toten.

Erst begonnen hat der Prozess gegen Schweinebauer Hans-Martin V. aus Sülfeld. Der 63-Jährige soll am 17. Juni seinen Sohn getötet haben, indem er dem 27-Jährigen einen Böller in den Mund steckte und anzündete. Anschließend soll der Mann den Toten zerstückelt und in eine Jauchegrube geworfen haben.

Kraftakt: Der Rechtsanspruch auf die Betreuung von Krippenkindern, den die Eltern ab August 2013 einfordern können, zwingt die Städte und Gemeinden zu finanzielle Kraftanstrengungen. Von 2009 bis einschließlich 2013 wird Norderstedt 8,5 Millionen Euro investieren, um die Betreuung für die Krippenkinder auszubauen. Bis 2015 soll sich die Zahl der Krippenplätze im Vergleich zu 2008 auf dann rund 800 verdoppeln. Sozialdezernentin Anette Reinders geht davon aus, dass zwei von drei Eltern ihren Anspruch geltend machen werden. Auch in Henstedt-Ulzburg, Kaltenkirchen und Bad Bramstedt wird und wurde kräftig in den Nachwuchs investiert. Die Versorgungsquoten liegen in Henstedt-Ulzburg bei rund 40, in Kaltenkirchen bei 50 Prozent. Bad Bramstedt strebt für Ende 2013 einen Versorgungsgrad von gut 30 Prozent an.

Abstieg: Norderstedts CDU-Fraktionschef Günther Nicolai legte sein Amt überraschend nieder. Unterschiedliche Auffassungen in der Fraktion nannte der langjährige Kommunalpolitiker als Ursache. Als Nachfolger wird eine Doppelspitze mit Petra Müller-Schönemann und Friedhelm Voß gehandelt.

Newcomer: Am 1. Januar trat Kaltenkirchens neuer Bürgermeister Hanno Krause sein Amt an. Er wurde zum Nachfolger von Stefan Sünwoldt gewählt, den die Kaltenkirchener nach langen Querelen zwischen Politik und Bürgermeister in einem beispiellosen Verfahren des Amts enthoben hatten. Krause packte eines der drängendsten Probleme an: die Sanierung des Hochhauses Großer Karl, in dem 220 Bewohner unter menschenunwürdigen Bedingungen leben. Ende des Jahres wird das Haus verkauft und saniert.

Auf und ab: Die Wirtschaft in Norderstedt zeigte beide Seiten der Medaille. Nach langem und zähem Ringen mit Hamburg schaffte es Norderstedt, Tesa in die Stadt zu holen. Der erfolgreiche internationale Konzern baut für 160 Millionen Euro einen neuen Unternehmenssitz an der Niendorfer Straße. 800 Mitarbeiter sollen dort arbeiten. Aber: Der Musikinstrumentenhersteller Roland verlässt Norderstedt. 39 Mitarbeitern droht das Aus. Stollwerck entlässt 95 Mitarbeiter. 300 der 406 Mitarbeiter von Lufthansa Revenue Services müssen bis 2014 gehen.