Die Norderstedter Sozialdemokraten verlangen, dass die Stadt im Jahr 10.000 Euro für Frauen mit wenig Geld zur Verfügung stellt.

Norderstedt. Die Stadt soll die Pille für Frauen mit schmalem Haushaltsbudget bezahlen. Das fordert die Norderstedter SPD, die damit eine Initiative von Pro Familia und der städtischen Gleichstellungsbeauftragen unterstützt. "Die Krankenkassen zahlen nicht mehr für Verhütung, wenn Frauen und Männer 21 und älter sind. Seit 2004 gibt es auch von Bundesebene kaum noch Unterstützung, hier sind jetzt die Kommunen gefragt", sagt Bernd Kiehm, sozialpolitischer Sprecher der Norderstedter SPD.

Auf Kreisebene war ein entsprechender Antrag gescheitert

Die Partei geht davon aus, dass maximal 10.000 Euro pro Jahr im städtischen Haushalt bereitgestellt werden müssten, damit Frauen nicht ungewollt schwanger werden. Nun sollen nach Ansicht der Sozialdemokraten die Kommunen in die Bresche springen, da die Initiative auf Kreisebene letztlich keine Mehrheit gefunden hatte. Zwar hatte sich der Jugendhilfeausschuss, wie berichtet, nach intensiver Diskussion dafür ausgesprochen, 9000 Euro im Jahr für Verhütungsmittel zur Verfügung zu stellen. Doch die Mitglieder des Sozialausschusses kippten den Beschluss wieder.

"Für den betroffenen Personenkreis war das eine schallende Ohrfeige", sagt SPD-Sprecher Bernd Kiehm. Für viele Menschen, die am Rande des Existenzminimums leben, seien Verhütungsmittel wie die Pille mittlerweile kaum noch finanzierbar. "Wenn Bund und Kreis sich hier aus der Verantwortung stehlen, muss es eben Aufgabe der Stadt sein, Abhilfe zu schaffen und die betroffenen Personen, zumeist Frauen, zu unterstützen. Es geht darum, dass Frauen und Männer unabhängig von ihren finanziellen und sozialen Umständen selbst und selbstbewusst über ihre Familienplanung entscheiden können", sagt Kiehm.

Das Projekt von Pro Familia sieht vor, dass die Apotheken die Verhütungsmittel an die Bedürftigen ausgeben und mit Pro Familia abrechnen. Das Geld wird also nicht an die Adressaten ausgezahlt. Wer die finanzielle Hilfe in Anspruch nehmen möchte, muss vorher eine ärztliche Beratung aufsuchen. "Diese Lösung ist mit Abstand die Beste, um einen eventuellen Schwangerschaftsabbruch zu vermeiden beziehungsweise, um die sozialen Folgen in den Familien zu begleiten", sagt Kiehm.

Die CDU-Abgeordnete Rathje-Hoffmann unterstützt den Vorstoß

Die Stadt Flensburg gehe diesen Weg schon seit vier Jahren mit gutem Erfolg, sodass sich die Initiative der Gleichstellungsbeauftragten und von Pro Familia auf die guten Erfahrungen der Fördestadt stützen können. "Wir können hier mit wenig Geld viel erreichen", sagt Kiehm. Er will nun bei den anderen Parteien für das Projekt werben und versuchen, eine möglichst breite Mehrheit zusammenzubekommen. In jedem Fall wird es im kommenden Jahr einen Antrag in den politischen Gremien geben.

Die Norderstedter CDU-Landtagsabgeordnete Katja Rathje-Hoffmann, die auch im Segeberger Kreistag mitarbeitet, begrüßt den Vorstoß. Auch sie verweist auf die guten Erfahrungen in Flensburg, selbst der "konservative Kreis Stormarn" zahle Verhütungsmittel für Menschen mit wenig Einkommen. "Wenn man mit Betroffenen spricht, wird einem schnell klar, dass sie jeden Cent umdrehen müssen. Wenn sie die Verhütungsmittel bezahlt bekommen, gibt ihnen das Unabhängigkeit. Sie können selbst bestimmen, ob und wann sie Kinder bekommen wollen", sagt die Politikerin, die auf Kreisebene nochmals für die Initiative kämpfen will. Ähnlich hatte auch die SPD auf Kreisebene argumentiert: "Frauen sollten nicht entscheiden müssen, ob sie Winterkleider für ihre Kinder kaufen oder das Geld für Verhütungsmittel ausgeben", hatte Cordula Schulz im Jugendhilfeausschuss gesagt.

In Kaltenkirchen war die Initiative von Pro Familia übrigens schon erfolgreich: Mit dem Haushalt für das nächste Jahr haben die Stadtvertreter 3000 Euro für die Abgabe von Verhütungsmittel an Bedürftige bewilligt.