Henstedt-Ulzburgs Bürgervorsteher Carsten Schäfer fordert mehr Geld. Doch die Politik hat eine Erhöhung erst einmal abgelehnt.

Henstedt-Ulzburg. Geduldig warten die Vorstandsmitglieder des Henstedt-Ulzburger Vereins BürgerAktiv vor dem schwarzen Holztisch im Eingangsbereich des Restaurants Aurora. Dort, nur ein paar Schritte vom Henstedt-Ulzburger Rathaus entfernt, hat Carsten Schäfer gerade sein Mittagessen beendet. Die Menschenschlange, die sich wie so oft vor dem Tisch seines Lieblingsrestaurants gebildet hat, wird langsam immer länger. Alle wollen ihrem "Carsten" einmal Hallo sagen, und der nimmt sich Zeit. Mit jedem Einzelnen wechselt Carsten Schäfer ein paar Worte. "Früher bin ich immer auf die Leute zugegangen und habe gegrüßt. Damals hat mich oft keiner erkannt, heute ist es eher umgekehrt", sagt er.

Der 53-Jährige ist die Aufmerksamkeit gewohnt, denn sie gehört zu seinem Job. Seit 2008 ist Carsten Schäfer Bürgervorsteher seiner Heimatgemeinde Henstedt-Ulzburg, leitet die Sitzungen des Gemeinderats und repräsentiert Henstedt-Ulzburg. Etwa 140 Termine kommen so im Jahr zusammen. Ein bunter Mix aus Weihnachtsfeiern, Grünkohlessen, Ratssitzungen und runden Geburtstagen hielten ihn in den vergangenen Wochen auf Trab. Seinen Verpflichtungen als Bürgervorsteher kommt Schäfer quasi nebenbei nach. Hauptberuflich betreibt er eine Versicherungsagentur, praktischerweise mit Sitz direkt gegenüber dem Rathaus.

Für seine repräsentativen Pflichten unterbricht er regelmäßig seine Arbeit. Richtig wertgeschätzt, so glaubt er, werde sein Einsatz für die Gemeinde nicht. Was Schäfer aber noch mehr stört, ist das wenige Geld, mit dem er entschädigt wird. Als ehrenamtlicher Bürgervorsteher bekommt Carsten Schäfer jeden Monat eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 375 Euro gezahlt. Zusätzlich hat er als Selbstständiger einen Anspruch auf Verdienstausfall. 20 Euro pro geleistete Stunde kann er so geltend machen.

"Den Job des Bürgervorstehers macht keiner des Geldes wegen. Auch ich nicht", sagt Carsten Schäfer. Trotzdem fühle er sich unterbezahlt. Schäfers Begründung: Vergleichbare Gemeinden wie Kaltenkirchen, Schleswig oder auch Quickborn zahlten ihren Bürgervorstehern mehr Geld. Gemessen an den vielen Terminen, die er wahrzunehmen habe, halte er "eine Erhöhung für angebracht", sagt Schäfer.

Schäfer stünden nach dem Gesetz bis zu 545 Euro Aufwandsentschädigung zu

Geregelt sind die Grenzsätze von Aufwandsentschädigungen für Ehrenämter in der sogenannten Entschädigungsverordnung. In der Tat stünden Schäfer demnach als Bürgervorsteher einer Gemeinde von "bis zu 30.000 Einwohnern" monatlich bis zu 545 Euro zu. "In Henstedt-Ulzburg liegen wir aber weit darunter. Wir sind schon eine sehr sparsame Gemeinde", sagt Carsten Schäfer mit einem Anflug von Sarkasmus.

Mit seinem Antrag auf Erhöhung der Aufwandsentschädigung für den Bürgervorsteher stieß er auf wenig Gegenliebe in den Fraktionen. Wie sorgsam in Henstedt-Ulzburg gewirtschaftet wird, zeigt sich auch daran, dass die Fraktionen im Hauptausschuss Carstens Schäfers Antrag ablehnten, obwohl von einer Erhöhung auch die Fraktionsvorsitzenden und deren Stellvertreter profitiert hätten. Stattdessen einigten sich die Fraktionen darauf, nun im kommenden Jahr über eine Änderung der Entschädigungssatzung zu entscheiden.

Carsten Schäfer akzeptiert diese Entscheidung ganz selbstverständlich. "Ich bin ein Teil des Ganzen", sagt er. "Es können nicht nur meine Bezüge angehoben werden. Wenn, dann muss das natürlich auch für alle anderen Ehrenämter gelten." Dass generell Handlungsbedarf besteht, darüber sind sich die Gemeindevertreter hingegen einig. Die Frage, wie selbstständige Ehrenamtler zu entschädigen sind, wird Henstedt-Ulzburg also noch länger beschäftigen.

Falls es eine Erhöhung geben sollte, wird die für Carsten Schäfer dennoch zu spät kommen. Dass er nach Ende der derzeitigen Amtszeit Bürgervorsteher bleiben wird, ist unwahrscheinlich. Dafür müsste seine neu gegründete Fraktion Bürger für Bürger bei der Kommunalwahl am 26. Mai stärkste Fraktion werden. Das scheint derzeit jedoch kaum denkbar.

Schon einmal hatte Carsten Schäfer bemängelt, dass er zu wenig Geld für seine ehrenamtliche Tätigkeit bekommt: Vor zwei Jahren war seine Entschädigung kurzzeitig auf nur noch 280 Euro zusammengekürzt worden, obwohl zu diesem Zeitpunkt Bürgermeister Volker Dornquast als Staatssekretär nach Kiel gewechselt war. Damals musste Schäfer einspringen, hatte viele Termine mehr wahrzunehmen als zuvor. Erst seitdem nimmt Schäfer die 20 Euro Verdienstausfall pro geleisteter Arbeitsstunde in Anspruch. Heute ist die Situation ähnlich. Bürgermeister Thormählen ist suspendiert. Also teilen sich Stellvertreterin Elisabeth von Bressensdorf und Carsten Schäfer die repräsentativen Aufgaben.

"Meine Forderung hat auch mit mangelnder Wertschätzung meiner Arbeit zu tun", sagt Carsten Schäfer. "Was und wie viel ich eigentlich mache, das hat mich noch niemand aus der Politik gefragt. Generell müssen wir aufpassen, dass Ehrenämter auch von Berufstätigen wahrgenommen werden können und nicht nur von Rentnern und Pensionären."

Derzeit ist der große Stress für Carsten Schäfer aber erst einmal vorbei. Zum Jahreswechsel hin werden die Termine weniger, in diesen Tagen hat Carsten Schäfer mehr Zeit für die Familie und kann neue Kraft schöpfen. Im neuen Jahr wird die Arbeit wohl nicht weniger werden. Eine Rückkehr von Torsten Thormählen oder ein neuer Bürgermeister sind nicht in Sicht - dafür aber der traditionelle Neujahrsempfang. "Aber auch da wird gespart", klagt Schäfer. Selbst die Häppchen für die Gäste wolle sich die Gemeinde jetzt nicht mehr leisten.