Ein Schweinebauer aus Sülfeld soll seinen eigenen Sohn mit einem Feuerwerkskörper getötet und die Leiche dann zerstückelt haben.

Sülfeld/Kiel . Der Vorwurf gegen den Angeklagten klingt so grausig, dass erfahrene Ermittler von einem einmaligen Verbrechen sprechen: Der 63-jährige Hans-Martin V. soll am 17. Juni seinen eigenen Sohn getötet haben, in dem er einen Böller in den Mund des 27-Jährigen steckte und zündete. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Henning V. völlig wehrlos war, nachdem er betrunken am Küchentisch in einem Bauernhof in der Gemeinde Sülfeld eingeschlafen war. Danach soll der ehemalige Schweinemäster Hans-Martin V. die Leiche seines Sohnes zerstückelt und in die Jauchegrube des Anwesens an der Elmenhorster Chaussee geworfen haben.

Gestern begann vor dem Landgericht in Kiel der Prozess gegen den 63-Jährigen aus Bad Oldesloe. Die Anklage lautet auf heimtückischen Mord. Folgt das Gericht der Einschätzung der Staatsanwaltschaft, muss Hans-Martin V. mit einer lebenslangen Haftstrafe rechnen. Für das Verfahren vor der Schwurgerichtskammer wurde ein psychiatrischer Sachverständiger geladen. Das Gericht hat vier Verhandlungstage terminiert.

Vor dem Schwurgericht bot sich am ersten Verhandlungstag das Bild einer tief greifend gestörten Familie. "Ich habe die Straftat nicht begangen", behauptete der Angeklagte gleich zu Prozessbeginn in einer von seinem Verteidiger verlesenen Erklärung.

Demnach stritt er sich mit seinem Sohn in der Küche wegen dessen zu lauter Nazi-Musik. Nach Schilderung des Vaters hantierte der 27 Jahre alte Sohn mit einem Stahlhelm auf dem Kopf und einem Gewehr zwischen den Beinen mit einem Feuerwerkskörper, den er selbst in seinem Mund anzünden wollte. Er habe das aber nur für eine Provokation gehalten und sei gegangen, ließ der Vater erklären.

Nach einem lauten Knall habe er dann aber wenig später seinen Sohn leblos am Küchentisch gefunden. Der Kopf lag im Nacken, der Feuerwerkskörper ragte noch aus dem Mund. Um seiner Tochter den Anblick und damit einen "Schock für das Leben" zu ersparen, habe er den 90 Kilogramm schweren Leichnam ins Badezimmer geschafft und dort zerstückelt. Er habe selbst unter Schock gestanden und nicht Polizei oder Feuerwehr gerufen.

Laut seiner Aussagen auch vor der Polizei war der 63-Jährige überzeugt, dass sein Sohn tot sei. Er habe Arme und Beine abgesägt und den Rumpf dann noch einmal in der Mitte zerteilt, um ihn - in Plastiksäcke verpackt - zur Jauchegrube schaffen zu können. Dort fand ihn zwei Tage später dessen Schwester.

Sie glaube ihrem Vater, wie sie vor Gericht aussagte. "Anscheinend bin ich hier ja die Einzige, die von seiner Unschuld überzeugt ist und ihm glaubt", sagte die 28 Jahre alte Fachkraft für Lebensmitteltechnik. Im Verhältnis zwischen Vater und Sohn habe es zwar immer mal wieder Streit gegeben, doch der Vater habe alles für den 27-Jährigen getan - Wäsche gewaschen, Post abgeholt, ihm Geld gegeben.

Nach ihren Schilderungen und Aussagen des Vaters vor der Polizei ist eigentlich die Mutter die Schuldige. "Sie hat meinen Bruder letztlich in den Tod getrieben - wäre sie nicht so schlecht zu ihm gewesen, hätte er mit dem Alkohol gar nicht angefangen." Die Mutter ist Nebenklägerin.

Die Polizei hatte den 63-Jährigen aus Bad Oldesloe bereits kurz nach der Tat festgenommen. Er gestand bei den Vernehmungen der Kieler Mordkommission, die Leiche seines Sohnes zerstückelt zu haben, nicht aber, den 27-Jährigen zuvor getötet zu haben. Er wurde zunächst in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Nach Informationen des Abendblatts soll der Mann unter Depressionen gelitten haben. Eine Woche später wurde der Oldesloer jedoch wieder entlassen. Seitdem wartete er in einer Zelle einer Untersuchungshaftanstalt auf seinen Prozess.

Im Dorf war seit langem bekannt, dass Henning und Hans-Martin V. im Streit miteinander lagen. Zuletzt gesehen wurde das Opfer während eines Dorffestes am Wochenende vor dem Verbrechen. "Es gab heftigen Streit zwischen Vater und Sohn", berichtet ein Augenzeuge.

Die Schweinezucht , die die Familie seit mehreren Generationen auf dem Sülfelder Hof betreibt, löste der 62-Jährige sechs Wochen vor der grausigen Tat auf. "Es wurde ihm zu viel", sagte damals eine Nachbarin. Fast täglich jedoch sei der Frührentner, der eigentlich im Oldesloer Stadtteil Rethwischfeld lebt, immer noch in Sülfeld gewesen.