Über 15 Mal hat der unbekannte Täter schon an der Greifswalder Kehre in Norderstedt zugeschlagen und den Lack parkender Autos zerkratzt.

Norderstedt. "Das ist irgendein Verrückter, der muss einen Vogel haben", sagt der Anwohner, der gerade aus einem der Häuser an der Greifswalder Kehre kommt. Wie jeder andere, der in den vielen Blocks und Einzelhäusern an der Greifswalder Kehre lebt, vermutet auch dieser Mann, dass der "Verrückte" ein Nachbar ist. Und der hat es auf Autos abgesehen.

Die Polizei hat im Bereich der Greifswalder Kehre seit Anfang des Jahres mindestens 15 zerkratzte Autos festgestellt. Die Halter haben allesamt Anzeige erstattet. "Aber dies sind nur die angezeigten Fälle", sagt die Polizeisprecherin Sandra Mohr. Viele Leute würden sich bei Kratzern im Autolack gar nicht erst bei der Polizei melden. "Die Dunkelziffer dürfte weitaus höher liegen", vermutet Mohr.

Die Polizei hat sich nach der Flut von Anzeigen im November in einer Hauswurfsendung an die Bewohner der Straße gewendet. In den Treppenhäusern der Mehrfamilienhäuser an der Greifswalder Kehre bittet die Polizei auf Aushängen um Zeugenaussagen und ruft die Nachbarn auf, ein wachsames Auge zu haben. "Dabei kam vor allem heraus, dass es noch weitere Geschädigte gegeben hat. Einen konkreten Tatverdacht gibt es leider immer noch nicht. Nur einige kleinere Ermittlungsansätze, denen jetzt nachgegangen wird", sagt Sandra Mohr.

Seit die Polizei in der Nachbarschaft an der Greifswalder Kehre ermittelt, hat der Auto-Kratzer nicht mehr zugeschlagen - zumindest gingen keine weiteren Meldungen ein. "Das verstärkt unseren leisen Verdacht, dass der Täter unter den Anwohnern selbst zu suchen ist", sagt Mohr. Was noch dafür spreche, sei die Herkunft der geschädigten Autos: Der Auto-Kratzer hat sich nur an Autos zu schaffen gemacht, die nicht aus dem Kreis Segeberg stammten. Bei der letzten angezeigten Tat im November hatte der Täter die komplette Seite eines Renault mit Flensburger Kennzeichen über 2,50 Metern Länge zerkratzt. Der Schaden lag bei mindestens 1500 Euro. In allen Fällen verwendete der Täter einen harten Gegenstand, also vielleicht einen Schlüssel oder einen Schraubendreher.

"Meine Tochter lebt in Sachsen-Anhalt. Die sagt jetzt immer im Spaß: Papa, ich kann euch gar nicht besuchen, sonst zerkratzt mir der Verrückte das Auto", sagt ein Anwohner, der gerade in dem Bereich der Greifswalder Kehre sein Auto parkt, in dem die meisten beschädigten Wagen gestanden hatten. "Es ist hier eben sehr schwierig, überhaupt einen Parkplatz zu finden", sagt der Mann. Der "Auto-Kratzer" rege sich bestimmt über die auswärtigen Parker auf. Genau gegenüber mündet die Greifswalder Kehre in die Straße Am Exerzierplatz. Dort liegen die Sportanlagen vom TuRa Harksheide, mit der Falkenberg-Sporthalle und dem Ballsaal des Tanzturnier-Klubs Savoy. "Da sind eben oft Veranstaltungen. Die Leute kommen Spitz auf Knopf, rauschen in unsere Straße und stellen ihr Auto irgendwo ab. Das nervt. Aber deswegen gleich Türen zerkratzen - das geht nicht", sagt der Mann.

"Die Parksituation in dem Bereich ist bei Veranstaltungen problematisch. Wir schließen nicht aus, dass sich der Anwohner Luft macht, wenn er wieder einmal keine Parklücke findet", sagt Sandra Mohr. Eine Unsitte, die im ganzen Land für beträchtlichen Schaden sorgt. Zerkratzte Türen, umgeknickte Antennen, abgetretene Außenspiegel: 10.365 Vandalismus-Fälle wurden allein im letzten Jahr beim Landeskriminalamt in Kiel angezeigt. Aber auch aus Sorge, von der Versicherung hoch gestuft zu werden, wird mutmaßlich nur ein Bruchteil der Fälle überhaupt angezeigt. Viele Autohalter zahlen den Schaden lieber aus der eigenen Tasche. Und das kann teuer werden. Wenn der Täter im Vorbeigehen mit Schlüssel, Messer oder Schraubendreher tief in den Lack gekratzt hat, kann die Entfernung des Kratzers schnell 1000 Euro und mehr kosten. Wer aus dem Kratzer einen Versicherungsschaden machen will, muss schon über Vollkasko-Schutz verfügen. Bei der Teilkaskoversicherung sind Vandalismus-Schäden in der Regel nicht abgedeckt. Es gibt jedoch Teilkaskoversicherungen, die die Kosten für die Beseitigung der Kratzer am Auto übernehmen. Aber nur, wenn sie während des Parkens entstanden sind.

"Die Bewohner der Greifswalder Kehre sollten jetzt wachsam sein. Verdächtige Beobachtungen sollten sofort der Polizei über 110 gemeldet werden, damit schnell reagiert werden kann", sagt Sandra Mohr. Hinweise nehmen die Ermittler auch unter Telefon 040/53 53 62 29 entgegen.