Der Nato-Partner betreibt einen geheimen Horchposten auf dem ehemaligen Militärflugplatz. Dort stehen zwölf mannshohe Antennen.

Kaltenkirchen. Die Wehrmacht hat sich 1945 unrühmlich von dem Gelände verabschiedet, der letzte Soldat der Bundeswehr ging im Jahr 2007. Doch die französischen Streitkräfte sind immer noch da. Selten mit Soldaten und Fahrzeugen, aber immer mit ihren Abhörantennen. Selbst Kaltenkirchenern, die schon viele Jahre in der Stadt wohnen, ahnen nicht, dass die Armee der Grande Nation am westlichen Ortsrand Antennen aufgestellt hat. Fachleute sprechen von Einrichtungen für die militärische Aufklärung, man könnte es auch Spionage nennen.

"Militär Gelände - Betreten verboten" steht ein wenig holprig auf den Schildern an dem Teil der Zäune, die noch nicht eingetreten wurden oder die dem rauen holsteinischen Wetter standgehalten haben. Zwölf mannshohe Antennen ragen in den Kaltenkirchener Himmel und erinnern entfernt an Wäschespinnen.

Im Jahr 1989 kamen die Franzosen mit den "Wäschespinnen"

Wer das etwa drei Hektar große "Militär Gelände" besuchen will, muss gut zu Fuß sein. Die Franzosen haben ihre Horchstation jenseits der alten Ringstraße installiert, die einst den Militärflugplatz der Wehrmacht umgab. Die Nazis inhaftierten, quälten und töteten hier Hunderte KZ-Häftlinge und russische Strafgefangene. In der jungen Bundesrepublik nutzte die Bundeswehr die Flächen als Übungsplatz. 1989 kamen - weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit - die Franzosen mit den "Wäschespinnen".

Gesehen wurden sie nur selten. Manchmal rollt ein Zivilfahrzeug mit französischem Kennzeichen auf das für Autoverkehr gesperrte Areal, berichten Anwohner. Der technischen Anlagen werden gepflegt. Rund um die Antennen wird das Gras kurz gehalten. Das Metall hat noch keinen Krümel Rost angesetzt.

Wofür das französische Militär im hohen Norden eine Abhöreinrichtung benötigt, hält es geheim. "Die genauen Aufgaben und der Zweck dieses Netzes unterliegen den militärischen Sicherheitsbestimmungen und betreffen den militärischen Dienstbetrieb der französischen Streitkräfte", sagt Thorsten Grützner von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), die das gesamte Flugplatzgelände von der Bundeswehr übernommen hat. Dann verrät er noch, dass es sich um eine vollautomatische Peilstation handelt, die zum Netz des "Nachrichtenwesens der französischen Gesamtstreitkräfte" gehört. Nach Informationen des Abendblatts können die Franzosen damit Funkverkehr und Datenübertragungen im Frequenzbereich zwischen 0,3 und 30 Megahertz abfangen. "Was die Franzosen damit mitten in Schleswig-Holstein wollen, ist mir ein Rätsel", sagt ein Offizier der Bundeswehrkaserne in Boostedt.

Die französischen Militärs dürfen das Areal kostenlos nutzen

Was und wen die Franzosen belauschen, behalten sie für sich. Die Botschaft in Berlin reagiert unwirsch auf Nachfragen. Sprecherin Chantal Bihet verweist auf die "lokalen Behörden", die die Peilstation "irgendwie" genehmigt haben. Daran kann sich im Rathaus jedoch niemand erinnern. "Wir sind mit Sicherheit nicht die Genehmigungsbehörde für dieses Ding", hieß es aus der Stadtverwaltung. Als die Bundeswehr dort das Sagen hatte, durften Rathausmitarbeiter das Gelände nicht einmal betreten, um Daten fürs städtische Grünflächenkataster zu erheben.

Die französischen Militärs dürfen das Areal ihres Horchpostens kostenlos nutzen. Die Bundesrepublik stellt entsprechend dem Nato-Status den in Deutschland stationierten ausländischen Streitkräften kostenlos Liegenschaften zur Verfügung. Kosten und Unterhalt müssen die Waffenbrüder allerdings selbst zahlen, die angekündigt haben, die Anlage in Kaltenkirchen auch künftig zu nutzen.

Die Bereitschaft, sich um den Kaltenkirchener Horchposten zu kümmern, scheint jedoch begrenzt zu sein. Die Stadt Kaltenkirchen hat bereits mehrfach die Bima angeschrieben. Sie möge die Franzosen darauf hinweisen, dass ein Teil der Zäune demoliert oder schlicht nicht mehr vorhanden ist.

Manche Mitarbeiter im Rathaus sind überrascht, dass die geheime Peilstation noch nicht bei einer Vandalismusattacke Unbekannter zerlegt wurde. Dabei wäre selbst der intakte, aber klapprige Kunststoffzaun kein Hindernis.