Studierende und Mitarbeiter der TUHH untersuchen, was Norderstedter in den Restmüll werfen: tote Tiere, Spritzen, Schmuck und Windeln.

Norderstedt. Ein totes Kaninchen, Einmalspritzen, Blasenkatheter, Marmeladengläser, Windeln, Katzenstreu, ein Pokal und Schmuck - das alles und noch viel mehr steckt in den Norderstedter Hausmülltonnen. Studierende und Mitarbeiter der Technischen Universität (TU) Hamburg-Harburg untersuchen den Inhalt der Restmüll-Behälter. Die Verwaltung will genau wissen, was die Norderstedter in die Abfallgefäße werfen.

"Ziel der Abfall-Analyse ist, die Müllverwertung weiter zu verbessern", sagt Peter Hübschmann vom städtischen Betriebsamt. Hintergrund ist das neue Abfallwirtschaftsgesetz, das im Sommer in Kraft getreten ist und die Wiederverwertung noch stärker in den Vordergrund rücken soll.

Stadt will wissen, ob sie die Mülltrennung verbessern kann

"Wenn wir den Inhalt der Restmülltonnen kennen, wissen wir auch, ob wir die Mülltrennung noch verbessern können", sagt der Abfallberater. Stellt sich heraus, dass der Anteil an Recycling-Materialien wie Glas, Papier, Kunststoffen, Metallen und Biomüll hoch ist, könne die Stadt beispielsweise mit einer gezielten Info-Kampagne auf das Wegwerf-Verhalten der Norderstedter einwirken.

Natürlich können die überwiegend jungen Müllsortierer vom Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft der TU Harburg nicht alle gut 20 000 Hausmülltonnen untersuchen. Geprüft wird stichprobenartig. Von gestern bis Freitag, 30. November, sammeln die Müllfahrzeuge die Tonnen in ausgewählten Stadtbereichen ein, fahren zum Bauhof und kippen den Inhalt ab. "Wir haben die Quartiere so ausgewählt, dass wir einen möglichst repräsentativen Querschnitt bekommen, sowohl dicht besiedelte als auch ländliche und dünner besiedelte Stadtbereiche einbezogen werden", sagt Hübschmann.

Er weist darauf hin, dass die Müll-Kontrolle anonym erfolgt. "Da die Stichproben vermischt auf dem Bauhof ankommen, sind keine Rückschlüsse auf den einzelnen Nutzer oder Haushalt möglich", sagt der Abfallberater. Die Ergebnisse der Untersuchung sollen Februar 2013 vorliegen. Auf dieser Basis werden Verwaltung und Politiker diskutieren, ob und wie das Norderstedter Abfallkonzept verändert werden muss.

Doch noch steckt das Projekt in den Anfängen, sind 14 Studierende und zwei wissenschaftliche Mitarbeiterinnen dabei, Laub von Holz, Windeln von Zeitschriften und Glasscherben von Batterien zu trennen. In weißen Schutzanzügen und die meisten mit Mundschutz sind jungen Männer und Frauen bei der Arbeit. Was die Müllfahrzeuge abgekippt haben, schaufelt Mehmet Ali Küçüker in einen schwarzen Maurer-Bottich, den der Master of Science mit einem Helfer auf das Sortiersieb kippt. Dort stehen Claudia Voigt, Lena Harmsen und ihre Kollegen und trennen die Ladung in 14 einzelne Fraktionen. Drei Studierende beschäftigen sich mit den Kleinteilen, fingern Katzenstreu und Schrauben aus dem Haufen von Eichenblättern.

Was in den einzelnen Behältern landet, wird gewogen, Silke Hardtke trägt die Ergebnisse in das Analysebuch ein. Knapp eine Tonne schaffen die Müllsortierer pro Tag. "So wird Wissenschaft ganz praktisch erfahrbar", sagt die Mitarbeiterin der TU Harburg. Das Analyse-Team ist engagiert bei der Sache, der typische Müllgestank, der den überdachten Bereich auf dem Bauhof durchzieht, sei noch erträglich. Die tote Ratte will aber niemand mehr anfassen, dafür zeigen Claudia und Lena die Schmuckstücke, die sie aus dem Müllhaufen rausgefiltert haben: Ein silberner Pokal und ein hübscher kleiner Schmuckkoffer aus Metall sind ebenfalls im Hausmüll verschwunden.

"Jetzt schon etwas zum Verhältnis von Restmüll zu den Stoffen zu sagen, die nicht in den Hausmüll gehören, wäre total verfrüht", sagt Diplom-Ingenieurin Luise Westphal, die das Sortier-Team leitet.

Es gibt Unterschiede zwischen dicht besiedelten und ländlichen Bereichen

Es gebe auch kaum Referenzwerte. Das Müllverhalten unterscheide sich sehr stark. Entscheidend sei schon, ob dicht bebaute oder ländliche Bereiche untersucht werden. Als "ganz gut" bewertet die Teamleiterin das Abfallbewusstsein der Segeberger außerhalb Norderstedts, für die der Wege-Zweckverband (WZV) des Kreises Segeberg die Müllabfuhr übernimmt. Für den WZV hatte die TU Harburg den Hausmüll im vorigen Jahr umfänglich untersucht.

Das Ergebnis war, dass der Restabfall im Durchschnitt aus 28 Prozent nutzbarem Bioabfall besteht. Im ländlichen Bereich sind es sogar 33 Prozent. Von den 188 Kilogramm, die durchschnittlich jeder Einwohner im Einzugsbereich des WZV über die Restabfallbehälter entsorgt, lassen sich somit bis zu rund einem Drittel zur Energie- und Komposterzeugung nutzen.